*Kathlyn*
Ich konnte nicht behaupten, dass ich mich auf diesen Abend sonderlich freute. Gleichzeitig klopfte bei dem Gedanken daran mein Herz um einiges schneller. Eigentlich hätte er es verdient, dass ich mich im Geheimgang verschanzte und ihn die gesamte Festung nach mir auf den Kopf stellen ließ. Aber ich wollte das Gespräch nicht noch länger aufschieben. Das hatte ich bereits zu lange getan.
Als ich die Tür zur Alphaetage öffnete, wusste ich nicht was mich erwarten würde und ich wusste nicht, ob der Abend wieder in Streit enden würde. Sollte das der Fall sein, würde ich definitiv ohne seine Erlaubnis bei Josi schlafen. Dann konnte er mich mal gernhaben!
Draußen war es bereits dunkel, es war Halbmond, doch im Wohnbereich flackerte ein angenehmes Licht. Er hatte ein Feuer im Kamin entzündet, das fröhlich vor sich hin flackerte. Die Kücheninsel war liebevoll gedeckt mit allerlei Tellern: verschiedene Fruchtsorten, verschiedener Aufschnitt, Käsestückchen mit Oliven und verschiedene Brotsorten. Sogar eine Flasche Wein stand dort. Er hatte sich richtig Mühe gegeben.
„Da bist du ja." Jace kam aus dem Schlafzimmer. Er trug ein schwarzes, enganliegendes Hemd, dass sich um seine breite Brust spannte und betonte wie gut er aussah, und wie muskulös er war. Sein glänzendes, dichtes, dunkelbraunes Haar war verwuschelt und verriet mir an der Art wie es fiel, dass er es gewaschen hatte. Es sah dann immer so verführerisch weich aus, dass ich am liebsten mit meinen Fingern hindurchstreichen würde.
Seine eisblauen Augen funkelten amüsiert, als er bemerkte wie ich ihn musterte. Ertappt wandte ich den Blick ab und steuerte einen Hocker vor der Kücheninsel an. Das hier war kein Date! Er wollte sich nur einkratzen, weil er sich vorhin wie ein Idiot benommen hatte. Doch so leicht würde ich es ihm definitiv nicht machen!
„Ich soll dir liebe Grüße von Beth und Martin bestellen." Er setzte sich auf den Hocker mir gegenüber. Die Kücheninsel befand sich nun also zwischen uns, was mich ein wenig beruhigte.
Jace griff nach der Weinflasche und schenkte uns ein. Das letzte Mal, als Alkohol meine Hemmschwelle gesenkt hatte, war ich heulend in seinen Armen gelandet. Ich musste dringend aufpassen, dass mir das heute nicht wieder passierte.
„Deinen Eltern geht es gut, auch wenn dein Vater natürlich sehr erschrocken war. Er war übrigens einer von denen, die nicht aus dem Fenster gesprungen sind. Stattdessen hat er mitgeholfen alle in Sicherheit zu bringen. Ich glaube, das habe ich dir noch gar nicht erzählt."
Ja, so kannte ich meinen Dad. Er dachte immer zuerst an andere. Eine Eigenschaft, die meine Mutter des Öfteren in den Wahnsinn trieb.
Eines musste ich Jace jedoch lassen: Ich fand es erstaunlich wie er versuchte mich in Smalltalk zu verwickeln, wo er für gewöhnlich so ungeduldig war. Wie lange er das wohl noch durchhielt, bis er mich anknurren und nach Antworten verlangen würde?
„Es gibt auch einen Zeitungsartikel über den Vorfall. Einer deiner Freunde wird sogar zitiert. Dieser Hunde-Junge. Wenn du möchtest, kannst du ihn nachher lesen."
David. Na das konnte ja nichts Vernünftiges sein. Doch ich schob mir demonstrativ eine Weintraube in den Mund und schwieg beharrlich weiter. Ich hatte keine Freunde in Ilargia. Zumindest keine echten. Denn echte Freunde hätten sich doch wohl für mich eingesetzt, oder?
„Wenn du mich für den Rest des Abends anschweigst, wird es ein sehr einseitiges Gespräch." Jace sah mich abwartend an. Ich lächelte charmant zurück und nahm einen großen Schluck Wein. Eine Weile schwiegen wir beide und aßen einfach. Ich überlegte, wie weit ich das Ganze wohl noch treiben konnte. Jace schien zu überlegen, wie er mich zum Reden bringen konnte.
„Ich habe dir versprochen, dass du mich mit Fragen löchern darfst. Willst du mich denn nichts fragen?", lockte er schließlich und ich schnaubte laut auf. Das Spiel kannte ich schon. Ich durfte Fragen stellen, ja. Aber es war ihm überlassen, ob er sie beantworten würde.
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Between the lines
Hombres Lobo„Wenn wir eine Ausgangssperre verhängen, dient diese nicht nur der Sicherheit unserer Bürgerinnen und Bürger. Sie ermöglicht es auch den Wölfen, ungehindert ihre Arbeit zu tun. Du hattest erstaunliches Glück, dass sie rechtzeitig eingreifen konnten...