Es ist nun etwa ein Monat vergangen, seitdem ich hier gelandet bin. Ich habe viel von Frank gelernt was die Arbeit an unseren Computern angeht. Auch habe ich von ihm alle wichtigen Informationen bekommen. Franjo Baranow, wie der Mann mit den roten Augen mit komplettem Namen heißt, ist aus einer bekannten Russischen Familie gekommen und hat diese kriminelle Organisation, oder einfach gesagt Mafia, aufgebaut. Er hat seinen Hauptsitz hier in Deutschland und weitere Sitze in der Schweiz, Österreich und Italien sind geplant. Er steht in engem Kontakt zu der, wie Frank meinte, größten russischen Mafia, der Солнцевская братва. Diese sind auch die Drahtzieher bei Artjom und meinem Vater gewesen.
Auch habe ich erfahren, dass der Junge, den ich an meinem ersten Tag in der Badewanne sitten sollte, der persönliche Sklave des Bosses ist. Er hatte sich wohl einen riesen Ärger erlauben müssen, denn die Tage danach habe ich ihn nur selten zu Gesicht bekommen. Zudem schien der Boss sehr sauer gewesen zu sein. Als ich Frank deswegen gefragt hatte meinte er, dass der Junge wohl sogar mehr als einen Tag abgehauen war und schon davor einiges an Ärger gemacht hatte. Ich kann mir nicht einmal vorstellen, wie sauer Mister Baranow gewesen sein musste. Dennoch geht mir sein Blick, als er den Jungen bei Bewusstsein gesehen hatte, nicht mehr aus dem Kopf. Er sah erleichtert und... Glücklich aus. Ich glaube, der Junge liegt ihm mehr am Herzen als er zugeben möchte.
Wenn wir schon beim Thema sind. Ich habe die ganze Zeit Artjom im Kopf. Wie geht es ihm wohl? Ist er wirklich bei unserem Onkel angekommen? Und wird er nun wirklich von der anderen Mafia ferngehalten? Bekommt er alles, was er braucht? Ich bin so verzweifelt weil ich einfach keine Ahnung von seinem Zustand habe. Ich könnte ihn anrufen, aber mein Akku ist leider leer und ich habe vergessen mein Ladekabel einzustecken. Also muss ich bei Gelegenheit mal eins von Frank ausleihen.
Das könnte ich eigentlich auch jetzt machen. Gerade habe ich Mittagspause und somit nichts zu tun. Auch wenn es draußen mittlerweile nicht mehr ganz so warm ist wie noch vor einem Monat, ist es mir noch immer zu warm und so verbringe ich am liebsten zeit in einem der klimatisierten Räume. Also gehe ich zu unserem Zimmer, da Frank und ich uns eins teilen müssen und schaue mich an seinem Platz um. Als ich ein Ladekabel erkenne, gehe ich hin und nehme es mir. Leise summend schlendere ich damit zu meinem Bett und setzte mich darauf, stecke das Kabel ein und krame mein Handy heraus.
Dann geht die Türe auf und ich schaue auf. Es ist Frank und ich lächle ihm leicht zu. "Hey Frank. Alles klar?", begrüße ich ihn und er nickt mir zu, ehe er sich auf sein Bett fallen lässt. Er ist nur knapp fünf Jahre älter als ich und dennoch wirkt er auf mich wie ein Mann mit sehr viel Erfahrung. Er hat mir schon so viel erzählt, von Dingen die er als Junge gelernt hat bis hin zu Dingen, die er erst vor wenigen Jahren gesehen hat. Von seinem ersten Schießtraining bis hin zu Übernachtungen in der Natur. Es ist so interessant seinen Geschichten zu hören... Er erinnert mich ein wenig an Opa Sergej.... "Ich hab mir mal dein Ladekabel geli~", beginne ich, doch werde direkt unterbrochen.
Gerade will ich mein Handy einstecken, da reißt er mir dieses aus der Hand und schaut es genau an. Er wirkt erleichtert und ich löse meine erschrockene Haltung und schaue ihn verwirrt an. "Was soll das? Gib mir mein Handy zurück!", meine ich und mache anstalten, es mir selber zurück zu holen. Doch er wehrt meinen Versuch ab und schaut mich ernst an. "Nein Ace! Du bist tot. Tote haben keine Handys und benutzen sie schon gar nicht. Wenn dein Handy geortet wird und die es hier finden.... Sind wir alle dran!", meint er ernst und ich schlucke. Das habe ich ganz vergessen... Ich bin ja tot...
Drei tage nachdem ich hier angekommen war, hatte ich von Mister Baranow einen Zeitungsartikel gesehen. Darin wurde von der Schießerei berichtet. Davon, dass eine Gruppe bewaffneter ein Haus mit zwei Jugendlichen überfallen wollte und der ältere von beiden aus Notwehr zurück geschossen hat. Dabei ist er - also ich - und einer der Angreifer erschossen wurden. Der jüngere Jugendliche - also Artjom - wurde von seinem Onkel am selben Tag abgeholt und muss diese traumatische Erinnerung verarbeiten.
Das Artjom von einem der "Angreifer" mitgenommen wurde und ich nicht tot bin weiß zwar niemand.... Aber alle glauben es. Also bin ich für alle Welt tot und Artjom sicher vor der Drogenwelt. Aber ich muss ihm sagen, dass ich lebe. Er muss sehen, oder wenigstens wissen, dass es mir gut geht und das ich auf ihn aufpasse. Sonst.... Er hat doch alle verloren. Er kann doch nicht glücklich werden... Oder ist er stärker als ich? Aber er sah so verletzlich aus... So klein und unschuldig... Nein. Ich muss es ihm sagen.
"Frank...? Kannst du mir helfen meinem Bruder eine Nachricht zu übermitteln?"
Es hat lange gedauert... Aber ich habe es geschafft Frank zu überreden. Er hat für mich in eine naheliegenden Ortschaft ein Wegwerfhandy gekauft und wir haben die Daten von meinem alten Handy auf einen unsere Server geladen. Dort sind sie am sichersten und niemand kann darauf zugreifen außer wir. "Okay. Eine Nachricht. Und du darfst nicht sagen, dass du es bist."
Klare Anweisung. Klare Botschaft. Ich schaue lange das Display an. Dann beginne ich zu tippen.
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The SHADOWside of Ace
HorrorViele von euch kennen mich. Ace. Der Typ, der Lukas und Demian beinahe erfrieren lassen hat. Der Typ, der Lukas wieder aufgebaut hat und nett zu ihm war. Der Typ, über den man nicht wirklich etwas weiß. Aber das sind andere Geschichten. Hier möchte...