Meine neue Familie

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Nun war ich also eine Jägerin im Dienste der Göttin Artemis. Nachdem sie mich als Anführerin ihrer Truppe herzlich Willkommen geheißen hatte, taten ihre Schützlinge es ihr gleich. Nachdem sich der allgemeine Ansturm etwas gelegt hatte, trat eine der größeren Mädchen an meine Seite. Es trug eine Uniform mit einer Farbe ähnlich der des Mondes und hatte einen silbernen Reif in ihrem langen und dunklen Haar. "Auch von meiner Seite bist Du herzlich bei den Jägerinnen willkommen, Zoë", begrüßte sie mich freundlich. "Mein Name ist Willow und ich bin der Lieutenant." "Es freut mich sehr deine Bekanntschaft zu machen", erwiderte ich ihren Gruß mit einem Lächeln. "Komm", meinte Willow ebenfalls lächelnd, "ich zeige Dir unser Lager und führ Dich rum." 

"Ihr seid ganz schön viele", bemerkte ich, als wir durch das große Lager schlenderten. "Seid ihr denn alle..... ähm.... von der selben Mythologie?" Willow lachte und schüttelte den Kopf. "Nein, hier findest Du so ziemlich jede Kultur vor. Wir haben Halbgötter, Menschen, Naiaden, Nymphen und Dryaden, aber hier in diesem Camp, unter dem Schutz von Artemis, sind wir alle Schwestern und durch die Jagd miteinander verbunden. Und nun haben wir auch eine Hesperide in unseren Reihen." Ich schmunzelte. Der Gedanke an meine Familie und den Garten schmerzte - seitdem ich hier im Lager der Göttin Artemis angekommen war - nicht mehr so stark wie noch anfangs. Und auch die Sache mit Herkules hatte ich verdrängt. "Was hältst du davon, wenn Du mir ein wenig was von Deiner Schwertkunst zeigst, Zoë?", fragte Willow. "Artemis hat mir vorhin erzählt, dass Du einen Höllenhund mit deinem Schwert angegriffen hast." "Na ja", erwiderte ich und schaute verlegen zu Boden. "Ich hab es nach kurzer Zeit verloren. Nämlich ab dem Moment, als ich fürchtete, von ihm bei lebendigem Leibe gefressen zu werden." Willow lachte. Es war kein höhnisches Lachen. "Mach Dir nichts draus", sagte sie und schüttelte den Kopf. "Das wäre jeder von uns passiert. Diese Biester sind heimtückisch und gefährlich." 

Wir hatten den Bereich mit den Zelten der Jägerinnen verlassen und befanden uns nun an einer Art Kampffeld. Hier hingen - in einigem Abstand einige Ziele, welche mit einem kleinen roten Punkt markiert waren. "Hier üben wir mit Pfeil und Bogen", erklärte Willow, als sie meinem Blick gefolgt war. "Und da drüben", meinte sie und deutete auf ein weiteres kleines unbewachsenes Feld, "ist unser Übungskampf für Schwertkämpfe." 

Beim Übungskampf mit Willow stellte ich mich gar nicht so dumm und ungeschickt an, wie ich es anfangs für kurze Zeit gedacht hatte, doch trotzdem musste ich mir eingestehen, dass sie mir einiges voraus hatte. Dass ich ihr unterlegen war, störte mich nicht im Geringsten. Sie war länger bei Artemis im Dienst, hatte vermutlich schon viele Schlachten ausgefochten und war nun mal der Lieutenant der Truppe. Und das bedeutete, in meinen Augen, nun mal die Stärkste zu sein. "Das war wirklich nicht übel, Zoë", lobte Willow und grinste mich an. Wir traten den Rückweg an und wurden bereits von den anderen Jägerinnen, welche sich um einen großen Tisch versammelt hatten, bereits erwartet. 

"Ich find's toll, dass Du jetzt bei uns bist", meinte Willow, die neben mir Platz genommen hatte. Wir alle befanden uns nun beim Essen und manche hatten sich zu kleineren Gruppen zusammengeschlossen und unterhielten sich leise. Hier schien es keine Feindschaft, Missgunst oder dergleichen zu geben. "Ich.... ich find es hier auch ganz toll", antwortete ich ehrlich und lächelte meiner neuen Freundin zu. "Ganz gleich, ob Du eine Verräterin oder sonst was bist", lächelte Willow zurück. "Hier kannst Du ganz neu anfangen." 

Ihre Worte hatten den letzten schweren Brocken von meinem Herzen genommen. Hier war jetzt mein Zuhause. Und - wie ich spürte - mein RICHTIGES Zuhause.  

The Life of Zoë NightshadeWo Geschichten leben. Entdecke jetzt