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Die Ereignisse vom vergangenen Sonntag beschäftigten ihn noch die gesamte nächste Woche über. Mehr als einmal wurde er von Yongguk gefragt, ob denn alles in Ordnung sei, was Byeongkwan jedes Mal mit einem mechanischen Nicken bejaht hatte. Er hatte keine grosse Lust darauf seinen Boss zu erklären, dass sein Exfreund völlig unerwartet bei ihm aufgetaucht war und ihn damit ganz schön aus dem Konzept gebracht hatte. Das hatte nun wirklich nichts an seinem Arbeitsplatz zu suchen.

Trotzdem konnte er es nicht verhindern, dass seine Gedanken immer wieder zurück zu Sehyoon wanderten und so langsam aber sicher war er mehr als nur genervt. Er wollte das nicht. Er wollte nicht an ihn denken und er wollte ihn auch nicht vermissen – das hatte er lange genug getan. Ausserdem gab es dazu auch überhaupt keinen Grund, er hatte schliesslich damit abgeschlossen, er war über ihn hinweg.

Warum nur tat sein Herz dann immer noch so weh?

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Es war spät geworden – draussen war es schon eine ganze Weile dunkel – als Byeongkwan sich endlich auf den Heimweg machte. Er hatte sich eine Wohnung nahe an seinem Arbeitsplatz gesucht, weshalb er problemlos zu Fuss zur Arbeit gehen konnte und so lief er also nach Hause, seine Hände in den Hosentaschen, die Nase in dem dicken Schal vergraben. Sein Atem bildete kleine Dunstwölckchen die vor seinem Gesicht in den Himmel empor stiegen. Es war noch immer eiskalt, aber wenigstens hatte es in der vergangenen Woche aufgehört zu regnen. Wenn sie Glück hatten, dann würde es vielleicht sogar bald schneien. Byeongkwan mochte Schnee – wahrscheinlich mehr als die meisten anderen Bewohner der Stadt, für die das kalte Weiss bloss zu einem Ärgernis werden würden, weil es den Verkehr behinderte oder sie die Einfahrt zu ihrem Haus am Morgen erst freischippen mussten.

Byeongkwan hingegen war schon immer fasziniert davon gewesen. Als Kind hatte er laut seiner Mutter stundenlang dabei zusehen können, wie die Schneeflocken auf die Erde herabgetanzt waren und auch heute noch war dies eine seiner liebsten Beschäftigungen im Winter, auch wenn er immer seltener die Zeit dazu fand, aber das brachte wohl das Erwachsensein so mit sich.

Ein scheinbar wehmütiges Seufzen glitt über seine Lippen, während seine Augen zum Himmel glitten. Es würde eine klare Nacht geben, was allerdings auch bedeutete, dass die Temperaturen noch weiter fallen würden. Byeongkwan schauderte bei diesem Gedanken und ohne es wirklich zu realisieren, beschleunigten sich seine Schritte.

Es dauerte nicht lange, bis er den Gebäudekomplex erreichte, in dem sich auch seine Wohnung befand. Mit klammen Fingern zog er den Schlüssel aus seiner Hosentasche, ehe er damit die Haupttür aufschloss. Seine Wohnung lag glücklicherweise bloss im zweiten Stockwerk, weshalb er es in der Regel vermied, den Fahrstuhl zu benutzen und stattdessen die Treppe nahm.

Irgendwann war es für ihn zu einer Gewohnheit, beim Treppensteigen die Stufen mitzuzählen, doch in dieser Woche wollte ihm das nie so richtig gelingen. Ständig verzählte er sich und verlor den Überblick über die Anzahl der bereits bewältigten Stufen, weshalb er es heute gleich von vornherein sein liess.

Nicht seine schlechteste Eingebung, wie er feststellte, kaum war er an bei seiner Etage angekommen, denn selbst wenn er sich bis hierhin nicht verzählt hätte, dann wäre sein Kopf spätestens jetzt wie blank gefegt gewesen. Dort direkt neben seiner Tür stand Sehyoon.

In Byeongkwans Kopf gingen augenblicklich sämtliche Alarmglocken los. Kurz spielte er noch mit dem Gedanken das Weite zu suchen und eventuell bei einem seiner Freunde zu übernachten, doch da war es bereits zu spät. »Byeongkwan«, rief Sehyoon als er ihn entdeckte und winkte ihm kurz zu, bis ihm wohl klar wurde, wie lächerlich das wirkte. Verlegen liess er seine Hand wieder sinken und biss sich unsicher auf die Unterlippe.

Byeongkwan musste einmal leer schlucken, ehe er sich robotermässig auf den anderen zu bewegte. Seine Kehle fühlte sich auf einmal staubtrocken an. Wieso war er hier? Was wollte er von ihm, das sollte doch bloss eine einmalige Sache bleiben. Eine vollkommen willkürliche Begegnung, ausgelöst durch einen dummen Zufall, die sich auf keinen Fall, unter gar keinen Umständen wiederholen durfte. Also wieso war er nun wieder hier?

Er wollte den anderen gerade zur Rede stellen, da beantwortete dieser ihm seine unausgesprochene Frage bereits von selbst. »Ich hatte heute früher Feierabend und war gerade noch in der Gegend und...« Er beendete den Satz nicht, wahrscheinlich, weil er selber nicht so genau wusste, was ihn hierher getrieben hatte. Das passte irgendwie zu ihm, so war er schon immer gewesen. Er hatte oft Dinge getan, ohne vorher gross darüber nachzudenken und anscheinend hatte sich das auch in all den Jahren nicht geändert, denn ansonsten würde er jetzt nicht hier vor ihm stehen.

»Und da hast du gedacht es wäre eine gute Idee hierher zu kommen?« Er konnte den Hohn der in seiner Stimme mitschwang nicht verbergen. Natürlich hatte Sehyoon sich nichts dabei gedacht – genau das war das Problem mit ihm. Er handelte ohne sich dabei der darauf folgenden Konsequenzen bewusst zu sein.

Manchmal fragte Byeongkwan sich, weshalb ihm das erst hinterher aufgefallen war, aber vermutlich war er damals einfach noch blind genug gewesen, dass es ihn nicht gestört hatte. Er hatte Sehyoon geliebt, vielleicht ein wenig zu sehr. (Und vermutlich tat er es jetzt immer noch).

Sehyoon presste sichtlich gekränkt seine Lippen aufeinander. »Bitte lass es mich erklären«, bat er und trat dabei ein wenig näher an Byeongkwan heran, dessen Herz einen entsetzten Hüpfer vollbrachte. Zu nah, das war zu nah!

Seine Augen wanderten beinahe sofort und ohne sein Zutun zu Sehyoons Lippen, welche der andere zu einem perfekten Schmollmund verzogen hatte. Er musste schlucken. Erinnerungen an die Zeit in der sie ein Paar waren, drängten sich ihm auf. Ob Sehyoons Lippen sich wohl noch immer so gut auf seinen eigenen anfühlten?

Er blinzelte und schüttelte dann heftig den Kopf. Darüber sollte er sich nun wirklich keine Gedanken machen. Er musste sich konzentrieren! Worüber hatten sie gerade gesprochen? Ah ja... »Ich will es nicht hören«, erwiderte er bestimmt (oder zumindest hoffte er, dass es so klang). Er hatte keine Lust auf Sehyoons sogenannte Erklärungen.

Ein leises Seufzen war zu hören. »Bist du sicher, ich glaube–« Byeongkwan liess ihn nicht ausreden. Stattdessen presste er ihm in einem seiner schwachen Momente seine Lippen auf den Mund und hinderte ihn somit daran, weiterzusprechen. Der andere schnappte überrascht nach Luft und versuchte Byeongkwan wieder von sich zu schieben, doch dieser liess ihm keine Gelegenheit dazu. Er drängte ihn unsanft zurück, bis er mit dem Rücken zur Wand stand, an der er auch sogleich seine Handgelenke festpinnte.

»Ich sagte doch du sollst die Klappe halten«, raunte er an seinen Lippen, ehe er diese wieder mit seinen eigenen verschloss. Nur zögerlich stieg Sehyoon schliesslich mit in den Kuss ein, der allerdings bereits kurz darauf immer rauer und schlampiger wurde. Er hatte nicht sonderlich viel mit ihren Küssen von früher gemein – nein, dieser hier war vielmehr voll von unausgesprochener Enttäuschung, schmeckte nach Verbitterung und Hass und doch irgendwie nach Sehyoon – Sehyoon, den er so sehr vermisst hatte.

Er wusste, dass es falsch war, dass er es bereuen würde, nur war ihm das gerade ziemlich egal. Er liess von Sehyoons Händen ab, der diese noch beinahe im selben Moment in seinen Haaren vergrub und tastete stattdessen blindlings in seiner Tasche nach dem Schlüssel zu seiner Wohnung, ehe er diese nach etlichen Anläufen aufschloss und die Tür aufstiess. Er dirigierte Sehyoon rückwärts in seine Wohnung, der Tür gab er einen kräftigen Schubs mit dem Fuss, so dass diese schwungvoll ins Schloss fiel und steuerte dann das Schlafzimmer an.

Sie stolperten gerade ziemlich unelegant über die Türschwelle, als Sehyoon für einen kurzen Moment inne hielt. Seine Augen suchten die von Byeongkwan und es schien, als wolle er sich versichern, dass dieser damit auch wirklich einverstanden war. Kaum dass er seine Bestätigung erhielt, fand sich Byeongkwan mit dem Rücken auf seiner Matratze wieder. Er liess seinen Blick hungrig über Sehyoons Körper gleiten, ehe sich dieser über ihn beugte und ihre Lippen erneut miteinander verschloss.

Ein wohliges Seufzen entkam ihm, sobald Sehyoons Hände unter den Stoff seines Pullovers glitten und über seine nackte Haut strichen. Der Punkt an dem sie hätten aufhören können, war längst überschritten, das wussten sie beide. (Nicht dass einer von ihnen das gewollt hätte, dafür fühlten sich die Berührungen des jeweils anderen einfach zu gut an.)

Especially for you || WowkwanWo Geschichten leben. Entdecke jetzt