*Kathlyn*
„Uuunnd?", wurde ich von Thea empfangen, kaum dass er weg war. „Worum ging es? Hat er etwas von der Ratssitzung erzählt?"
„Nein." Ich hatte keine Lust, ihnen von den Tierfunden zu erzählen. Das würde nur gleich für neuen Gesprächsstoff sorgen. Ich meine: War das in einem Wald wirklich so ungewöhnlich? Es gab hier schließlich Bären, Luchse und andere wilde Tiere. Aber nein, natürlich waren es ‚weder ein Mensch, noch ein Tier'. Genauso wenig, wie der ‚verschwundene' Mann nicht einfach weggefahren sein konnte, ohne sich irgendwo abzumelden. Wer legte schon Wert auf seine Privatsphäre? Nein, er war verschwunden. Wir waren hier schließlich in Ilargia, da konnte es nie mit rechten Dingen zugehen.
„Wie schade. Oh, seht mal. Sie kommen aus dem Rathaus!" Thea klebte fast an der Scheibe, um einen Blick auf sie zu erhaschen. „Kann uns dein Vater nicht einen von ihnen vorstellen? Am besten einem männlichen Exemplar."
Das wünschten sich viele Mädchen. Immerhin schrieb man ihnen ungeahnte Kräfte, einen muskulösen Körper, sehr gutes Aussehen und Treue bis zum Tod zu. Okay, das klang auch nicht schlecht. Aber seien wir realistisch: Solche Männer gab es einfach nicht.
„Geh doch rüber und sprich sie an.", schlug ich vor und kassierte einen beleidigten Blick.
„Du weißt genau, dass das verboten ist!" Ja, noch eins dieser tollen Gesetze Ilargias. Der Kontakt zu ihnen – egal in welcher Form – war uns strengstens untersagt.
„Richtig. Weil wir dann nämlich feststellen würden, wie menschlich die angeblichen Werwölfe in Wahrheit sind."
Thea schlug sich entnervt mit der Hand vor die Stirn. „Jetzt geht das schon wieder los! Wie kann man nur so ungläubig sein?"
„Wie kann man nur jeden Mist glauben?"
„He, Kaffeetante!", brüllte der unhöfliche Typ mit den braunen Augen plötzlich quer durch das Café. Die drei Männer hatten sich erhoben, einer von ihnen legte gerade einen Schein auf den Tisch. „Du solltest auf deinen Papi hören! Das ist nur zu deinem Besten!"
Ich lief beschämt rot an. Was sollte das denn? Und woher wollte er wissen, was mein Vater gesagt hatte? Das konnte er unmöglich gehört haben! Ehe ich etwas erwidern konnte, öffneten sie die Tür und verschwanden. Alle im Café starrten mich an.
„Was meint er?", wollte David neugierig wissen, da vibrierte sein Handy. Und das von Thea. Und das aller anderen.
„Das gibt es doch nicht! Eine Ausgangssperre?", fluchte sie und warf mir einen misstrauischen Blick zu. „Und dein Vater hat davon nichts erwähnt?"
„Nein.", log ich, während alle murrend begannen ihre Sachen zusammen zu räumen. Sie schüttelte ungläubig den Kopf, holte ihr Portmonee heraus und legte zwei Euro auf den Tisch.
„Was denn? Kein Trinkgeld?" Ich fasste mir theatralisch ans Herz.
„Sorry, ich bin pleite. Das ist mein letztes Geld."
„Von mir bekommst du welches, Kaffeetante." David reichte mir einen Fünfer, ich schob ihm jedoch lachend Theas Geld als Wechselgeld zu.
„Lass mal stecken. Spar lieber für dein Auto und bring Thea nach Hause."
Nachdem ich alle abgerechnet und sämtliche Tische abgeräumt hatte, öffnete sich die Cafétür erneut. Herein kamen diesmal die Bürgermeisterin und einige Ratsmitglieder, die es offensichtlich nicht eilig hatten nach Hause zu gehen. Die Meisten wollten Sandwiches essen und ich hatte gut zu tun. Obwohl sie leise miteinander sprachen, bekam ich mehr mit als ich eigentlich wollte.
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Between the lines
Werewolf„Wenn wir eine Ausgangssperre verhängen, dient diese nicht nur der Sicherheit unserer Bürgerinnen und Bürger. Sie ermöglicht es auch den Wölfen, ungehindert ihre Arbeit zu tun. Du hattest erstaunliches Glück, dass sie rechtzeitig eingreifen konnten...