Kapitel 6 - Bet you believe me

1.2K 76 2
                                    

Ohne Vorwarnung packte mich ein Unwohlsein, was sich nicht mehr ignorieren ließ. Ich fragte mich, wie ich so mit Jonas verharren konnte, wieso legte ich meinen Kopf an seine Schulter? Lag es daran, dass seine Hände sich schmerzhaft in die Seiten meiner Hüfte bohrten? Langsam hob ich meinen Kopf an und drückte zaghaft mit der linken Hand gegen seine Schulter, keinesfalls wollte ich ihn verärgern, oder vor den Kopf stoßen mit meiner Abweisung. Jonas zog fragend eine Augenbraue nach oben und lockerte seinen Griff, damit hatte ich absolut nicht gerechnet. „Alles in Ordnung?", fragte er zaghaft, völlig ungewohnt für mich. Seit wann war er darauf bedacht vorsichtig vorzugehen, sein Verhalten war fast schon zärtlich angehaucht? Habe ich ihm bisher einfach diese Chance verwehrt, passierte das gerade überhaupt wirklich? „Du Jonas, ich...ich muss mal zur Toilette", ich stolperte über meine Worte, denn die Lüge fiel mir nicht gerade leicht, vor allem da er gerade relativ nett zu mir gewesen ist. „Oh okay, dann gehe ich zurück zu den Jungs. Wir sehen uns später!", er ließ mich los, lächelte und ging zu Simon und Finn, die mittlerweile beim vierten oder fünften Bier angekommen waren. Mein Blick wanderte über die tanzende, schwitzende Meute, in Simons Nähe entdeckte ich Karla, die regelrecht an seinen Lippen klebte und ständig lachte wenn er etwas erzählte. Esther stand weiter abseits und unterhielt sich mit einem mir unbekannten Mädchen, die ihre blonden Haare als Bob trug. Ob ich einen Kurs mit ihr besuchte und sie noch nie zuvor bemerkt habe? Im Kopf ging ich meine Kurse durch, überlegte wo meine Mitschüler saßen, doch an dieses Mädchen erinnerte ich mich einfach nicht. Aus irgendeinem Grund schaffte ich es nicht meine Augen von den Beiden abzuwenden, sie sahen einfach so vertraut aus. Das Mädchen schaute sich um und fuhr Esther kurz darauf durch die Haare, irritiert über dieses Bild rieb ich meine Augen. Was passierte da gerade? Esther schaute verlegen zu Boden, drehte sich aber nicht von ihr weg sondern ging noch ein Stück auf sie zu, dabei schien sie rot zu werden. Kopfschüttelnd wand ich mich von ihnen ab und suchte nach dem blonden Lockenkopf in der hinteren Ecke der Disco, doch ich sah sie nirgends. Habe ich mir ihre Anwesenheit hier nur eingebildet? Spielte mein Gehirn mir einen Streich? Und warum wollte ich sie so unbedingt hier antreffen? Ich ging ein paar Schritte nach rechts, nach links, vor und zurück, aber Frau Deckert entdeckte ich nicht.

Gerade als ich mich entnervt auf den Weg zu den Toiletten machen wollte, griff eine Hand nach meiner, woraufhin sich alles in mir aus Angst versteifte, doch dann hörte ich auch schon meinen Namen von einer mir bekannten Stimme: „Lilly? Du bist ja schon hier! Komm mit! Mein Freund steht dort vorn!" Mona zog an meiner Hand und leitete mich auf die andere Seite der Disco, wo wir vor einem breit gebauten Muskelpaket stehenblieben. Er lächelte mich unsicher an, sein Blick wanderte zwischen Mona und mir hin und her. „Du musst Lilly sein? Ich bin Matt, Monas Freund", stellte er sich vor. Er streckte mir seine Hand entgegen und schüttelte sie energisch, Matt schien ein wenig nervös zu sein. Matt trug ein weißes Hemd zu schwarzer Hose, er sah richtig elegant aus, nicht so wie die anderen Jungs hier. Matt hatte perlweiße Zähne, genau wie Mona, vom Aussehen her passten sie richtig gut zusammen. Kurz musterte ich auch Mona, die sich richtig herausgeputzt hatte. Sie trug ein knielanges weißes Kleid, der Schnitt ähnelte meinem, beziehungsweise dem von Karla.

„Freut mich dich kennenzulernen, Matt. Mona hat mich schon ganz neugierig auf dich gemacht, sie hat so viel von dir erzählt!", ich zupfte am Zipfel meines Kleides, als wollte ich kontrollieren auch nicht zu viel zu zeigen und schaute zu Boden. Blickkontakt mit Fremden zu halten fiel mir genauso schwer wie Smalltalk. Ich bin wohl nicht gerade ein toller Gesprächspartner für fremde Menschen, mir wurde schon oft gesagt ich käme manchmal arrogant rüber, wenn ich den Blickkontakt nicht halten würde. „Hoffentlich nur Gutes, jedenfalls hat sie mir von dir nur Positives erzählt", er zwinkerte mir zu und legte seinen Arm um Mona, die sich verliebt an ihn schmiegte und über das ganze Gesicht grinste. „Aber natürlich, sie hat in den höchsten Tönen von dir geschwärmt", meine Augen blieben in der Menge hinter Matt hängen, ein Lockenkopf schob sich gerade mitten hindurch. „Bitte entschuldigt mich kurz. Ich muss mal zur Toilette", nuschelte ich. Ich wusste nicht was in mich gefahren war, keine Ahnung warum meine Beine mich wie automatisch in die Mitte der Disco trieben. Wieso zog Frau Deckert mich so in ihren Bann? Ich legte einen Zahn zu als sie Richtung Bar ging und stolperte dabei fast über meine eigenen Füße, Frau Deckert war ganz schön flott unterwegs. Ich nahm meinen Mut zusammen und räusperte mich, jetzt musste ich nur noch ihren Namen über die Lippen bringen. Plötzlich schob sich jedoch ein Schatten zwischen uns und Frau Deckert verschwand dahinter: „Da bist du ja!"

Midnight Snow - Teil 1Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt