Kapitel 21 - Midnight Snow

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Nach verdammt anstrengenden zwei Stunden in der Kälte, suchten wir in der Nähe vom Elizabeth Tower, auch unter dem Namen Big Ben bekannt, ein Restaurant auf. Die Uhr zeigte schon nach 21 Uhr an und draußen war es stockdunkel. Mittlerweile hing uns allen der Magen vor lauter Hunger, doch ein Blick auf die Preise ließ mich erblassen. Von meinem heimlich ersparten Geld konnte ich nicht jeden Tag essen gehen, keine Chance. Deshalb, genau aus diesem Grund, wollte ich mir auch keine Mütze kaufen, dafür blieb kein Geld übrig. Mit dem Ersparten konnte ich die Pflichtprogramme abdecken und ab und an etwas essen, mehr ist einfach nicht drin. Mit hängenden Schultern studierte ich die Speisekarte, so wie alle anderen, doch während sie freudig etwas bestellten, blieb ich stumm. Ein Stoß in meine Rippen ließ mich herumfahren, Mona sah mich fragend an: „Was willst du haben? Du bist gleich dran!" Ich hielt mir spielerisch den Bauch und sah sie leidend an: „Ich nehme lieber nichts, mir ist total schlecht vom Essen im Flugzeug. Ich habe wohl zu viel gegessen oder es war nicht gut!" Mona beäugte mich kritisch, doch dann lächelte sie: „Hab dir ja gesagt das Essen ist nicht gut, du hättest Mal besser auf mich gehört!" Sofort drehte sie sich wieder um und unterhielt sich mit den anderen, ich dagegen studierte meine Umgebung. Überall an der Wand hingen Bilder von Prominenten, die anscheinend schon einmal hier eingekehrt sind. Hinten links entdeckte ich Ozzy Osbourne, sowie Rita Ora, interessiert schaute ich mich weiter um. Alles hier schien orange zu leuchten, die Deckenleuchten tauchten alles in ein wohliges, warmes Licht, es erinnerte mich an einen Sonnenuntergang am Meer. Weiter rechts sah ich einen großen Spiegel im Barockstil, ich mochte solche antiken Sachen. Ich drehte meinen Kopf noch ein Stück und traf auf Chloes Augen, die mich interessiert und auch fragend musterten. Mit ihren Lippen formte sie das Wort „Essen?" und ich schüttelte den Kopf, Chloe wirkte nicht begeistert. Sie nickte mit dem Kopf Richtung Toilette, stand auf und ich folgte ihr kurze Zeit später. „Was ist los?", fragte sie mich besorgt, kaum dass ich die Toilette betreten hatte. „Mir ist schlecht, ich habe absolut keinen Hunger!", log ich und betete, dass mein Bauch nicht genau jetzt laut zu grummeln begann. „Schlecht? Hast du was Falsches gegessen?", sie trat ein Stück näher und nahm mir die Luft zum Atmen auf diesem kleinen und engen Raum. Der Raum mochte kaum größer sein als zwei Umkleiden bei H&M zusammen, ihr Duft stieg mir betörend in die Nase. „Flu-g-zeug-essen...", stotterte ich und sah weg, damit sie mir die Lüge nicht ansehen konnte. Ihre Hand legte sich an mein Kinn, sodass ich sie wieder ansehen musste. „Brauchst du etwas? Ich hab im Hostel etwas gegen Magenschmerzen...", antwortete sie mit rauer Stimme. „Schon okay, ich halte das aus", gab ich zurück und wich nach hinten aus, nur um dort auf die kalte, geflieste Wand zu treffen. Chloe schien gar nicht zu bemerken wie eng es hier drinnen war, ebenso wenig wie nah sie mittlerweile vor mir stand. Meine Beine fingen an nachzugeben, doch der Wille mich nicht bloßzustellen war größer, ich festigte meinen Stand und sah ihr tief in die Augen. Wie gerne würde ich mich einfach vorlehnen und sie küssen? Ihre zarte Haut unter meinen Fingern spüren, ihren Duft in mir aufnehmen? Wie auf Kommando hörten wir Schritte und wichen voneinander zurück, gerade noch rechtzeitig, denn keine zwei Sekunden später stand Rabea bei uns im Raum. Sie wirkte perplex uns beide hier zu sehen, lächelte unsicher und ging dann kopfnickend an uns vorbei auf die Toilette. Wir verließen die Toilette und gesellten uns zurück zu dem Rest, ich konnte nicht anders als sie die ganze Zeit anzustarren. Unter einem Vorwand, den ich mir selbst aufdrückte, schaute ich ab und an weg, doch Chloe schien wie ein Magnet zu sein, zu dem ich mich immer wieder angezogen fühlte. Ich nuckelte noch immer an meinem ersten Getränk, während schon die zweite Runde an unseren Tisch geliefert wurde, am schlimmsten wurde es für mich als das Essen kam. Mein Magen knurrte vor sich hin und ich war froh über die laute Geräuschkulisse, ansonsten hätte Mona bemerkt wie groß mein Hunger wirklich ist. „Es schmeckt soooo guuuut!", presste Mona zwischen ihren Bissen hervor. Ich schaffte es kaum hinzusehen, sondern spielte mit dem Saum meines Pullis, ich hoffte es lenkte mich genug vom Essen ab.

Midnight Snow - Teil 1Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt