"Genau so, die Arme schön lockerlassen und die Ellenbogen etwas anwinkeln.", ich korrigierte Sophias Haltung. "Und denkt dran Atmet einmal tief ein, haltet die Luft an und drückt dann den Abzug.", eine Kugel nach der anderen sauste auf die mit Zielscheiben behangenen Strohballen. Beth, Carl und Sophia lernten bei mir den Umgang mit Handfeuerwaffen, nicht das ich vor der ganzen Sache selbst viel davon gewusst hätte, aber viele Menschen haben mir Tagein, Tagaus immer wieder gezeigt wie es funktionierte und dieses Wissen gab ich gerne weiter, auch wenn es im Gefängnis sicher qualifiziertere Personen dafür gegeben hätte.
Es war mir vor allem wichtig das Sophia wusste wie sie sich im Notfall verteidigen konnte und auch Beth hatte ihren Vater nach langen Gesprächen davon überzeugt, dass es sicherer ist im Falle eines Falles allein klar zu kommen. Carl konnte eigentlich schon schießen, doch er nahm immer wieder gern an den Übungen teil, um zu zeigen wie gut er ist. Das Blut seines Vaters.
Seit Carol gestorben ist sind bereits sechs Monate vergangen und der Sommer hatte in Georgia Einzug gehalten. Sophia war seit diesem Tag nicht mehr von meiner Seite gewichen und so hatte ich es mir zur Aufgabe gemacht, mich um das kleine Mädchen zu kümmern. Vieles hatte sich verändert seit wir das Gefängnis unser zuhause nannten.
Rick und Lori bereiteten sich auf die Geburt ihres Kindes vor, Maggie und Glenn hatten vor kurzem beschlossen das sie heiraten wollten, Thomas hatte die Krankenstation wiederaufgebaut und las wo er nur konnte medizinische Bücher, die ihm T-Dog und Xander immer wieder von den Touren mitbrachten. Hershel hatte mit dem Frühling begonnen die große Grasfläche in Ackerland zu verwandeln und mittlerweile trugen die ersten Stauden auch schon Früchte. Daryl ging oft jagen und auch sonst hatte er sich wieder sehr zurückgezogen, unser letztes Gespräch war fast eine Woche her. Vor sechs Tagen hatte er mir gestanden das er glaubte nicht in diese Zivilisierte Welt zu passen, ich hatte ihm gesagt das es quatsch sei, aber seitdem war er immer öfter draußen und ich, ich versuchte immer noch der Rolle als Freundin gerecht zu werden. Irgendwann war das zwischen Xander und mir einfach passiert und ich war glücklich damit, darüber hinaus versuchte ich immer noch Sophia dabei zu helfen ihren Verlust zu verarbeiten, was seine Zeit dauerte.
"Essen ist fertig!", rief Lori vom Eingang des Zellenblockes aus und hielt sich dabei ihren dicken Bauch. Es konnte nicht mehr all zulange dauern. "Ok, wie ich es euch gezeigt habe. Waffen sichern, Magazine raus und getrennt voneinander ablegen.", meine Schüler machten genau, dass was ich gesagt hatte. Dann liefen sie alle Richtung Zellenblock. "Du bist eine großartige Lehrerin.", Xander kam auf mich zu und drückte mir einen Kuss auf die Lippen. "Aber nur, weil ich selber großartige Lehrer hatte.", er legte einen Arm um mich und gemeinsam gingen auch wir dem Abendessen entgegen.
"Hab keine Angst", ich streichelte Sophia über die Haare und gab ihr einen Kuss auf die Stirn, das war zu einem abendlichen Ritual geworden. In der Hand hielt sie fest umklammert eine Pistole. Die schwere der Waffe in ihrer Hand beruhigte sie, ich hatte ihr ewig versucht das abzugewöhnen, doch anders konnte sie nicht schlafen, wurde von Alpträumen geplagt. Es klingt abwegig eine Waffe wie ein Kuscheltier zu behandeln, aber Sophia stark traumatisiert und noch vor einem guten Jahr hatte ich es für abwegig gehalten das tote Laufen können. Die Zeiten hatten sich geändert.
Sophia hatte bereits die Augen geschlossen und ihr Atem ging gleichmäßig, als ich leise rückwärts die Zelle verließ. "Ich halte es immer noch für unklug sie mit einer geladenen Waffe schlafen zu lassen.", Lori hatte sich ihren dicken Bauch haltend neben mich gestellt. "Keiner von euch hat auch nur eine Anstalt gemacht sich Sophia anzunehmen nachdem sich ihre Mutter vor unser aller Augen erschossen hatte. Ihr habt alle weggesehen, aber jetzt kritisiert ihr mich ständig und dabei vergesst ihr ich habe bereits ein Kind großgezogen. Anstatt hinter meinem Rücken zu reden was für eine schlechte Mutter ich doch wäre, könntet ihr mich unterstützen und abgesehen davon...", ich öffnete meine Hand und die goldenen Messingpatronen rollte in meiner Hand hin und her "hältst du mich für so verantwortungslos ein Kind mit einer geladenen Waffe schlafen zu lassen.", damit drehte ich mich um und verließ den Zellenblock. Ich hatte die Kritik an meiner Erziehung satt, seit Monaten sprachen sie hinter meinem Rücken über mich, anstatt mich zu unterstützen. Sophia hatte die Hölle durchgemacht und im Gegensatz zu anderen war sie noch nicht so stark darüber zu stehen. Sie verarbeitete ihre Verluste auf ihre eigene Art und Weise, meine Unterstützung hatte sie dabei sicher.
"Nimm es ihr nicht übel, ihre Gefühle spielen momentan etwas verrückt.", Rick war zu mir in die warme Abendluft Georgias getreten. "Es geht ja nicht nur um jetzt, ich hätte mir allgemein etwas Hilfe gewünscht.", stellte ich klar und lauschte den Grillen, die fast das gurgeln und stöhnen der Beißer am Zaun übertönten. Rick nickte nur und sah betreten zu Boden. "Ist schon okay, du kannst nicht überall sein.", ich gab nach, ich konnte es nicht leiden zu streiten. "Es wird besser versprochen!", Rick legte mir kurz eine Hand auf die Schulter, bevor er sich umdrehte um wieder ins Innere des Gefängnisses zu gehen. Allein ein rosaroter Streif zierte noch den Himmel, er war alles was vom Tag noch übrig war. Ein weiterer Tag den wir in einer toten Welt überlebt hatten, ein weiterer Tag an dem wir ein Stück weniger Ängstlich waren.
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The Walking Dead - No Place is Home
FanfictionWie viele Stunden hat ein Tag, wenn man nicht die Hälfte davon vor dem Fernseher verbringt? Wie lange ist es her, dass wir uns WIRKLICH anstrengen mussten, um etwas zu bekommen, das wir wollten? Wie lange ist es her, dass wir etwas WOLLTEN, das wir...