Die darauffolgende Woche war vergleichsweise ruhig, doch Byeongkwan beklagte sich nicht darüber. Eigentlich war es ihm sogar ganz recht, denn so hatte er zumindest ein wenig Zeit um seine Gedanken zu sortieren und die hatte er auch dringend nötig. In seinem Kopf herrschte ein einziges Chaos, seit Sehyoon wieder bei ihm aufgetaucht war, sodass er manchmal selbst nicht wusste, was er jetzt denken sollte. Das alles war einfach so kompliziert.
Er liebte Sehyoon – das war das einzige, das er wirklich mit Sicherheit wusste. Das Problem war nur, dass er noch nicht bereit dazu war, dem anderen zu vergeben, was er ihm damals angetan hatte. Und ausserdem war er sich nach wie vor nicht sicher, ob er ihm wirklich trauen konnte. Er wollte es – Gott er wollte es so sehr –, aber da war diese Angst davor wieder verletzt zu werden, und die hielt ihn davon ab.
Wären die Umstände anders gewesen, hätte er wohl mit seinen Freunden darüber gesprochen (die beiden hatten ihm noch immer zur Seite gestanden, auch wenn es sich im Nachhinein oftmals nicht als klug erwiesen hatte, auf ihre Ratschläge zu hören), doch Junhee schien noch immer sauer auf ihn zu sein – nicht einmal zu ihrem wöchentlichen Treffen am gestrigen Abend war er erschienen – und Yuchan war irgendwie auch anderweitig beschäftigt.
Er musste also mal wieder einen Sonntag ohne eine gescheite Beschäftigung über sich ergehen lassen und so war er kurz davor, sich diesmal wirklich zu Tode zu langweilen, als es auf einmal an der Tür klingelte. Überrascht horchte er auf. Er erwartete niemanden und seine Freunde kamen zwar oft unangekündigt, aber klingeln war für sie beide ein Fremdwort.
Eigentlich blieb damit nur noch eine Person und alleine der Gedanke daran, liess Byeongkwans Herz höher schlagen, doch er befahl sich ruhig zu bleiben. Am Ende war es bloss einer seiner Nachbarn, die sich etwas von ihm ausleihen wollten (das kam tatsächlich viel öfter vor, als Byeongkwan es für möglich gehalten hatte und beizeiten nervte es ihn gewaltig).
Er schlurfte also zur Tür, nicht sicher, was er jetzt erwarten sollte und öffnete diese und auch wenn er sich geschworen hatte, nicht auszuflippen, sein Herz tat es dennoch. Sehyoon sah verdammt gut aus – ganz im Gegenteil zu ihm.
»Du hättest dich auch ankündigen können«, jammerte er anstelle von einer Begrüssung und bedachte den anderen dabei mit einem äusserst (so hoffte er zumindest) vorwurfsvollen Blick. Wenn er gewusst hätte, dass Sehyoon an diesem Nachmittag noch vorbeikomme wollte, dann hätte er sich zumindest noch etwas anderes angezogen und sich vielleicht die Haare gemacht, so aber stand er nun in einer schlabbrigen Jogginghose und einem ausgewaschenen Oversize-Pullover von dem er sich bisher einfach nicht hatte trennen können, bekleidet an der Tür und sah vermutlich so aus, als hätte er den Tag mehr oder weniger auf dem Sofa verbracht – was er auch hatte, aber das musste Sehyoon ja nicht wissen.
Verlegen fuhr er sich durch die Haare und versuchte so die platt herunterhängenden Strähnen zu etwas zurechtzuzupfen, was zumindest einer halbwegs ansehnlichen Frisur glich. Dass er es damit nur schlimmer machte, bemerkte er zu seinem eigenen Glück nicht.
Sehyoon hingegen schien das Ganze schon wieder ungemein zu amüsieren. Ein fettes Grinsen zeichnete sich auf den seinen Lippen ab, ehe er unschuldig die Schultern hob. »Ich habe deine Nummer nicht«, meinte er als würde das alles entschuldigen, worauf er von Byeongkwan allerdings nur ein beleidigtes Schnauben erntete. War das denn sein Problem? Dann sollte er sich eben etwas anderes einfallen lassen. Er verschränkte demonstrativ die Arme vor der Brust.
Ein leises Seufzen kam über Sehyoons Lippen, nachdem Byeongkwan keine Anstalten machte auf seine vorherige Aussage zu reagieren. »Das war eigentlich ein Wink mit dem Zaunpfahl, Kwanie«, erklärte er, was im Grunde genommen vollkommen unnötig war. Natürlich hatte Byeongkwan verstanden, was Sehyoon ihm damit sagen wollte.
»Oh das ist mir durchaus bewusst«, sagte er deshalb mit zuckersüsser Stimme und setzte ein falsches, mit übertriebener Freundlichkeit getränktes Lächeln auf. Es war seine Art, dem anderen mitzuteilen, dass er sich diese Idee gleich wieder aus dem Kopf schlagen konnte. Nicht die beste wie er feststellte, denn Sehyoon sah wirklich sehr verwirrt aus, ehe er dann zu begreifen schien.
Dass dachte er zumindest, denn offenbar schien Sehyoon noch nicht gewillt zu sein, einfach so aufzugeben. »Dann bekomme ich deine Nummer also nicht?«, hakte er nach – wohl um sicherzugehen, dass Byeongkwan nicht in den letzten zwei Sekunden seine Meinung geändert hatte.
Dieser stöhnte entnervt auf. »Nein!« Wie konnte ein Mensch nur so begriffsstutzig sein? Er verstand es einfach nicht.
Und als ob Sehyoon ihn mit seiner verdammten Hartnäckigkeit nicht schon genug nerven würde, lief im selben Moment auch noch sein Nachbar vorbei (es war derjenige, den Byeongkwan am allerwenigsten mochte) und musterte sie mit einem seltsam befremdeten Ausdruck im Gesicht, ehe er weiterging – nicht ohne jedoch noch einen letzten Blick über die Schulter zu werfen.
Byeongkwan rollte mit den Augen und packte Sehyoon dann am Handgelenk. Sie sollten diese Sache eindeutig nicht hier draussen auf dem Flur klären. »Komm erstmal rein«, nuschelte er undeutlich und zog den anderen hinter sich her in die Wohnung.
Dieser schien zuerst überrascht zu sein, doch dann breitete sich ein Lächeln auf seinem Gesicht aus. »Du schickst mich also nicht gleich wieder weg, weil ich unangekündigt komme?« Man konnte den Sarkasmus der in seiner Stimme mitschwang förmlich hören, doch Byeongkwan ging nicht weiter darauf ein. Er schüttelte den Kopf. »Bist du verrückt, du hast Pizza dabei, als ob ich mir sowas entgehen lassen würde!«
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Especially for you || Wowkwan
FanfictionNie im Leben hätte er damit gerechnet, dass er Sehyoon jemals wieder sehen würde, doch dann steht dieser eines Tages unverhofft vor seiner Tür.