Kapitel 20

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Stets auf der hut krieche ich auf die Beute zu und lecke an dem Tier, hunger macht sich in mir breit. Vorsichtig beiße ich ein Stück ab und verschlinge es hastig.

"Schmeckt es?", höre ich eine Stimme sagen.

Wütend fauche ich den Kerl an der nur zwei Meter von mir entfernt, mit verschränkten Armen steht.

"Ich hätte nicht gedacht dass ich ausgerechnet dich hier treffe und schon gar nicht dass du mir dreist mein Frühstück klaust", scherzt er, wirkt aber nicht amüsiert.

Geduckt weiche ich von ihm zurück und lecke mir das Blut von der Schnauze. Mein Leoparden-Bewusstsein dreht komplett durch, ich freue mich innerlich so sehr Julien zu sehen, dass ich ihn am liebsten anspringen, zu Boden reißen und von Kopf bis Fuß abschlecken möchte. Aber warum will ich das, dieses Arschloch hat mein Vertrauen missbraucht. Ich beobachte wie er sich neben dem Kaninchen hinsetzt und einen Schenkel abtrennt.

"Hier bitte, komm her, ich teile gerne mit dir", sagt er und hält mir den Schenkel entgegen.

Blitzschnell schnappe ich nach dem Fleisch und verspeise es. Immer wieder schiele ich mit meinen Leopardenaugen zu ihm hoch, er beobachtet mich während er sich die Blutreste von den Fingern lutscht.

"Du riechst anders", stellt er fest und will nach mir greifen.

Ich knurre und krabble samt meinem Frühstück ein paar Zentimeter nach hinten.

"Entschuldige ich habe vergessen dass ich keine Körperprivilegien mehr habe", murmelt er
enttäuscht.

Sorgfältig putze ich den Knochen sauber und unterdrücke das Verlangen zu ihm hinzugehen und mir den Rücken von ihm kraulen zu lassen.

"Willst du noch was?", will er wissen.

Eigentlich habe ich keinen Hunger mehr aber ich nutze die Gelegenheit und krieche wieder nach vorne so nahe, dass ich beinahe direkt neben ihm liege und selbst das Stück abbeißen kann. Er löst mir den zweiten Schenkel ab und hält ihn mir vor die Schnauze. Ich warte bis er ihn loslässt aber er tut es nicht, also versuche ich ihm das Stück mit den Fangzähnen zu entreißen. Spielerisch zieht er es mir weg. Mein Leopardenverstand freut sich und möchte mitspielen, aber die menschliche Seite ist skeptisch und bleibt liegen. Er gibt es recht schnell auf und wirft mir enttäuscht das Fleisch hin aber ich rühre es nicht an.

"Was ist denn jetzt? Hast du keinen Hunger mehr?", will er wissen.

Ich springe auf und renne davon, ich halte es nicht aus.

"Tschüss Ella!", ruft er mir hinterher.

Er ist so nett zu mir, er will sogar mit mir spielen und das alles obwohl ich ihn des Landes verwiesen habe, obwohl ich deutlich nach Alex riechen muss. Wieso macht er das alles immer noch obwohl seine Tarnung aufgeflogen ist. Mein Leopardenverstand ist überzeugt er liebt mich tatsächlich. Mit einem mulmigen Gefühl schleiche ich wieder zurück in meine Wohnung. Unter der Dusche denke ich darüber nach was der Rudelführer mir gesagt hat. Er sprach direkt von dem Gebiet am Fluss, aber ich weiß genau, dass ich diese Information nicht an Julien weitergegeben habe. Gleich im Anschluss an meine morgendliche Dusche mache ich mich auf den Weg zu dem benachbarten Rudel.

Der schwarze LeopardWo Geschichten leben. Entdecke jetzt