Sehyoon wartete vor seiner Wohnung auf ihn. Schon wieder. Das wurde wohl langsam echt zur Gewohnheit. »Was machst du hier?«, verlangte Byeongkwan zu wissen. Der andere, der in erst jetzt zu bemerkten schien hob überrascht den Kopf. Seine Lippen formten sich zu einem schüchternen Lächeln, als er ihn entdeckte und natürlich fing Byeongkwans dummes Herz bei diesem Anblick augenblicklich damit an, schneller zu schlagen.
»Ich wollte mich bei dir entschuldigen«, erklärte Sehyoon und stiess sich von der Wand ab. Byeongkwan warf ihm einen irritierten Blick zu, doch bevor er nachhaken konnte, redete der andere bereits weiter.
»Und ich habe dir etwas zu essen mitgebracht.« Er deutete auf die beiden Pizzakartons, die neben ihm auf dem Boden standen. Byeongkwan, der diese bisher noch gar nicht bemerkt hatte, verdrehte schmunzelnd die Augen. Er würde ja behaupten, dass er sich wegen Sehyoon in letzter Zeit eher ungesund ernährte, aber eigentlich war die Pizza, welche dieser ihm ständig mitbrachte, wohl sogar noch besser, als das was er sonst so zu sich nahm.
»Weswegen willst du dich entschuldigen?«, fragte Byeongkwan, während er die Tür zu seiner Wohnung aufschloss und dem anderen schliesslich mit einem Kopfnicken zu verstehen gab, dass sie ihr Gespräch wohl lieber drinnen fortführen sollten. Sehyoon schnappte sich die beiden Kartons mit Pizza und folgte ihm dann. Schnell entledigte er sich seinen Schuhen und der dicken Winterjacke, die bei den Temperaturen die im Moment draussen herrschten mehr als nur angebracht war.
Byeongkwan tat es ihm gleich und sah ihn dann auffordernd an. »Also?«, hakte er nach, weil er noch immer keine Antwort von Sehyoon erhalten hatte. Dieser blickte ihn mit schief gelegtem Kopf an. »Uhm... ich bin mir nicht sicher, aber ich hatte den Eindruck, dass ich dich gestern wohl etwas überfallen habe. Ich hätte dir das irgendwie schonender beibringen sollen. Tut mir Leid.« Er klang so ehrlich und aufrichtig, dass Byeongkwan augenblicklich wieder sein schlechtes Gewissen überkam.
»Ist schon in Ordnung, ehrlich. Du brauchst dich nicht bei mir zu entschuldigen deswegen«, meinte er abwehrend und Sehyoon nickte langsam. »Dann hast du unterdessen mit ihm geredet?«, fragte er gedehnt und bedachte ihn mit einem nachdenklichen Ausdruck in den Augen.
Byeongkwan presste angespannt seine Lippen aufeinander. Ja er hatte mit seinem besten Freund geredet und ja, der hatte tatsächlich eine neue Liebschaft, aber das war ihm egal – nein, das stimmte so nicht ganz ; er freute sich für seinen besten Freund und gönnte diesem sein Glück von ganzem Herzen, der Zeitpunkt war eben nur sehr ungünstig.
Er seufzte und schüttelte dann den Kopf. »Ich bin mir sicher, da ist nichts«, erwiderte er. Eine Lüge mehr oder weniger, spielte jetzt sowieso keine Rolle mehr. Sehyoon schnaubte. »Das kannst du nicht wissen!«, sagte er aufbrausend und Byeongkwan zuckte kaum merklich zusammen. Sehyoon bemerkte es trotzdem.
»Tut mir Leid, es macht mich nur einfach so wütend«, entschuldigte er sich mit einem tiefen Seufzen und fuhr sich dann gestresst durch die Haare, ehe er weitersprach. »Ich meine du bist wundervoll und klug und durch und durch liebenswert. Ich habe noch nie so jemanden wie dich getroffen und wenn ich eines bereue, dann, dass ich gegangen bin.« Er unterbrach sich für einen kurzen Moment und bedachte ihn mit einem liebevollen Blick.
Byeongkwan schluckte schwer. Er war nicht bereit, das zu hören und trotzdem hielt er Sehyoon nicht auf, als dieser fortfuhr. »Du verdienst es geliebt zu werden Kwanie und er... er betrügt dich. Das ist nicht fair. Dieser Mistkerl hat keine Ahnung, was er an dir hat!«, zischte er unwirsch und verwarf seine Hände über dem Kopf.
Mit wachsendem Unbehagen beobachtete Byeongkwan das Verhalten des anderen. Er kaute sich unschlüssig auf seiner Unterlippe herum. »Kann es sein, dass du eifersüchtig bist?«, fragte er dann vorsichtig, worauf Sehyoon erschrocken die Augen aufriss. »Natürlich nicht«, fauchte er, noch immer aufgebracht. Byeongkwan zog bloss ungläubig eine Augenbraue hoch. »Gut vielleicht ein wenig«, gab er zu und Byeongkwan nickte langsam. Er musste das alles erst irgendwie verarbeiten.
In seinem Kopf herrschte mal wieder das reinste Chaos. Er hatte so viele Fragen, doch er traute sich keine davon auszusprechen. Was bedeutete das nun für ihn? Sollte Sehyoon tatsächlich etwas für ihn empfinden? Oder spielte er ihm bloss mal wieder etwas vor? Darin war er ja bekanntlich gut.
Bei diesem Gedanken zog sich sein Herz schmerzhaft zusammen. Die Erinnerung an jenen Abend, an dem Sehyoon mit ihm schlussgemacht, taten noch immer verdammt weh und am liebsten hätte Byeongkwan sie aus seinem Gedächtnis verbannt, doch die kalten, emotionslosen Worte des anderen hatten sich darin eingebrannt. Manchmal, wenn er die Augen schloss, dann hörte er sie noch immer, hörte den Spott in Sehyoons Stimme, als er ihm erklärt hatte, dass das für ihn alles nur ein Spiel gewesen war, dass er ihn nie geliebt hatte, nichts weiter für ihn empfand als bestenfalls Mitleid; Mitleid, weil er ihn nicht eher durchschaut hatte.
Dass Sehyoon jetzt hier vor ihm stand und diese Dinge sagte, ihm sagte, dass er es verdient hatte, geliebt zu werden, war in Byeongkwans Augen vergleichbar mit einem Schlag mitten ins Gesicht, doch es rüttelte ihn auch wach.
»Was erlaubst du dir?«, zischte er dem anderen zu. Dieser brauchte eine Weile, bis er realisierte, was hier gerade geschah. Das Lächeln rutschte ihm von den Lippen und er wollte bereits zu einer Erwiderung ansetzen, doch Byeongkwan dachte nicht einmal im Traum daran, ihm eine Chance dafür zu geben, sich bei ihm zu rechtfertigen.
»Du kommst hier her und sagst all diese... Dinge, dabei wissen wir doch beide, dass du kein Wort davon ernst meinst. Eifersüchtig, dass ich nicht lache! Hat dir jemand dein Spielzeug weggenommen, Sehyoon? Das hättest du dir vielleicht eher überlegen sollen! Aber hey, weisst du was? Ich bin froh, dass du gegangen bist, ansonsten würde ich dir deine scheiss Lügen vermutlich immer noch glauben. Du sagst Junhee ist der Mistkerl? Du hast ja keine Ahnung! Er war wenigstens für mich da, als du dich einfach so verpisst hast. Wenn hier einer der Mistkerl ist, dann bist es ja wohl du!«, spie er ihm entgegen. Er war wütend, oh er war so verdammt wütend auf Sehyoon und seine Lügen und auf sich selbst, weil er sich auf ihn eingelassen hatte, obwohl er es eigentlich hätte besser wissen müssen.
Sehyoon sah aus wie ein begossener Pudel, wie er so mit hängenden Schultern vor ihm stand, doch das war ihm egal. Es war ihm egal, wenn er ihn damit verletzt hatte, schlechter als er selbst damals konnte er sich ja wohl kaum fühlen. »Du solltest jetzt gehen«, sagte er kalt, worauf Sehyoon den Kopf schüttelte. »Kwanie, es –«, setzte er an, doch Byeongkwan schnitt ihm das Wort ab. Er wollte es nicht hören.
»Ich sagte du sollst verschwinden!«, schrie er und dieses Mal schien auch Sehyoon gemerkt zu haben, dass es ihm ernst war, denn er nickte nur traurig und wandte sich dann zum Gehen. Byeongkwan sah ihm nicht nach, sondern drehte sich auf dem Absatz um und rannte in sein Schlafzimmer, wo er sich schluchzend auf sein Bett warf.
Das war einfach alles zu viel für ihn. Diese Sache damals und das Sehyoon jetzt wieder da war, nachdem er endlich so halbwegs über ihn hinweg war. Er vergrub sein Gesicht in einem der Kissen, welches schon nach kurzer Zeit völlig durchnässt von seinen Tränen war. Er wollte einfach nur noch alleine sein.
Draussen wurde es langsam dunkel, doch Byeongkwan verschwendete keinen Gedanken daran, deswegen aufzustehen und vielleicht etwas zu essen, stattdessen blieb er einfach hier liegen, bis er sich schliesslich irgendwann in den Schlaf weinte.
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Especially for you || Wowkwan
FanficNie im Leben hätte er damit gerechnet, dass er Sehyoon jemals wieder sehen würde, doch dann steht dieser eines Tages unverhofft vor seiner Tür.