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Es war eine dieser Nächte, die nie zu Ende ging. Sie redeten über alles Mögliche und so bemerkte Byeongkwan gar nicht, wie die Zeit verflog, bis Sehyoon schliesslich verkündetet, dass er nun Feierabend habe, doch anstelle davon, dass er ihn nun nach Hause brachte, parkte er sein Auto hinter der kleinen Pizzeria in der er arbeitete und bedeutete Byeongkwan anschliessend, ihm zu folgen.

Kaum hatte Sehyoon die Tür aufgestossen, stieg ihnen der Geruch von frisch gebackener Pizza in die Nase und Byeongkwan lief unwillkürlich das Wasser im Mund zusammen. Der andere führte ihn zu einem kleinen Tisch in der Ecke und wies ihn an, dort zu warten. Lange dauerte es nicht, bis Sehyoon mit einer grossen Pizza zurückkam, die er in die Mitte des Tisches stellte, ehe er sich ihm gegenüber setzte.

»Das ist das Beste an meinem Job«, meinte er grinsend und griff sich ein Stück. Byeongkwan tat es ihm gleich, nur um festzustellen, dass der andere mit seiner Aussage gar nicht so falsch lag. Die Pizza schmeckte himmlisch – das hatte er zwar schon des Öfteren feststellen, wenn Sehyoon ihm welche mitgebracht hatte, aber so komplett frisch aus dem Ofen, war sie eben noch einmal ein kleines bisschen besser.

Irgendwann gesellte sich ein junger Mann in ihrem Alter und mit rot gefärbten Haaren zu ihnen, der sich ihm als Jung Hoseok vorstellte. Ihm gehörte der Laden und wie später er von Sehyoon erfuhr, kannten die beiden sich noch von früher. Sie waren wohl zusammen zur Schule gegangen und als Hoseok erfahren hatte, dass sein alter Freund auf der Suche nach einem Job war, hatte er ihm angeboten, bis auf weiteres für ihn zu arbeiten, zumindest solange, bis er etwas anderes fand. Damit wollte Sehyoon allerdings noch etwas warten. Er hatte wohl Gefallen an seinem Job gefunden.

Später verabschiedete sich Hoseok wieder von ihnen. Sehyoon solle dann abschliessen, wenn sie sich ebenfalls auf den Weg machten. Damit liessen sie sich allerdings noch Zeit. Sie hatten es beide nicht eilig, nach Hause zu kommen. Gerade jetzt, wo sie sich endlich die Wahrheit gesagt hatten, gab es so vieles, was sie dem jeweils anderen erzählen wollten, dass sie wohl beide hofften, die Zeit möge für immer still stehen.

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»Ich hatte auch mal pinke Haare. Oh, und grüne – zwar nur kurz, aber sie waren grün«, erzählte Sehyoon ihm gerade voller Enthusiasmus, nachdem Byeongkwan ihn zuvor nach dem Grund für seine Naturhaarfarbe gefragt hatte. Noch vor ein paar Jahren war dies für den anderen nämlich undenkbar gewesen. Sehyoon hatte gelacht und dann gesagt, dass es ihm irgendwann zu anstrengend geworden sei, sie ständig nachzufärben. Bevor ihn diese Erkenntnis allerdings überkommen hatte, war er wohl noch ein wenig experimentierfreudig.

»Das hätte ich zu gerne gesehen«, meinte Byeongkwan und versuchte sich den anderen mit bunten Haaren vorzustellen. Er vertrat ja sowieso die Meinung, dass dem anderen alles stand. Sehyoon seufzte und lächelte traurig. »Ich wünschte, das hättest du«, murmelte er und senkte dann den Kopf. »Es war der grösste Fehler in meinem Leben, dass ich gegangen bin. Nicht dass alles schlecht war – es war ein gutes Leben in Japan, es hat halt bloss etwas gefehlt und auch wenn ich mir lange Zeit etwas anderes eingeredet habe, so weiss ich jetzt, dass du es warst. Es warst immer nur du.« Bei seinen letzten Worten wurde sein Blick sanft und Byeongkwan konnte fühlen, wie sein Herz begann ganz schnell zu klopfen.

»Ich liebe dich«, rutschte es ihm schon zum zweiten Mal in dieser Nacht über die Lippen und das ganz ohne dass er etwas dagegen tun konnte, doch das wollte er eigentlich auch gar nicht, es war ja schliesslich bloss die Wahrheit und die hatte er nun lange genug für sich behalten.

Auf Sehyoons Lippen stahl sich ein glückliches Lächeln, ehe er nach Byeongkwans Hand griff. »Ich liebe dich auch«, hauchte er, worauf sich ein angenehmes Kribbeln in Byeongkwans ganzem Körper ausbreitete. Er lehnte seinen Kopf gegen Sehyoons Schulter und liess sich von dessen Geruch einlullen.

»Wir sind echt doof, weisst du das?«, murmelte er und entlockte dem anderen damit ein leises Lachen. »Da hast du wohl Recht«, erwiderte er zustimmend. Sie hätten es sich beide sehr viel leichter machen können, aber stattdessen hatten sie den schweren Weg gewählt, doch der war nun zu Ende. »Versprich mir eines«, sagte Sehyoon leise und er horchte auf. »Keine Lügen mehr.«

Byeongkwan hob den Kopf um ihn direkt anzusehen und nickte dann. »Keine Lügen mehr«, bestätigte er. Sie hatten einander lange genug die Wahrheit vorenthalten und wozu das geführt hatte, nun, das hatten sie ja erlebt.

Sie sassen noch eine ganze Weile so da, ehe Sehyoon ihn schliesslich nach Hause fuhr. Es war spät geworden, doch Byeongkwan war nicht müde, er war einfach nur... glücklich. Immer wieder linste er heimlich zu dem anderen hinüber. Auch auf dessen Gesicht zeichnete sich ein eindeutiges Lächeln ab.

Dieses Mal war die Stille, die zwischen ihnen herrschte keine schlechte, es war vielmehr so, dass sie keine Worte benötigten, um den anderen wissen zu lassen, was sie in diesem Moment empfanden.

Viel zu schnell kamen sie bei Byeongkwans Wohnung an. »Soll ich noch mit hochkommen?«, fragte Sehyoon, doch Byeongkwan schüttelte bloss den Kopf. »Gut«, meinte der andere und schenkte ihm ein Lächeln, ehe er ihn sanft auf die Stirn küsste. »Gute Nacht, Kwanie«, verabschiedete er sich von ihm und Byeongkwan erwiderte das, bevor er ausstieg. Er winkte Sehyoon kurz zu, als dieser den Motor wieder startete und dann losfuhr und ging dann nach drinnen.

Er hatte es nicht besonders eilig damit, sich schlafen zu legen. Sein Geist war noch immer hellwach und seine Gedanken wanderten immer wieder zurück zu Sehyoon. Wie sollte er da auch zur Ruhe kommen?

Irgendwann schlüpfte er dann doch unter seine warme Bettdecke, doch an Schlaf war trotzdem nicht zu denken und so lag er dann in seinem Bett, den Blick gegen die Decke gerichtet, während in beinahe unbemerkt die Müdigkeit überkam. Seine Augen wollten ihm bereits zufallen, als er plötzlich das Surren seines Handys bemerkte und als er schliesslich danach griff überkam ihn erneut dieses Glücksgefühl, welches ihn schon die ganze Nacht über begleitet hatte.

Es war eine Nachricht von Sehyoon.

Especially for you || WowkwanWo Geschichten leben. Entdecke jetzt