Kapitel 5

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Panisch schlug ich die Augen auf und erschrak heftig, als ich direkt in zwei braune Augen sah.
"Etwa kein schöner Anblick, als Erstes am Tag in meine Fresse sehen zu müssen?", fragte Newt mit einem spöttischen Grinsen. Ich antwortete nicht, sondern sah ihn nur finster an. "Was ist los?", fragte ich stattdessen. Die Sonne war noch nicht einmal aufgegangen und ein dämmriges Licht lag über dem Wald. Vereinzelnd hörte ich ein paar Jungen schnarchen oder im Schlaf reden, ansonsten war es komplett still. "Der Rundgang, das ist los", antwortete er und wartete darauf, dass ich aufstand. "Warum denn so früh?", ich hatte vielleicht sechs Stunden geschlafen und der Tag von gestern lag mir noch in den Gliedern. Außerdem tat meine Schulter von Georges Anfall noch immer weh. Von wegen Schlaf hilft bei sowas. Ich fühlte mich sogar noch schlechter als Gestern, zusätzlich mit meiner Müdigkeit. "Wirst du schon sehen. Komm mit", Newt wirkte jetzt ein wenig ungeduldig. An seinem Handgelenk sah ich eine Abgenutzte Uhr, konnte aber die Zeit nicht erkennen, also gab ich mich geschlagen. Schlafen konnte ich nach meinem Schreck nicht mehr und ich konnte nicht behaupten, dass ich nicht neugierig war.
Also stand ich auf, Band meine Haare, die mir etwas über die Schultern gingen hinten in einem Zopf zusammen. Newt war schon etwas vorgegangen und schien nicht länger auf mich warten zu wollen, weswegen ich ihm hinterher lief.
"Alby hat dir die Regeln ja schon erklärt. Hast du noch irgendwelche Fragen?" Ich sah in an, ob er die Frage ernst meinte. Ja, tausende, wollte ich antworten. "Wieso kann ich mich an nichts hiervor erinnern?".
Newt schüttelte den Kopf, "Können wir alle nicht. Das weiß also niemand, außer den Schöpfern". Auf meinen fragenden Blick fügte er hinzu: "Diejenigen, die uns hier her geschickt haben. Die Frischlinge kommen einma im Monat in der Box, so wie du auch. Durch sie kriegen wir auch Nahrungsmittel, Kleidung und Ausrüstung. Jeder von uns war einmal neu hier, du wirst dich daran gewöhnen". Müssen, fügte ich in Hedanken hinzu.
Wir gingen eine Weile schweigend nebeneinander her, bis er wieder das Wort ergriff. "Du wirst arbeiten müssen, ein paar Tage lang jeden Beruf ausprobieren. Das dort", er deutete auf ein Gebäude, dass umgeben von einem Zaun lag, "Ist das Bluthaus, wo wir die Tiere halten. Dort drüben", er dreht sich um und zeigte auf das Haus, in dem gestern die Versammlung war, "ist das Versammlungshaus. Es gibt einen Hüter von jedem Beruf, die dort eine Versammlung abhalten und so Entscheidungen treffen. Die Hüter schlafen dort im Gehöft".
Ich nickte. Newt war gestern bei der Versammlung nicht dabei gewesen, er war also keiner von diesen Hütern. "Welche Berufe gibt es denn?", fragte ich ihn.
"Die Schlitzer, dort im Bluthaus. Winston ist ihr Hüter, er ist ganz in Ordnung. Dort drüben sind die Baumeister, Gally hast du ja schon kennengelernt". Ich schnaubte unbeabsichtigt beim Namen von Gally. Newt reavierte zum Glüvk nicht, ich meinte aber eine Andeutung eines Lächelns zu sehen. "Dort drüben in den Gärten sind die Hackenhauer, sie kümmern sich um die Felder und die Nahrung. Und dann gibt es noch die Sanis", Newt war weitergegangen und wir standen vor einem kleineren Gebäude etwas abseits gelegen. "Sie kümmern sich um die Verletzten oder die, die gestochen wurden". Verwundert folgte ich seinem Blick.
"Gestochen? Was soll das heißen?", doch Newt schien mir nicht antworten zu wollen. Sein Blick hatte sich auf das Labyrinth fokussiert und er wirkte ein wenig abwesend. "Newt?", vorsichtig sprach ich ihn an. "Komm mit", sagte er nur.
Wir gingen auf den Waldrand zu und er lehnte sich gegen einen der Bäume. Von hier aus sah man das Labyrinth genauer. Die dunkelgrauen Steinwände, die vor uns aufragten hatten etwas bedrohliches an sich. Als würden sie nach uns rufen, hineinzugehen.
Plötzlich fiel mir etwas auf. Die riesigen Schlitze, die noch am Vortag in der Mauer zu sehen waren, waren verschwunden. Nirgendwo war eine Art Öffnung zu sehen, nicht einmal der kleinste Spalt, geschweige denn die Riesigen Spalten, die in jeder Himmelsrichtung die Mauern unterteilten. Verwirrt blickte ich mich um, doch auch die anderen waren weg.
"Wie... ", setzte ich an, verstummte jedoch sofort, als ich Newts Ausdruck sah. Mit einer Mischung aus unbändiger Wut und Abscheu blickte er starr auf die Mauern des Labyrinths. Zwei Jungen standen nun vor der Mauer. Von weitem erkannte ich ihre Gesichter nicht, meinte aber George zu erkennen, der mich angegriffen hatte. War er schon wieder frei? Was taten die Beiden Jungen dort an der Mauer?

Meine Gedanken wurden jäh durch ein lautes dröhnen unterbrochen, dass mir durch die Glieder fuhr.

DESTINY - Newt TMR ✔️Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt