John PoV
"Es standen Menschenleben auf dem Spiel, Sherlock !", rief ich aufgebracht, mit den Händen so deutlich gestikulierend, dass es aussah, als wolle ich mich mit der Luft anlegen. Doch der Consulting Detective sah nicht einmal von seiner Blutbrobe auf, die er unter dem Mikroskop genauestens inspizierte, tat einfach so, als habe er mich nicht gehört.
Die Situation war einfach zum Verrückt werden."Schön.", stieß ich wütend aus, ließ meine Arme fallen und trat einen Schritt zurück. Wenn er doch unbedingt ein Idiot sein wollte, bitte, dann sollte er. Ich drehte mich auf dem Absatz um, kopfschüttelnd und verließ langsam das Labor. "Es ist ein Virus. Es muss ein Virus sein, warum kann ich ihn nicht nachweisen... Irgendwas stimmt nicht.", waren Sherlocks gemurmelte Worte, die ich auf meinem Weg nach draußen noch verstand. War ja klar. William Sherlock Scott Holmes, das nervenaufreibenste Genie ganz Londons.
Den ganzen Nachmittag hatte ich mich gefragt, wo er war, hatte ihm SMS geschrieben und im Wohnzimmer unserer Wohnung auf ihn gewartet, obwohl Lestrade um dringende Hilfe in einem neuen Fall gebeten hatte.
Doch anstatt sich wie ein normaler Mensch darum zu kümmern, dass es keine weiteren Opfer gab, hatte Sherlock die Identität des Mörders einfach für sich behalten, nur, um noch an eine weitere Blutprobe zu gelangen. Dabei war der Fall bereits Stunden zuvor gelöst gewesen. Idiot.
Die Tür des Labors hatte ich hinter mir laut ins Schloss fallen lassen, nun ging ich ein paar Schritte im Flur auf und ab, um mich zu beruhigen.
"John !", riss mich die aufgeregte Stimme besagten Idiots aus meiner Grübelei. Mit einem Seufzen beendete ich mein beruhigendes Auf- und Abgehen, ich war immer noch wütend.Sherlock tat vieles im Alleingang und das war auch vollkommen okay, aber nicht, wenn er dadurch seine Mitmenschen gefährdete. Er wollte es einfach nicht verstehen. "John !", rief Sherlock erneut, dem daraufhin folgenden, lauten Geklapper nach, schien er aufgesprungen zu sein und begeistert durch sein Labor zu laufen. Obwohl ich ihn nicht sehen konnte wusste ich, welches Glänzen in einem Augenblick wie diesem in den stechend blauen Augen des Detectives lag, wie er seine Hände auf die für ihn so typische Art vor dem Mund zusammengelegt hatte. Obwohl ich immer noch verstimmt war, musste ich lächeln. Bevor diese verräterische Reaktion wieder von meinen Lippen verschwinden konnte, wurde die Tür zum Labor aufgestoßen und Sherlock erschien im Türrahmen, genau den Ausdruck auf dem Gesicht, den ich mir vorgestellt hatte. "John. Ich weiß, dass sie mich gehört haben. Warum kommen sie nicht, wenn ich sie rufe ? Ich bin nicht an mein Handy herangekommen, sie hätten eine Nachricht an Lestrade schicken -", begann er schnell, während er an mir vorbei in den Gang trat, die Hände zusammengelegt vor dem Mund; mit den Fingerspitzen immer wieder aneinandertippend. Doch bevor er seinen Satz beenden konnte, war das Lächeln von meinem Gesicht verschwunden und ich unterbrach ihn :" Ich sollte kommen, damit ich für sie eine SMS schreibe ? Eine SMS Sherlock ?" Dabei wallte meine Verzweiflung erneut in mir auf und ich machte von hinten einen Schritt auf Sherlock zu, welcher mit dem Rücken zu mir stehengeblieben war. "Ist es dir eigentlich vollkommen egal, wie es den Menschen um dich herum geht ? Ist für sie jeder in ihrer Umgebung ein Diener, der springt, wann immer sie rufen ?!", rief ich etwas lauter, nun unmittelbar hinter Sherlock stehend. Ich war einige Zentimeter kleiner als er, weshalb ich etwas nach oben sah und seinen Hinterkopf anstarrte, als wollte ich ihn somit zwingen, eine Gefühlsregung zu zeigen.
Gerade wollte ich wieder davonstürmen, da drehte der Lockenkopf sich zur Seite, sah mir mit seinen ausdrucksvollen Augen in die meinen und murmelte :" Ich muss zur U-Bahn. Sie brauchen nicht auf mich zu warten." Und mit diesen Worten machte er auf dem Absatz kehrt, steckte die Hände in die Taschen seines langen Mantels und stieß die Tür zur Straße auf, durch die er ohne einen weiteren Blick zurück verschwand. "Sherlock, warte !", rief ich ihm laut nach, doch die Tür hatte sich schon geschlossen und Sherlock war auf der nebeligen Straße verschwunden. "Was wollen sie denn an der UBahn ?", murmelte ich dennoch leise vor mich hin, ich konnte es nicht ausstehen, wenn er das tat. Der Fall war doch gelöst, oder nicht ?
Sprachlos stand ich einige Momente im Flur, dann stützte ich mich mit dem Rücken gegen die Wand und lehnte den Kopf etwas nach hinten. Mit geschlossenen Augen versuchte ich, mich zu beruhigen. Konnte dieser Mann sich überhaupt menschlich verhalten ? Einen Moment zögerte ich, überlegte, ob ich ihm nicht doch noch folgen sollte, doch dann fiel mir auf, dass Sherlock gar nicht genau gesagt hatte, zu welcher UBahn-Station er wollte. Wahrscheinlich war es Absicht gewesen. Er wollte wohl lieber alleine sein.Mit einem letzten Seufzen öffnete ich die Augen wieder, nur um eine ziemlich neugierig starrende Molly direkt vor mir zu sehen, die mit einem schelmischen Lächeln im Gang stand. Erschrocken stieß ich mich wieder von der Wand ab. "Molly ? Wie lange stehen sie dort schon ?", fragte ich verstimmt, musste mich heute denn jeder auf die Palme treiben ? "Lange genug, Dr. Watson", antwortete sie nur mit einem kurzen Schulterzucken und verschwand daraufhin in dem Laborzimmer, in dem Sherlock zuvor gearbeitet hatte. Na toll, John. Das war also nicht nur eine Verstimmung mit Sherlock, sondern auch noch ein peinliches Schauspiel.
Aus Reflex fuhr ich mir mit der Hand durch das kurze Haar, musste dabei jedoch direkt wieder an den bekanntesten Detektiv Englands denken. Genug davon !
Um der Situation zu entfliehen, knöpfte ich meinen Mantel zu, öffnete die Tür und machte mich zu Fuß auf den Weg in die Bakerstreet.

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It is what it is - Johnlock
Hayran KurguJohn Watson und Sherlock Holmes jagen seit einiger Zeit den Verbrechern Londons hinterer. Beide ergänzen sich dabei so gut, dass sie Freunde werden - ein für Sherlock bisher unbekannter Zustand. Doch dann versucht der Consulting Detective ungelenk...