Prolog 5

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"Kein Ding", sage ich und streiche ihm über den Arm.
Verblüfft starrt er mich an und fasst sich an die Stelle wo ich ihn berührt habe.
"Heute gehörst du noch zum Rudel, und wie du weißt macht man das in einem Rudel", erkläre ich meine Geste.

***

Ella, sie hat mich berührt, einfach so, ohne dass wir uns näher kennen. Immer noch habe ich ihren Duft in der Nase. Sie riecht nach frischen Tannennadeln und Rosenwasser. Eigentlich will ich das Rudel verlassen und auch deren Territorium, ich hätte schon ein Land gefunden wo ich wieder mein Leben als Einzelgänger führen könnte. Aber diese Berührung und ihre warmen liebevollen Blicke haben mich total aus der Bahn geworfen. Sogar bei dem wunderschönen weißen Schneeleoparden habe ich mich sofort wohl gefühlt, jedes andere Tier hätte ich niemals so nahe an mich ran gelassen. Auch der Moment wo sie mir den Nacken gekrault hat, am liebsten hätte ich mich ausgestreckt und überall kraulen lassen. Aber das wird nur ein Traum bleiben, denn sie würde sich niemals mit einem Wilden paaren, das sagte sie immerhin klipp und klar. Was wäre aber wenn ich mich dem Rudel anschließe, immerhin habe ich eine menschliche Seite, und ich habe ihren Blick wahrgenommen als sie mich bei Arthur im Büro gesehen hat. Sie war erstaunt über mein Aussehen und hat mich von oben bis unten gemustert. Was wäre wenn sie bereit wäre meine Partnerin zu werden? Ich bin nicht mehr so jung und sollte langsam daran denken mich zu paaren. Aber vielleicht bilde ich mir nur etwas ein, ich kenne die Gepflogenheiten im Rudel nicht, vielleicht sind alle Frauen hier so, bis jetzt habe ich nur Ella und die Krankenschwester kennen gelernt und beide waren fürsorglich zu mir, ganz anders als die ruppige Art der männlichen Anwesenden, abgesehen von Myci aber der ist ein Kapitel für sich. Wie soll ich mich nur entscheiden?

***

Schon früh mache ich mich mit den Jägern auf den Weg das Gelände ab zu suchen, denn irgendwo muss diese Granate hergekommen sein, durch die Julien verletzt wurde. Die zwei großen Leoparden schleichen umher während ich auf den Bäumen herumklettere und in die Ferne schaue. Alexej scheint etwas entdeckt zu haben. Ich klettere hinunter und verwandle mich.
"Hier sind Reste von einem Kaninchen, es muss auch eine der Splittergranaten ausgelöst haben. Wer zum Teufel hat hier überall Granaten verstreut, das ist Naturschutzgebiet", schimpft er.
"Granaten wirft man, die verstreut man nicht wie Landminen. Das hier sind alles Blindgänger, aber ich frage mich wer sich hier den Spaß erlaubt mit scharfen Waffen herumzuspielen"
"Ich glaube es wäre besser wenn Arthur ein paar Spezialisten kommen lässt die das Gebiet absuchen und die Bomben entschärfen", werfe ich ein und beide geben mir Recht.
"Arthur?! Da sind überall Blindgänger verstreut", platzt es aus mir heraus als ich später ohne zu klopfen in das Büro von ihm stürme.
"Ella!", brüllt er erschrocken, "Ich werde mich drum kümmern, aber zuvor möchte ich dir unser neues Rudelmitglied vorstellen. Julien Bam!"
Er zeigt auf die Person vor sich, diese dreht sich um und lächelt mich schüchtern an.
"Bam?", wiederhole ich.
"Ja, das war seine Idee, wegen dem Knall der Granate die ihn schließlich zu uns geführt hat", schmunzelt Arthur und zuckt mit den Achseln.

***

Ich gehöre nun zum Rudel. Nur so kann ich herausfinden ob zwischen mir und Ella eine Verbindung entstehen kann. Wenn ich zurück in die Wildnis gegangen wäre, würde ich mich
genau das mein Leben lang fragen. Sie steht wie angewurzelt im Türrahmen und starrt mich abwesend an, als würde sie überlegen. Dann kommt sie auf mich zu und umarmt mich samt dem Stuhl auf dem ich sitze. Mein Herz rast, ich hätte mit vielem gerechnet aber nicht mit überschwänglicher Zuneigung. Der Geruch von frischer Morgenluft, feuchtem Moos und Baumharz steigt mir in die Nase. Ich vermisse es jetzt schon in irgendeinem Baumwipfel aufzuwachen und durch taunasse Wiesen zu streifen auf der jagd nach Kaninchen.

Der schwarze LeopardWo Geschichten leben. Entdecke jetzt