Seine Bedenken, dass Sehyoon doch eigentlich gar nicht wusste, wo er überhaupt war, waren unbegründet. Es dauerte genau sechs Minuten, ehe ein Auto direkt neben ihm zum stehen kam, dessen Aufschrift Byeongkwan mittlerweile nur allzu gut kannte. Die Fensterscheibe wurde heruntergelassen und er entdeckte Sehyoon, der sich sein Cap wie schon bei ihrer ersten Begegnung vor ein paar Wochen tief ins Gesicht gezogen hatte.
Byeongkwan sah ihn irritiert an. »Bist du im Dienst?«, fragte er misstrauisch, worauf Sehyoon eine Grimasse schnitt. »Ja leider«, erwiderte er mit einem gequälten Lächeln. Byeongkwan starrte ihn bloss an, als wäre er das siebte Weltwunder.
»Aber...«, setzte er an, doch Sehyoon schüttelte bloss den Kopf. »Nichts aber. Na los, steig schon ein«, forderte er ihn auf. Byeongkwan zögerte, doch dann tat er wie ihm geheissen, öffnete die Tür und liess sich anschliessend auf den Beifahrersitz neben Sehyoon fallen.
»Ich liege etwas hinter meinem Zeitplan, also – anschnallen«, befahl Sehyoon und trat dann aufs Gas und bewies somit auch gleich, dass sich sein Fahrstil in all den Jahren nicht geändert hatte. Leider. Man gewöhnte sich mit der Zeit daran, aber es gab trotzdem angenehmeres.
Daran verschwendete Byeongkwan jetzt allerdings nicht einen einzigen Gedanken. Es gab jetzt wirklich wichtigeres, als Sehyoons Fahrstil. Er linste möglichst unauffällig zu ihm rüber. Der andere hatte seinen Blick konzentriert auf die Strasse gerichtet, doch wenn Byeongkwan geglaubt hatte, dass er deswegen nicht bemerken würde, wie er ihn heimlich beobachtete, dann hatte er sich geirrt.
Sehyoon drehte seinen Kopf in seine Richtung und bedachte ihn mit einem sanften Lächeln, worauf sein Herz natürlich mal wieder anfing, wie verrückt zu klopfen. Er fühlte wie ihm die Röte in die Wangen stieg. Sehyoons Mundwinkel zuckten sichtlich amüsiert in die Höhe. Byeongkwan schnaubte. »Yah, Augen auf die Strasse«, blaffte er und entlockte dem anderen damit ein leises Lachen, ehe er seinen Blick wieder nach vorne richtete und Byeongkwans Herz somit die Möglichkeit bot, sich wieder ein wenig zu beruhigen.
»Woher wusstest du überhaupt, wo ich bin?«, fragte Byeongkwan nach einer Weile und sah den anderen neugierig an. Dieser schüttelte bloss belustigt den Kopf. »Ich bitte dich. Warst du jemals an einem Samstagabend nicht in dieser bescheuerten Bar?« Byeongkwan nickte stumm. Darauf hätte er eigentlich auch selbst kommen können, aber er hatte wohl einfach verdrängt, wie gut der andere ihn wirklich kannte. Es war manchmal fast schon beängstigend, was er alles über ihn wusste.
Kurz darauf stoppte Sehyoon den Wagen. »Bin gleich wieder da«, meinte er, ehe er sich einen der Pizzakartons schnappte und im Inneren des Gebäudes, neben dem sie gehalten hatten, verschwand. Es dauerte nicht lange, das kam er auch schon wieder zurück – ohne Karton, dafür mit einer Handvoll Scheinen, mit denen er Byeongkwan fröhlich zuwinkte.
»Also«, meinte er, sobald er wieder neben ihm sass und sein Fahrzeug zurück in den Verkehr eingereiht hatte. »Dann hast du also keinen Freund?« Er bedachte ihn mit einem durchdringenden Blick und Byeongkwan wurde heiss und kalt zugleich, ehe er hastig den Kopf schüttelte.
