Es fühlt sich nicht richtig an... Diese ganze Situation... Es ist so verwirrend und obwohl ich achtzehn Jahre alt bin und somit eigentlich eine erwachsene Person, fühle ich mich gerade eher wie ein Kleines Kind. Ich weiß auch nicht so recht, was ich sagen soll und so starre ich einfach aus dem Fenster und versinke in meinen Gedanken. Was habe ich nur die letzten Jahre alles durchmachen müssen... Meine Familie war so glücklich, alles war gut. Bis meine Großeltern starben. Dann meine Schwester. Wegen mir. Meine Mutter, die unbedingt zu ihrem Baby wollte und es nicht länger ausgehalten hat. Auch sie ist gestorben und dann auch noch mein Vater.
Ich vermisse die alten Zeiten... Die, in denen ich mit meinem Vater auf der Jagt war und wir anschließend den selbstgebackenden Obstkuchen meiner Mutter essen konnten. Die Zeiten, in denen ich meinen Bruder in der Schule verteidigt hatte, mit meiner Schwester das Fahrradfahren gelernt habe und wie ein normaler Junge meinem Hobby dem Parcouring nachgehen konnte. Doch alles hat sich geändert und nun sitze ich hier bei einem wildfremden Mann im Auto und habe die letzte Person in meiner Familie verlassen müssen.
Die Zeit vergeht und ich versinke so sehr in meinen Gedanken, dass ich noch nicht einmal bemerke, wie ich einschlafe. Bilder von den letzten Jahren ziehen an mir vorbei und die Erinnerung an das Lächeln meiner Mutter, das Lachen meiner Schwester oder das Lob meines Vaters, wenn ich mein Ziel getroffen habe, brechen auf mich ein. Gerade jetzt fühle ich mich ihnen so fern... Da erinnere ich mich an die Sprachnachricht meines Vaters... Und ich merke, dass ich das richtige getan habe. Das, egal was es genau ist, muss ich machen um ihn zu schützen. Um Artjom zu schützen.
Irgendwann werde ich wach und strecke mich leicht, ehe ich mich wieder daran erinnere, wo ich mich befinde und blinzelnd aufschaue. Die Landschaft um mich herum hat sich stark verändert. Ich sehe Berge und viel Wald und die Sonne scheint. Aber Moment... War nicht gerade erst Nacht? "Na? Gut geschlafen du Langschläfer?", kann ich nun die neckende Stimme meines Fahrers hören und schaue ihn verwirrt an. "Bitte was...?!", frage ich und räuspere mich dabei. Ich habe wohl länger geschlafen als ich angenommen habe...
"Du hast die letzten zwölf Stunden geschlafen. Und anscheinend hattest du am Anfang einen nicht so schönen Traum. Du hast geweint. Wir fahren noch etwa zwei Stunden, dann sind wir da.", antwortet er und ich starre ihn mit offenem Mund an. Ich bin gerade zwölf Stunden gefahren?! "Wo sind wir?!", frage ich daher eher unsicher und schaue erneut aus dem Fenster. Nichts an dieser Umgebung kommt mir bekannt vor und es sieht so aus, als sei es hier viel wärmer als bei meinem alten Wohnsitz in Russland.
"Wir sind in Deutschland. Knapp unter München, falls dir das etwas sagt.", beantwortet er mir meine Frage und ich starre ihn mit offenem Mund an. "In... Deutschland?!" Ich kann es nicht so wirklich glauben. Ich soll in Deutschland sein? Aber das ergiebt doch keinen Sinn.. Das ist doch... Wie kann er.... Ich... So viele Fragen sind in meinem Kopf und so wenige davon kann ich ausdrücken. Es ist zu viel und ich kann keine Worte bilden. Also schweige ich die restliche Fahrt und starre aus dem Fenster.
Die Wälder werden zunehmend dichter und Tannenbäume ersetzen die Laubbäume. Ich sehe nicht nur einmal ein Feld, welches durch die Sonne und das fehlende Wasser ausgedorrt ist. Es muss also sehr heiß gewesen sein, oder noch immer sein, doch in dem Auto ist es eher angenehm kühl. Nach einer ganzen Zeit hält das Auto mit einem Mal und ich schaue verwirrt auf. ich habe nicht bemerkt, dass er an eine Tankstelle gefahren ist und schaue ihn verwundert an. "Du kannst mitkommen. Ich tanke und kaufe etwas zu essen. Die Bewegung sollte dir gut tun.", meint er nur und schon ist er ausgestiegen. Ich schaue ihm einen Moment verwundert nach, ehe ich ebenfalls aufstehe und ihm folge.
Kaum habe ich die Türe hinter mir geschlossen, atme ich erschrocken aus. Die Luft um mich herum ist so heiß und so trocken. Mein Mund ist mit einem mal so trocken und das Schlucken fällt mir schwer. Als ich ein raues Lachen hinter mir höre, schaue ich auf und sehe den Mann mit den roten Augen, wie er gerade den Tankhahn betätigt. "Ist es ein wenig warm? Gewöhn dich lieber daran. Die Sommer sind hier immer so.", meint er nur und ich schlucke eingeschüchtert. Nachdem wir eine Kleinigkeit gekauft haben und wieder im Auto sitzen, fährt er weiter. ich schaue auf das Essen und erst jetzt bemerke ich, wie hungrig ich wirklich bin.
Es vergeht noch einmal etwa eine Stunde und wir kommen an seinem Ziel an. Es ist ein relativ großer Bauernhof, so wie ich es erkenne. Aber von außen sieht er eher verlassen aus. Ein Blick auf die Seite zeigt mir einen kleinen Hügel, auf dessen Spitze zwischen den Bäumen ein Jägerstand versteckt ist. Ein leichtes Lächeln bildet sich auf meinen Lippen, da ich etwas vertrautes erblickt habe. "Nun komm, wir müssen noch etwas machen."
Ich folge ihm schnell und fächer mit mit meiner Hand auf dem Weg von dem Auto zu der Eingangstüre von einem ehemaligen Stall Luft zu. Diese Temperaturen bin ich einfach nicht gewöhnt. Ich schaue mich neugierig um und kann aber niemanden sehen oder hören. Es scheint, als seien wir alleine. Doch als wir dann in eine Art Halle kommen, kann ich weitere Personen erkennen. Unsicher schaue ich mich um, und als ich höre, wie der Mann meinen Namen ruft, drehe ich mich wieder zu ihm, nur um im nächsten Moment einen stechenden Schmerz in der Brust zu spüren. Ich greife reflexartig an die Stelle und schaue verwirrt herab. Rot... Rot ist das einzige was ich sehe. Als ich meinen Blick wieder zu ihm wende kann ich nur ein grinsen sehen und wie er ein zweites Mal mit der Waffe abdrückt.
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The SHADOWside of Ace
HorrorViele von euch kennen mich. Ace. Der Typ, der Lukas und Demian beinahe erfrieren lassen hat. Der Typ, der Lukas wieder aufgebaut hat und nett zu ihm war. Der Typ, über den man nicht wirklich etwas weiß. Aber das sind andere Geschichten. Hier möchte...