»Du siehst verdammt beschissen aus«, bemerkte Junhee, als er sich neben ihm auf die Eckbank fallen liess. Byeongkwan löste den Blick von seinem Glas – es war bereits das dritte – und bedachte stattdessen seinen besten Freund mit einem leicht angesäuerten Gesichtsausdruck. »Glaubst du mich interessiert deine Meinung bezüglich meines Aussehens?«, blaffte er ihn an, worauf Junhee fragend eine Augenbraue in die Höhe zog. »Schlechten Tag gehabt?«, wollte er wissen, worauf Byeongkwan bloss den Kopf schüttelte. Er hatte ja keine Ahnung!
Der heutige Morgen war eine einzige Katastrophe gewesen. Sehyoon hatte ihm seine Lüge natürlich abgekauft und eigentlich hätte er froh darüber sein sollen, doch bereits ein kurzer Blick in die traurigen Augen des anderen hatte gereicht, um sich so richtig elend zu fühlen.
Und nachdem Sehyoon dann endlich seine Wohnung verlassen hatte, kam er sich zu allem Übel auch noch so einsam vor wie schon lange nicht mehr. Das war auch der Grund dafür gewesen, dass er sich bereits vor der vereinbarten Zeit auf den Weg gemacht hatte, um seinen Frust schliesslich in Alkohol zu ertränken.
Nur konnte er Junhee das schlecht erzählen, doch das musste er glücklicherweise auch nicht, denn bevor der andere dazu kam weiter nachzuforschen, tauchte auf einmal Yuchan in seinem Gesichtsfeld auf. An seinem Arm hing wie so oft bei ihren wöchentlichen Treffen ein hübsches Mädchen, das allerdings weder Byeongkwan noch Junhee jemals zuvor gesehen hatte.
Yuchan grinste von einem Ohr zum nächsten. »Hey Leute! Das ist Nayeon«, stellte er seine Begleiterin vor, welche sich leicht vor ihnen verbeugte, ehe die beiden sich zu ihnen setzten. Es dauerte nicht lange, da trat auch bereits eine Bedienung an ihren Tisch und sie gaben ihre Bestellungen auf.
Als sie wieder verschwunden war, begann Junhee sich angeregt mit Nayeon zu unterhalten. Yuchan warf ihm nicht selten einen bösen Blick zu, wenn der andere mit einem dreisten Grinsen auf den Lippen von dem ein oder anderen Missgeschick aus Yuchans Vergangenheit berichtete – oder Nayeon mit einer ihrer Vorgängerinnen verglich. Diese tat dies allerdings immer mit einem charmanten Lachen ab, selbst als Junhee sie fragte, ob es wohl notwendig sei, sich ihren Namen zu merken. »Wenn Yuchan es länger als bloss ein paar Wochen mit mir aushält«, erwiderte sie kokett, was diesen dazu brachte rot anzulaufen.
Es war mittlerweile kein Geheimnis mehr, dass die Frauen in Yuchans Leben meist nicht sonderlich lange an seiner Seite blieben. Er schien wohl einfach nicht der Typ für eine feste Beziehung zu sein, aber anders als Byeongkwan, der nun schon seit mehreren Jahren keinen Freund mehr gehabt hatte, mochte er es nicht alleine zu sein, weshalb er sich von einer Affäre in die nächste stürzte.
Die Frage, ob sie sich ihren Namen merken mussten, war also gar nicht so unberechtigt, auch wenn Byeongkwan sie wohl nicht unbedingt direkt vor Nayeon gestellt hätte. Aber das war wohl einfach Junhees Art. Er war gerne direkt und redete selten um den heissen Brei herum. Yuchan wusste das und wenn es ihn wirklich so sehr stören würde, wie er es gerade vorgab, dann würde er seine Freundinnen – wenn man sie denn so nennen konnte – nicht länger mitbringen.
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Es wurde noch ein lustiger Abend, was zum einen bestimmt daran lag, dass reichlich Alkohol floss, zum anderen aber Nayeon und ihrer aufgeschlossenen Art zu verdanken war. Byeongkwan tat es beinahe schon leid, dass dies wohl der erste und letzte Abend war, den sie gemeinsam verbrachten.
