(suicide warning)
Draußen ist nichts als das Rauschen der Blätter und das dumpfe Gelächter der Leute in der Burg zu hören. Der Himmel ist dunkel, Sterne funkeln in der fast wolkenlosen Nacht. Anna und du geht die Treppe herunter, Richtung Wald. Anna trägt ihre Ausrüstung und ihren tannengrünen Umhang drüber, denn es ist ziemlich kalt. „Und du bist sicher, dass du das tun möchtest?", fragt sie dich. Du nickst entschlossen. „Ich glaube, ich sollte es nochmal versuchen." Von James und Cecil ist nichts zu sehen - sie sind wohl woanders hingegangen, denkst du dir. „Sollen wir in der Nähe der Burg bleiben, Anna?" Sie nickt. „Ich vertraue dir, Y/N. Ich bin nur für den schlimmsten Fall da." Sie lächelt dir zu. „Viel Glück." „Danke." Du erwiderst ihr Lächeln, bevor du deine Augen schließt und dich erneut dir selbst stellst.
Erneut bist du an dem seltsamen Ort. Du stehst mitten im glitzernden Meer, welches in der Abendsonne warme Farbtöne annimmt. Es ist spät.
„Wieder zurück?"
Die Frau mit den weißen Haaren steht wieder vor dir. „Du solltest aufgeben, Y/N. Hast du James nicht gehört? Du bist mental instabil. Man hat ja gesehen, wozu deine Emotionen geführt haben. Das bedeutet, dass du keine andere Wahl hast, als es sein zu lassen, denn deine Emotionen abschalten kannst du nicht."
„Wer bist du?", fragst du, ohne auf ihre Aussage zu antworten. „Du kommst mir bekannt vor. Bist du Judy?" „Du meinst Areum, das koreanische Mädchen?", erwidert die Frau. „Ich soll sie sein? Keineswegs. Obwohl ich sagen muss, dass sie tatsächlich stärker ist als du. Auch wenn sie nicht mit mir auf einer Höhe steht, hat sie Stärke bewiesen. Und du?"
Sie macht eine kurze Pause.
„Du hast dich davon fertigmachen lassen, dass du nicht anerkannt wurdest. Dein emotionaler Zustand ist mit einem Kartenhaus vergleichbar, so leicht zerbrechlich. Du bist privilegiert aufgewachsen, musstest nie um deine Existenz fürchten, weil du keine Arbeit oder kein Essen hattest. Deine Kindheit und Jugend hat dich extrem geprägt, es verfolgt dich. Du bist nicht dafür gemacht, diese Kraft in dir zu halten. Es gab nur jemanden, der an dich geglaubt hat." „Judy hat nicht an mich geglaubt." Du senkst den Kopf. „Sie hat auf mich herabgeblickt. Sie wusste, dass das passiert, da bin ich mir sicher." „Möchtest du also Mitleid, Y/N?" Sie macht eine schnelle Handbewegung. Mit einem Mal lassen deine Beine nach, du landest auf den Knien im Wasser, zusammengekauert. „Möchtest du Mitleid für deine Leidensgeschichte? Wenn du dachtest, dass du irgendwann bekommst, was du zu verdienen glaubst, stimmt das nicht, Y/N. So ist es nun einmal, diese Welt ist nicht fair. Alle Menschen dieser Welt verlieren bloß immer mehr. Du gehörst nicht mal zu denen, die es am schlimmsten haben. Möchtest du durch deine Kraft autoritär wirken? Möchtest du Rache? Du bist jetzt schon nicht mehr zu retten."
„Sag mal..." Zum ersten Mal siehst du wieder auf. Diese Person, im Meer stehend, ihre Gestalt so finster, dass sie überhaupt nicht in die Szenerie passt... und dazu noch, wie gut wie über alles Bescheid weiß...
„Existiert du tatsächlich?"
Das gängige Grinsen der Frau bleibt. Ihre Miene ändert sich kein bisschen. Ihre roten Augen scheinen bloß weiter auf dich herunter, so herablassend.
„Schau um dich herum, Y/N. Sieh dir an, wie du dein eigenes Leben zerstört hast."
Du tust, was sie sagt. Erinnerungen erscheinen um euch herum. Deine Augen weiten sich. Du siehst dich als Kleinkind, als deine Mutter dir mit der flachen Hand auf die Wange schlägt und dich anschreit. Wie du es aufgegeben hast, dich zu wehren, dich deinem Schicksal gebeugt hast. Von außen - vor allem gegenüber deiner Schwester - scheinst du so nett und unscheinbar, aber kaum bist du allein, kochst du innerlich vor Wut. Diese Einsamkeit, diese Traurigkeit, dieses Gefühl von Ungerechtigkeit... Wie du deinen Bruder verabscheust, weil deine Eltern ihn grundlos ganz anders behandeln, während du immer mehr hinterfragst, wieviel Sinn dieses lächerliche Leben noch macht. Du siehst dich zusammen mit deiner Cousine Vivienne, wie ihr zusammen für das Militär trainiert, im Frühling, Sommer, Herbst, selbst im kalten Winter, wo du so weit gehst, dich selbst der ungewöhnlichen Kälte auszusetzen. Dein Herz zieht sich zusammen, als du an diese Zeit denkst. Einerseits hast du gehofft, dass jemand dich rettet, als du kurz vor der Bewusstlosigkeit warst, andererseits sahst du keinen Sinn mehr, irgendetwas weiterzumachen. Doch Harry hat dich gerettet, sich um dich gekümmert. Es tut dir immer noch leid, wie du ihn behandelt hast, denn du hast längst verstanden, dass du einfach nur deine tobende Wut an ihm ausgelassen hast. Wie konntest du? Wenn du gewusst hättest, dass er wegen dir sterben würde, hättest du es nicht getan?
Trotzdem sinkst du immer tiefer in deine Taubheit, deine Gedanken werden immer dunkler und es fällt immer schwieriger, in der Öffentlichkeit Reden oder Vorträge mit deiner Maske vorzutragen. Du siehst Bilder von dir selbst, wie du dich im Bad eingeschlossen hast und mit aufgeschnittenen Armen in der heißen Badewanne auf deinen Tod gewartet hast - ein Ort, an dem du wohl erst gefunden würdest, wenn es zu spät war.
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Attack on Titan: How 2 Get A Heichou BACK [Levi x Reader]
FanfictionNach fünf Jahren Isolation wachst du in der albtraumähnlichen Realität auf. Ein Anschlag auf deine Residenz ist erfolgt und ein Täter muss ermittelt werden. Zum Glück hast du jetzt Menschen an deiner Seite, die dir helfen, denn abgesehen davon schei...