Sehyoon nickte bedächtig. »Und du hast auch keine andere Nummer?«, fuhr er fort und Byeongkwan riss erschrocken die Augen auf. Daran, dass auch diese Lüge auffliegen würde, wenn er Sehyoon anrief, hatte er bisher noch gar nicht gedacht. So ein Mist aber auch!
»Hast du mir überhaupt irgendwann mal die Wahrheit gesagt, seit wir uns wieder begegnet sind?«, fragte Sehyoon ihn nachdenklich und betrachtete ihn mit schiefgelegtem Kopf. Byeongkwan biss sich nervös auf die Unterlippe, ehe er schliesslich den Kopf hob und den anderen direkt ansah.
»Ich hatte Angst, okay?!«, rechtfertigte er sich und Sehyoon nickte erneut. »Ich weiss«, hauchte er, ohne ihn dabei anzusehen. »Und es tut mir Leid. Du hast ja keine Ahnung, wie sehr es mir Leid tut«, flüsterte er und Byeongkwan wusste nicht wieso, doch er glaubte ihm.
»Ich habe dich immer geliebt, weisst du«, fuhr er fort und Byeongkwan lief unwillkürlich ein Schauer über den Rücken. »Das hat Donghun auch gesagt«, sagte er mehr zu sich selbst, doch Sehyoon hatte es trotzdem gehört. »Wer?«, wollte er wissen, doch Byeongkwan machte bloss eine abwinkende Handbewegung. »Ach, nicht so wichtig.« Es gab jetzt wirklich dringendere Dinge zu klären.
»Wenn du mich wirklich geliebt hast...«, er warf dem anderen einen prüfenden Blick zu. »Das habe ich und das tue ich noch!«, beteuerte er und Byeongkwan nickte, ehe er fortfuhr. »... weshalb hat du dann gesagt, dass das für dich alles nur ein Spiel war?«
Sehyoon seufzte und rieb sich über die Stirn. »Ich war naiv genug zu glauben, dass es besser wäre, dich anzulügen. Ich dachte, dass es das weniger schmerzhaft machen würde – für dich, aber eigentlich hauptsächlich für mich selbst. Ich hatte das erste Mal etwas in meinem Leben, das mir wirklich wichtig war und dann musste ich es verlassen – dich verlassen. Also habe ich mir gesagt, wenn ich mir nur lange genug einrede, dass ich dich niemals wirklich geliebt habe, dann würde es mir leichter fallen.« Er lachte kurz heiser auf. »Ich war so ein Idiot.«
»Bist du echt«, murmelte Byeongkwan und senkte seinen Blick. Er musste das alles erst einmal verarbeiten. »Verzeihst du mir?«, wollte der andere wissen. Byeongkwan starrte ihn an. »Ich liebe dich du Idiot«, platzte es aus ihm heraus und er sah dem anderen dabei fest in die Augen. Es war die Wahrheit, wieso sollte er es also leugnen? Sehyoon seufzte leise. »Das war noch keine eindeutige Antwort«, meinte er unzufrieden. Byeongkwan zuckte bloss mit den Schultern. »Irgendwann vielleicht.« Er würde noch eine Weile brauchen, bis er Sehyoon vollständig verzeihen konnte.
»Willst du, dass ich dich nach Hause bringe?«, fragte Sehyoon vorsichtig und er klang fast ein wenig enttäuscht. Schnell schüttelte Byeongkwan den Kopf. Er wollte noch nicht nach Hause, nicht jetzt schon. Er biss sich unschlüssig auf seine Unterlippe. »Macht es dir was aus, wenn ich bleibe?«
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Especially for you || Wowkwan
FanfictionNie im Leben hätte er damit gerechnet, dass er Sehyoon jemals wieder sehen würde, doch dann steht dieser eines Tages unverhofft vor seiner Tür.