Sorrow

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Ich beobachtete wie Lori vom Haus quer über den Platz zu den Zelten ging. In letzter Zeit beobachtete ich ziemlich viel. Nach dem Verlust von Shane vor circa einer Woche, so genau konnte ich das nicht sagen, hatte mich die Trauer über Lexians Tod wieder eingeholt. Ich hatte mein Zelt etwas weiter weg von den anderen wiederaufgeschlagen. Ich brauchte etwas ruhe.

Von dem Baum an dem ich lehnte vielen die ersten Blätter, es war zwar immer noch um die zwanzig Grad, doch es war unbestreitbar, dass es bald kühler werden würde. Ich schnitzte spitzen in die dünnen Zweige, die ich gesammelt hatte. Die Pfeile gingen mir langsam aus und mit meinem Bogen fühlte ich mich immer noch am sichersten. Trotz der Waffe an meinem Gürtel und dem Messer im Hosenbund. Ich ließ das Messer und den Stock in meiner Hand sinken und sah in die Sonne. Ich hatte heute schon wieder viel zu viel an Lexian gedacht, die Tränen stiegen mir in die Augen. Doch seit der Sache in der Schule, war es das erste Mal ein anderer Gedanke, der mich überkam, wenn ich an Lex dachte. Ich bedauerte seinen Tod nicht mehr, ich war froh, dass er das alle nicht mehr miterleben musste. Er war nicht im CDC, sah nicht wie die letzte Hoffnung einfach ausradiert wurde, er musste nicht vor Angst bangen, als uns die Herde auf dem Highway überraschte, er hatte Shane nicht sterben sehen. Hatte nicht mehr Hungern oder dursten müssen. Er war sicher. Ich hasste mich für diesen Gedanken, doch innerlich wusste ich, dass ich Recht hatte und das machte es nur noch schlimmer.

"Hey die sind Klasse. Meinst du, du kannst mir auch welche machen?", erschrocken riss ich die Augen auf. Daryl stand direkt vor mir. Ich sah wieder auf mein Messer und den halbfertigen Pfeil, demonstrativ machte ich mich wieder an die Arbeit ohne ihm zu antworten. "Hör mal", er ließ sich neben mir ins Grüne Gras fallen. "Ich weiß wie es dir geht. Du denkst immer noch an deinen Bruder, der ganze Scheiß ist wirklich schwer zu verarbeiten, das weiß ich. Grade weil man gefühlt nie die Zeit hat zu trauern.", mit gesenktem Kopf rupfte er Grashalme vor sich aus. Wieder legte ich meine Arbeit nieder. "Das ist es gar nicht", ich schüttelte den Kopf um meine Tränen zu unterdrücken. "Was dann?", wollte er wissen. "Ich bin gar nicht wirklich mehr traurig, dass er nicht mehr da ist. Es ist eher der Gedanke, dass ich froh bin das er das nicht mehr miterleben muss und das macht mich fertig", gestand ich schließlich. "Es ist vollkommen in Ordnung, dass du so denkst. Ich meine du hast damit ja auch recht. Bedauere nichts was du getan hast. Du musst das sogar vergessen, denn es ist vorbei und jeden Tag den du morgens aufwachst wirst du feststellen, dass sich die Welt weitdreht, ob du nun willst oder nicht.", zum ersten Mal sah ich ihn an und zum ersten Mal verstand ich auch. Ich nickte und lächelte ihn leicht an.

"NEIN, DAS GEHT NICHT.", ich hörte Lori bis zu uns schreien. "Wir gehen wohl mal lieber schauen was da los ist", sagte Daryl. Ich stimmte zu und schnappte mir ein paar meiner Pfeile Marke Eigenbau, nur für den Fall. Dann machten wir uns auf den Weg Richtung Haus.


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