*Jace*
Wie erwartet war die Entscheidung des Rats rasch gefallen: Kathlyn sollte gegen Martins Leichnam ausgetauscht werden. Und sobald ein wenig Zeit vergangen wäre, würden sie sich auch Beth holen und beide der Mondgöttin zurückgeben. Das hatte sich Jace geschworen. Doch zunächst würde er die Verantwortlichen höchstpersönlich zur Rechenschaft ziehen. Auch das hatte er sich geschworen.
„Wenn wir sowieso nur herumstehen und warten, hätte ich auch länger schlafen können." Kathe gähnte herzhaft, bevor sie sich fröstelnd die Arme um den Körper schlang. Sie standen auf der Anhöhe vor Ilargia, verborgen hinter Bäumen und verschluckt von der Dunkelheit. Hier standen sie schon eine Weile, warteten und beobachteten die Umgebung. Langsam setzte die Morgendämmerung ein. „Wie lange dauert das noch?"
„Ich habe keine Ahnung. Aber es ist immer klüger, früher vor Ort zu sein und sich einen Überblick zu verschaffen."
„Und das hättest du nicht ohne mich machen können? Ist dir bewusst, wie wenig ich geschlafen habe?"
„Du wirst es überleben."
„Danke für dein Mitgefühl." Verärgert verschränkte sie die Arme vor der Brust. Jace seufzte.
„Claus' Spion wird früh genug erfahren, dass du zurück in der Stadt bist. Je weniger Handlungsspielraum er hat, desto besser. Also nein, ich hätte dich nicht länger in der Wolfshöhle lassen können."
„Durfte ich mich deshalb nicht verabschieden? Oder Frühstücken?" Kathe warf ihm einen mürrischen Blick zu. „Es gab nicht einmal Kaffee!"
„Du wirst es überleben.", wiederholte er ungerührt. Er war nicht in Stimmung für Diskussionen oder Rechtfertigungen. Er hatte überhaupt nicht geschlafen. Wann er zuletzt etwas gegessen hatte, wusste er nicht einmal mehr. Und was ihm gleich bevorstand verbesserte seine Laune keineswegs.
Einen Moment lang herrschte Schweigen. Dann lief Kathlyn zur Höchstform auf:
„Du kannst es kaum erwarten mich loszuwerden, oder?", warf sie ihm wütend vor. Sie machte sich nicht die Mühe, ihre Lautstärke zu drosseln. „Ich wette du hattest noch nie ein Rudelmitglied, mit dem du so viele Schwierigkeiten hattest!"
„Zumindest keines das mir ständig widerspricht, oder das Gegenteil von dem tut, was ich sage.", gab er provozierend zurück und Kathe schnaubte empört auf.
„Dann fehlen deinem Rudel eindeutig noch ein paar Mitglieder, die selbst mitdenken können – und nicht nur nach deiner Pfeife tanzen wie Zombies!"
„Zombies?" Er zog spottend eine Augenbraue nach oben. „Sind das nicht Figuren aus euren Horrorfilmen, die nichts anderes als Kannibalismus im Kopf haben? Josi und Emmely werden sich geschmeichelt fühlen. Ich richte es ihnen aus."
„Er kommt!", schaltete sich plötzlich Alec ein. Er stand auf der anderen Seite und beobachtete die Straße. Jace wandte sich dieser augenblicklich zu und Kathe, die schon nach Luft geschnappt hatte, schnaubte lediglich erneut und taxierte ihn mit bösen Blicken.
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Between the lines
Lobisomem„Wenn wir eine Ausgangssperre verhängen, dient diese nicht nur der Sicherheit unserer Bürgerinnen und Bürger. Sie ermöglicht es auch den Wölfen, ungehindert ihre Arbeit zu tun. Du hattest erstaunliches Glück, dass sie rechtzeitig eingreifen konnten...