Dass er keine Ahnung hatte, wo er Sehyoon überhaupt finden konnte, fiel ihm erst auf, als er die Bar bereits verlassen hatte. Etwas planlos stand er also nun auf der Strasse und fror sich den Hintern ab, während er überlegte, was er nun tun sollte. Zurück zu seinen Freunden wollte er nicht mehr, das würde bloss Fragen aufwerfen, auf die Byeongkwan selbst noch keine Antwort hatte.
Er wusste auch nicht, ob er Donghuns Aussage Glauben schenken konnte, aber es klang so wahr, so plausibel und Byeongkwan wollte nichts mehr, als dass es das auch wirklich war. Er liebte Sehyoon und das mehr, als es wahrscheinlich gut für ihn war. Das hatte er immer getan, auch wenn er zwischenzeitlich etwas anderes behauptet hatte, das war ihm jetzt klar. Wer konnte es ihm also verübeln, dass er sich an jedem noch so kleinen Hoffnungsschimmer festklammerte, dass es Sehyoon all die Jahre über ähnlich ergangen war, wie ihm selbst?
Er seufzte und griff dann nach seinem Handy, um zu überprüfen, wie spät es eigentlich war, nur um festzustellen, dass es definitiv noch zu früh war, um jetzt bereits nach Hause zu gehen. Er verdrehte die Augen. Ganz toll.
Er wollte das Handy bereits wieder wegstecken, als ihm plötzlich das Symbol für seine Kontakte ins Auge sprang. Er zögerte kurz, ehe er darauf tippte und dann ganz nach unten scrollte. Er hatte Sehyoons Nummer nie gelöscht – das hatte er nicht übers Herz gebracht – und sie stattdessen unter dem Totenkopf-Emoji eingespeichert, über dem sein Finger jetzt schwebte.
Er war sich nicht sicher, ob es klug von ihm war, Sehyoon jetzt anzurufen, aber andererseits traf er nie kluge Entscheidungen, wenn es um Sehyoon ging. Ausserdem wollte er wirklich gerne seine Stimme hören. Dass das absurd war, nachdem er ihn erst letzte Woche aus seiner Wohnung geschmissen hatte, war ihm bewusst, aber da war er auch noch davon ausgegangen, dass Sehyoon bloss wieder mit ihm gespielt hatte – jetzt war er sich da nicht mehr ganz so sicher.
Ohne also weiter darüber nachzudenken, tippte er auf anrufen. Er schloss für einen kurzen Moment die Augen und atmete tief durch, ehe er sich das Handy ans Ohr hielt. Das Freizeichen ertönte und jetzt klopfte Byeongkwans Herz auf einmal wie verrückt, während er darauf wartete, dass Sehyoon endlich abhob.
Er kam sich beinahe ein wenig lächerlich vor. Kein Mensch liess es solange klingeln, wie er es gerade tat, doch noch bevor er die Hoffnung aufgeben konnte, ertönte ein Klicken und ein sehr skeptischer Sehyoon meldete sich.
Das war der Moment, in dem Byeongkwans Hirn aufhörte zu funktionieren. Er hatte sich zuvor bestimmt ein Dutzend Sätze zurecht gelegt, mit denen er dieses Gespräch hätte beginnen können und auch wenn keiner davon wirklich perfekt gewesen war, so wäre es doch immer noch besser gewesen, als das was er stattdessen sagte.
»Ist es wahr, dass du Junhee geschlagen hast?« Seine Stimme zitterte und Byeongkwan schloss in einem Anflug von Panik die Augen. Wieso sagte er sowas? Er rieb sich gestresst über die Stirn. Die anhaltende Stille machte die Situation auch nicht besser und hätte Byeongkwan im Hintergrund nicht das Hupen eines Autos gehört, dann wäre er wohl davon ausgegangen, dass Sehyoon aufgelegt hatte.
Er biss sich nervös auf die Unterlippe. Was wenn der andere nicht mit ihm reden wollte, nachdem er ihm all dies Sachen an den Kopf geschmissen hatte? Verwunderlich wäre es auf jeden Fall nicht.
»Byeongkwan?«, flüsterte Sehyoon schliesslich heiser und Besagter atmete erleichtert auf. »Ja«, bestätigte er leise. Sehyoon atmete hörbar aus. »Ich... Er hat dir also davon erzählt?«, fragte er und wirkte dabei beinahe ein wenig kleinlaut. Byeongkwan lachte trocken auf. »Es war ziemlich schwer zu übersehen«, erwiderte er und dachte dabei an das blaue Auge, welches Sehyoon seinem besten Freund verpasst hatte.
»Wieso hast du das getan?«, wollte er wissen. Schon wieder so eine blöde Frage seinerseits. Natürlich kannte er die Antwort darauf, bereits oder er glaubte zumindest, sie zu kennen. Auch Sehyoon schien diesen Gedanken zu haben, denn er seufzte bloss tief, ehe er ihm antwortete. »Was glaubst du denn?«, sagte er leise.
Byeongkwan schnaubte. »Du weisst, dass das nicht okay von dir war?«, belehrte er den anderen, worauf dieser seufzte. »Ja, das weiss ich, was ich aber nicht verstehe ist, weshalb du ihn immer noch verteidigst? Er hat es verdient!«, behauptete er aus voller Überzeugung.
»Nein hat er nicht!«, erwiderte Byeongkwan heftig. Er konnte förmlich hören, wie Sehyoon am anderen Ende die Augen verdrehte. »Ach hör doch auf mit diesen Ausflüchten! Ich habe ihn gesehen, wie er diesen anderen Typen geküsst hat. Er betrügt dich, wieso kannst du das nicht wahrhaben?«, fauchte er und Byeongkwan raufte sich die Haare. Das hatte er nun von all seinen Lügen. Es war wirklich an der Zeit, dass er ausnahmsweise mal die Wahrheit sagte und zwar die ganze Wahrheit.
»Weil es nicht so ist, okay?! Er betrügt mich nicht, weil wir nicht zusammen sind, das waren wir nie. Wir sind befreundet ja und ich habe ihn als Ausrede benutzt, weil ich gedacht habe, dass ich dich so wieder loswerde. Was nicht funktioniert hat, wie man ja unschwer erkennen kann«, endete er.
Sehyoon schien einen Moment zu brauchen, um sich zu sammeln. »Oh mein Gott«, hauchte er dann. Byeongkwan sagte nichts. Er wusste ehrlich gesagt auch gar nicht, was er dem noch hinzufügen sollte. Vermutlich wollte Sehyoon jetzt sowieso nichts mehr mit ihm zu tun haben.
Zugegeben, das wollte er bis gerade eben auch nicht, aber je länger er darüber nachdachte, umso überzeugter war er davon, dass Donghun mit seiner Vermutung richtig lag. Er musste einfach Recht haben.
Ein Räuspern am anderen Ende der Leitung, riss ihn aus seinen Gedanken. »I-ich... ich komme vorbei, warte auf mich«, meinte Sehyoon zögernd, worauf Byeongkwan panisch die Augen aufriss. »Was? Nein!«, protestierte er sofort, doch er erhielt keine Antwort mehr darauf.
Sehyoon hatte bereits aufgelegt
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Especially for you || Wowkwan
FanfictionNie im Leben hätte er damit gerechnet, dass er Sehyoon jemals wieder sehen würde, doch dann steht dieser eines Tages unverhofft vor seiner Tür.