09: „Ich nehme mir das, was mir zusteht"

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Völlig unerwartet wirst du am folgenden Tag von Sonnenstrahlen geweckt. Die letzten Tage waren ziemlich regnerisch gewesen, wie es im Herbst nun einmal üblich war, aber die glitzernden Regentropfen an deinem Fenster machen dir klar, dass der letzte Regen noch nicht lange her ist. Du streckst dich, während du noch im Bett liegst. Eigentlich möchtest du gar nicht aufstehen. Du hast die letzte Nacht seltsame Träume gehabt, und du hättest schwören können, dass du dich vor sieben Sekunden noch erinnern konntest. Jetzt ist die Erinnerung weg. Vielleicht ist das auch gut so, denkst du dir und seufzt innerlich.

„Hey, Kadett! Der Zugang zu den Räumen ist verboten!", schreit jemand über den Gang, auf dem dein Raum ist. Verwundert runzelst du die Stirn. Plötzlich geht die Tür schwunghaft auf, knallt lautstark gegen die Wand und etwas Zappelndes landet mit seinem vollen Gewicht auf dir.

„Guten Morgen, Onee-chan!" Deine Augen weiten sich. „Nivienne! Du erdrückst mich!" Sie spring vom Bett und grinst dich an. Du zischst. „Tch. Sechzehn Jahre alt und du bist genauso wie früher." „Ich bin auch froh, dich zu sehen, Schwesterherz", entgegnet sie ironisch. Sie streckt dir die Zunge raus, lacht dann aber. „In fünf Minuten ist Frühstück. Captain Levi ist immer sehr grimmig, wenn jemand zu spät kommt. Cecil-san und der Andere sind auch schon unten." „Er heißt James", entgegnest du lachend, während du dich aufsetzt. „Meine ich doch." Sie will gerade dein Zimmer verlassen, da hältst du sie auf. „Nivienne?" „Hm?" Sie sieht dich fragend an.

„Ich hoffe, die letzten fünf Jahre waren nicht allzu schlimm."

Nivienne hebt eine Augenbraue. „Ich hoffe, das war Sarkasmus." Sie seufzt und zuckt mit den Schultern. „Harry ist tot, da kann man nichts machen. Es war ein großer Verlust, aber es hat mich stärker gemacht. Dass Mama und Papa nicht mehr unter uns sind, ist auch schon seit 'ner ganzen Weile, aber ehrlich gesagt war das im Gegensatz dazu eher eine Erleichterung. Als ich aber damals von dir gehört habe, dass du eingefroren bist... ich hatte das Gefühl, niemanden mehr zu haben. Ich habe mich noch nie so einsam gefühlt. Aber durch die Verluste konnte ich die anderen besser verstehen. Meine Freunde, Eren, Mikasa und Armin, kommen alle aus Shiganshina. Sie mussten den Tod ihrer Familie auf eine viel schlimmere Weise erfahren. Dadurch, dass ich mit ihnen darüber reden konnte, sind sie erst meine richtigen Freunde geworden. Ich denke, dass es so passieren musste. Ich habe das Gefühl, dass es Schicksal war. Trotzdem..." Sie lächelte breit, als sie das sagte. „Trotzdem bin ich froh, dich zurückzuhaben. Auch wenn jederzeit etwas passieren kann... ich habe akzeptiert, dass nichts für immer ist."

Du siehst sie erstaunt an. Es war kaum zu glauben, wie erwachsen sie geworden ist. Als sie aber Harry erwähnt, musst du stutzen. „Nivienne, mir tut das wegen Harry wirklich leid. Es wäre alles nicht so gekommen, wenn-" „Das ist nicht deine Schuld, Y/N. Er hat sich das selbst ausgesucht." Sie schiebt sich eine Haarsträhne hinter's Ohr und greift nach der Türklinke. „Sehen wir uns gleich beim Frühstück?" Du nickst. „Ja, klar. Ich muss mich nur noch schnell fertig machen." „Okay! Bis gleich!" Und sie spaziert aus deinem Zimmer, als sei nichts gewesen.

Als du das Esszimmer betrittst, siehst du dich vorsichtig um. Jetzt sind es viel mehr Soldaten als damals; An einem Tisch sitzen wie zuvor Levi, Erwin, Hanji und Mike (jetzt zusätzlich noch James und Cecil), während alle anderen Soldaten auf die restlichen Tische aufgeteilt sind. Nivienne sitzt auf einer Bank zwischen Eren und Armin. Gegenüber sitzt Jean, den sie im Moment eher weniger amüsiert ansieht und alle anfangen zu lachen.

„Y/N! Gut, dass du hier bist!" Hanji kommt dir entgegen und weist mit einer Hand zu ihrem Stammtisch. „Wir werden uns wahrscheinlich erst abends wieder sehen, Y/N. Wir gehen heute mit dem ganzen Trupp tief in den Wald, um mit der Ausrüstung zu trainieren. Ich würde euch drei ja anbieten, mitzukommen, aber ihr könnt da ehrlich gesagt nicht viel machen..." „Alles gut, dann bleiben wir hier", entgegnetest du. „Vielleicht lohnt es sich ja." „Definitiv mehr, als anderen beim Training zuzusehen", antwortet Hanji lachend.

Attack on Titan: How 2 Get A Heichou BACK [Levi x Reader]Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt