Die kühle Nachtluft schlug ihnen entgegen, sobald sie nach draussen traten und unwillkürlich bereute Byeongkwan es, dass er sich von Sehyoons warmen Körper hatte wegstossen lassen. Fröstelnd schlang er seine Arme etwas enger um sich und beeilte sich dann um mit Sehyoon Schritt zu halten, was übrigens gar nicht so einfach war, wenn die Welt um einen herum gerne öfter mal ins Wanken geriet.
Als sie an einem Geschäft für Brautmode vorbeikamen, hielt Byeongkwan plötzlich inne und beobachtete stattdessen fasziniert, wie die Schaufensterpuppen sich zu einer Melodie, die wohl nur sie hören konnten, sanft hin und her bewegten. Er war bereits kurz davor, seine Nase gegen das kühle Schaufensterglas zu pressen, als sich auf einmal eine Hand auf seine Schulter legte und ihn sanft zurückzog.
»Ich wollte das sehen«, maulte er beleidigt, worauf Sehyoon zweifelnd eine Augenbraue in die Höhe zog. »Aber natürlich wolltest du das«, erwiderte er und wäre Byeongkwan nicht so betrunken gewesen, dann hätte er vermutlich den Sarkasmus aus seiner Stimme herausgehört, so aber nickte er bloss heftig mit dem Kopf, ehe er sich wieder den tanzenden Schaufensterpuppen zuwenden wollte.
Natürlich hielt ihn Sehyoon auch dieses Mal zurück. Verwirrt drehte Byeongkwan sich zu ihm um. Hatte er nicht gerade eben noch gesagt, dass er sich das ansehen darf. Wie unfair, wieso änderte er einfach so seine Meinung?
»Komm jetzt, bringen wir dich nach Hause«, meinte der andere zwar sanft, aber dafür bestimmt. Er legte seine Hand auf Byeongkwans Rücken und dirigierte ihn auf diese Weise von dem Schaufenster fort. Byeongkwan liess es mit sich geschehen, jedoch nicht ohne noch einen letzten Blick zurück zu werfen. Die Puppen hatten aufgehört zu tanzen.
Byeongkwan war nicht enttäuscht. Wer wollte schon Schaufensterpuppen, wenn er sich stattdessen an Sehyoon ankuscheln konnte?
Dieser seufzte leise und liess Byeongkwan gewähren – zumindest bis sie endlich an dem hässlichen Gebäudekomplex in dem Byeongkwans Wohnung lag, ankamen und Byeongkwan sich unter heftigen Protesten von Sehyoon in den Fahrstuhl schieben liess. Von da an hielt er ihn nämlich stets auf eine Armlänge Abstand. Das bemerkte Byeongkwan sogar noch im betrunkenen Zustand – er war ja schliesslich nicht blöd.
Schmollend verschränkte er seine Arme vor der Brust und versuchte einen möglich muffeligen Gesichtsausdruck aufzusetzen, was ihm allerdings nicht gelang, wie er nach einem Blick in den Spiegel feststellte. Dafür entdeckte er aber, dass Sehyoon im Spiegel mindestens ebenso gut aussah, wie in echt. Fasziniert streckte er eine Hand nach ihm aus. Seine Finger stiessen auf kühles Glas.
Sehyoon der unterdessen bemerkt hatte, dass Byeongkwan damit beschäftigt war sein Spiegelbild zu betatschen, stöhnte laut auf und rollte mit den Augen. Byeongkwan, der das Ganze im Spiegel beobachtete, kicherte abwechslungsweise leise vor sich hin und bewunderte dann wieder Sehyoons Spiegelbild. Es war schön – Sehyoon war schön, aber das war nichts Neues für Byeongkwan. Er hatte es nur ein wenig verdrängt wie es schien.
Mit einem leisen Pling öffneten sich schliesslich die Türen des Fahrstuhls und Sehyoon musste Byeongkwan förmlich hinter sich her zerren, weil dieser sich offensichtlich gerade in den Spiegel verliebt hatte und sich einfach nicht mehr davon loslösen wollte. Das Ganze nahm erst ein Ende, als sich die Türen hinter ihnen wieder schlossen.
Als hätte jemand den Stecker gezogen, sank Byeongkwan plötzlich in Sehyoons Armen zusammen und anders als noch zuvor in der Bar war dies nicht wieder einer von seinen Annäherungsversuchen – ihm fehlte einfach schlichtweg die Energie um sich noch länger auf den Beinen zu halten. Sehyoon ächzte ein wenig unter seinem Gewicht. Byeongkwan war zu betrunken um deswegen beleidigt zu sein.
Als Sehyoon ihn schliesslich bis zu seiner Wohnungstür geschleift hatte, begann er damit Byeongkwans Manteltasche zu durchwühlen. Dieser kicherte unterdessen amüsiert vor sich her. Schliesslich wurde Sehyoon fündig und förderte mit einem fast schon triumphierenden Lächeln auf den Lippen Byeongkwans Schlüsselbund zu Tage.
»Immer noch so berechenbar«, meinte er grinsend, während er die Tür aufschloss und Byeongkwan schliesslich ins Innere der Wohnung bugsierte. Byeongkwan runzelte die Stirn. War er berechenbar? Irgendwie schon.
»Ich kann nichts dafür, ich mag halt Routine«, nuschelte er undeutlich. Er hob den Kopf und sah Sehyoon mit ernster Miene an. Ein trauriges Lächeln huschte über dessen Gesicht. »Ich weiss«, sagte er so leise, dass Byeongkwan sich nicht sicher war, ob er sich das nicht vielleicht bloss eingebildet hatte.
Sehyoon half ihm den Mantel auszuziehen und schob ihn dann in Richtung Schlafzimmer, wo er ihn (ziemlich unsanft) aufs Bett fallen liess. »Einmal und nie wieder«, murmelte er geschafft. Byeongkwan schnaubte. Er hatte ihn ja schliesslich nicht darum gebeten.
Während er noch schmollte, hatte Sehyoon damit angefangen ihm seine Schuhe von den Füssen zu ziehen, um sich dann an seiner Jeans zu schaffen zu machen. Byeongkwan liess ihn machen, auf jeden Fall solange, bis er sich seiner Position bewusst wurde.
»Du wirst jetzt aber nicht meine Situation ausnutzen?«, fragte er und sah Sehyoon mit grossen Augen an. Dieser hielt inne und erwiderte seinen Blick. Die Verwirrung stand ihm ins Gesicht geschrieben, doch dann schien er zu begreifen. »Du glaubst doch nicht ernsthaft, dass ich in diesem Zustand mit dir schlafen will«, er lachte belustigt und wuschelte ihm dann kurz durch seine Haare. Byeongkwan wurde rot.
Er wusste selber nicht so genau, woher dieser Gedanke kam. Aber andererseits, so abwegig war das nun nach gestern Abend auch wieder nicht.
Er sah wieder zu Sehyoon, betrachtete verträumt die hübschen Gesichtszüge, die schwarzen Haare, die ihm weich in die Stirn fielen. Es stand ihm wirklich gut. »Du bist schön«, murmelte er. Vorsichtig hob er die Hand und strich ihm damit über die Wange. Dieses Mal war es Sehyoon, der errötete.
»Ich mag es wenn du betrunken bist«, gab er zu. »Du bist viel ehrlicher.« Da hatte er wohl nicht Unrecht. Byeongkwan dachte daran, wie er die letzten Male mit Sehyoon umgesprungen war und wie oft er etwas gesagt hatte, dass er eigentlich ganz anders gemeint hatte. Wieso wusste er auch nicht so genau. Er verstand sein nüchternes Selbst nicht wirklich, aber er wollte ihm – also sich selbst – auch nicht in den Rücken fallen, weshalb er beschloss nichts darauf zu antworten.
»Weisst du, ich wünschte du hättest keinen Freund.« Sehyoon strich ihm sanft eine Haarsträhne aus dem Gesicht. Byeongkwan lächelte selig. Er war plötzlich unglaublich müde. Was war nochmal das Thema gewesen? Er wusste es nicht.
»Du solltest jetzt schlafen«, sagte Sehyoon, ehe er sich aufrichtete. Byeongkwan wollte nach seinem Handgelenk greifen, verfehlte dieses aber.
»Sehyoon warte«, nuschelte er und beinahe hatte er Angst, dass der andere ihn nicht gehört haben könnte, doch er drehte sich nach einigem Zögern doch wieder zu ihm um.
»Hm?«
»Geh bitte nicht«, hauchte er und bedachte den anderen dabei mit einem eindringlichen Blick. Dieser blinzelte ein paar Mal, wahrscheinlich aus Verwunderung, dann nickte er.
»Okay.«
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Especially for you || Wowkwan
FanficNie im Leben hätte er damit gerechnet, dass er Sehyoon jemals wieder sehen würde, doch dann steht dieser eines Tages unverhofft vor seiner Tür.