Kapitel 8.

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Am frühen Morgen hing an einem großen Holzbalken in der Mitte des Marktplatzes ein Zettel.

Der Holzbalken stand aufrecht auf einer kleinen Erhöhung, ebenfalls aus Holz.

Die wunderschöne junge Frau wusste – wie jeder andere auch – genau, was das war.

Der Zettel an dem Galgen bestätigte ihre Vermutung.

Sehr geehrte Gemeinde,

Aufgrund der Todesfälle der letzten Tage haben wir beschlossen, jeden sich verdächtig verhaltenden Bürger dieses Dorfes nach einem Prozess, in dem seine Schuld zum Tode dieser armen Menschen bewiesen werden soll, zum Tode verurteilt werden.

Zusätzlich wird eine Ausgangssperre in der Nacht aus dem Dorf eingeführt. Wer sich nicht an die Regelungen hält, macht sich ebenfalls verdächtig und wird zum Tode verurteilt.

Alle anderen Einwohner mahnen wir, sich nicht nachts aus ihrem Haus zu wagen, bis wir die Plage bewältigt haben.

 

Darunter die Unterschrift und das Siegel des Büttels und des Bürgermeisters.

Genauso ausdruckslos.

Echo fragte sich, wieso der Büttel in seinem Brief die Werwölfe nicht erwähnte.

Vor allem anderen schreckte er nicht zurück. Er war gewillt, ahnungslose und unschuldige Menschen hinzurichten. Echo verachtete ihn.

Langsam trieb er seine Untertanen in den Abgrund.

Irgendwer musste ihn aufhalten, bevor er noch mehr Fehler machte.

Nicht weit entfernt von der jungen Frau saß Arduin. Seine Blicke wanderten über den Markt. Er hatte den Zettel bereits mehrmals durchgelesen. Er konnte es nicht glauben. Sein Vater hatte diesem Wahnsinn zugestimmt. Gleichzeitig aber wusste er, dass es richtig war. Dass man die Werwölfe nicht einfach das Dorf vernichten lassen darf.

Und eigentlich war es ihm egal. Sein Vater würde nicht zulassen, dass der Büttel ihn opfern würde. Er machte sich nur Sorgen um die junge Frau, die er seit jeher immer wieder gesehen hatte und in die er sich leider verliebt hatte.

Jane.

Er war sich sicher, sie hatte ihn nie bemerkt, sie wusste sicherlich nicht, dass er überhaupt existierte.

Die Liebe seines Lebens war für ihn unerreichbar. Er hatte alles, er war wohlhabend, nur sie konnte er nie besitzen.

Dabei würde er für sie alles tun, er würde sein Leben für ihres geben.

Arduin beobachtete sie auch heute aus sicherer Entfernung. Gerade verkaufte sie verschiedenes Fleisch auf dem Markt. Der große Platz hatte sich noch nicht richtig gefüllt, es war noch früh am Morgen.

Arduin sollte frisches Obst kaufen. Doch sein Blick hing wie gebannt an ihr. Erst heute hatte er bemerkt, wie schön sie eigentlich war; Die dunkelbraunen Haare fielen ihr auf die Schultern, auch, wenn sie angestrengt versuchte, sie nach hinten zu streichen. Sie waren an den Spitzen leicht gelockt. Ihre großen, mandelförmigen, dunklen Augen schweiften interessiert und trotzdem mysteriös über die Menschen, die sie bediente. Nur sie konnte so gucken.

Leise Stimmen hinter ihm riss Arduin aus seinen Gedanken. Er drehte sich um. Ciwan flüsterte Salim, dem Obstverkäufer etwas zu.

Arduin hatte nichts verstehen können und trotzdem erregten die beiden Männer seine Aufmerksamkeit. Er konnte sich nicht erklären, was die Beiden zu verbergen hatten, wenn nicht...

Die Männer sind um die Ecke gebogen. Arduin lief hinterher.

Die Werwölfe von DüsterwaldWo Geschichten leben. Entdecke jetzt