Ihretwegen vergass er sogar für ein paar Stunden die Sache mit Sehyoon, dabei hatte er die ganze letzte Woche über quasi an nichts anderes gedacht (und das war gewesen, bevor er mit ihm geschlafen hatte!). Erst als Nayeon sich für einen kurzen Besuch auf der Toilette abmeldete und Yuchan damit begann Junhee für seine ständigen Sticheleien auszuschimpfen, drängte sich Sehyoon plötzlich wieder an die Oberfläche von Byeongkwans Gedanken. Für einen kurzen Moment glaubte er sogar, ihn in der Menge der Leute zu erblicken. Schnell schob er diesen Umstand auf den Alkohol. Sehyoon war nicht wirklich hier, das bildete er sich bloss ein, genauso wie der intensive Blick, mit dem ihn der andere bedachte. Alles bloss Einbildung.
Ihm war etwas schwindelig, als er sich wieder seinen Freunden zuwandte. »Wisst ihr was, ich muss auch kurz für kleine Jungs«, verkündete er nuschelnd. Seine Zunge war schwer von dem ganzen Alkohol. Er erhob sich und musste sich dann für einen kurzen Moment an der Tischplatte festhalten, zumindest bis die Welt vor ihm sich nicht mehr ganz so schnell drehte. Dann wankte er zuversichtlich in Richtung der Herrentoilette los.
Als er gerade dabei war sich die Hände zu waschen, ging die Tür erneut auf und er vernahm Schritte die überraschend zielstrebig direkt auf ihn zukamen. Verwundert hob Byeongkwan den Kopf und sah (schon wieder) geradewegs in Sehyoons verboten schönes Gesicht. Wie in Trance hob er seine Hand, nur um Sehyoon daraufhin in die Wange zu piksen.
Etwas erstaunt darüber, tatsächlich auf Widerstand zu treffen hielt er inne. »Du bist echt.« Er kicherte. Sehyoon zog prüfend eine Augenbraue hoch. »Und du bist betrunken«, stellte er fest. Byeongkwan lächelte ihn dümmlich an und nickte dann. Er war sowas von betrunken.
Und er wollte kuscheln. Ohne also noch weiter gross darüber nachzudenken, ging er auf Sehyoon zu und legte dann seine Arme um dessen Oberkörper. Er konnte fühlen wie der andere sich versteifte. Er ignorierte es und schmiegte sich stattdessen noch etwas enger an ihn. Er war weich und warm und Byeongkwan genoss das Gefühl von Geborgenheit, dass von ihm ausging.
Sehyoon räusperte sich ein wenig unbeholfen, als ein weiterer Besucher die Toilette betrat und ihnen einen befremdeten Blick zuwarf, aber Byeongkwan dachte nicht mal im Traum daran, sich jetzt schon von ihm zu lösen. Er wollte ihn noch nicht wieder loslassen, dazu roch er viel zu gut. Wieso war ihm eigentlich vorher noch nie aufgefallen, wie gut er roch?
Er vergrub seine Nase tiefer in Sehyoons Oberteil, was einen weiteren skeptischen Blick des Fremden zur Folge hatte, bevor er den Raum wieder verliess. Sehyoon seufzte erleichtert auf, ehe er Byeongkwan sanft aber bestimmt von sich schob, seine undeutlich vor sich her genuschelten Proteste überhörte er dabei geflissentlich und Byeongkwan konnte nicht verhindern, dass sich seine Lippen zu einem beleidigten Schmollmund verzogen.
»Du bist voll fies«, jammerte er. »Immer stösst du mich weg.« Er schniefte leise. Wieso tat der andere das? Er wollte doch bloss ein wenig Zuneigung.
Sehyoon seufzte tief. »Das stimmt so nicht ganz«, widersprach er und in seiner Stimme schwang etwas mit, das Byeongkwan nicht einordnen konnte. Er biss sich nachdenklich auf die Unterlippe, doch bevor er darauf kam was es war, sprach Sehyoon auch bereits weiter. »Hör zu du bist betrunken und ich weiss, dass du das hier morgen ziemlich sicher bereuen wirst, weshalb ich ganz sicher nichts tun werde, was dir im Nachhinein unangenehm sein könnte, okay?«
Byeongkwan nickte langsam, auch wenn er nicht ganz alles verstand, was Sehyoon da gerade von sich gab. »Gut«, meinte Sehyoon. »Dann bringe ich dich jetzt nach Hause, du hattest eindeutig genug Alkohol für heute.« Damit hatte er vermutlich nicht Unrecht. Byeongkwan kicherte leise vor sich hin, während er Sehyoon zum Ausgang folgte.
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Especially for you || Wowkwan
FanfictionNie im Leben hätte er damit gerechnet, dass er Sehyoon jemals wieder sehen würde, doch dann steht dieser eines Tages unverhofft vor seiner Tür.