Das Ende der Jagd

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Der Kampf gegen Callisto steckte uns allen noch in den Knochen und für den Rest der Nacht war es still in unserem Lager. Niemand von uns verlor auch nur ein Wort über das gestrige Erlebte, auch nicht, als wir uns alle im Speisezelt einfanden, um eine Kleinigkeit zu uns zu nehmen. Auch zeigten wir kaum eine Reaktion, als Artemis von einem ihrer Streifzüge zurückgekommen war und uns eröffnete, dass sie Orions Spur aufgenommen hatte, welcher wir am nächsten Morgen folgen würden. Schweigsam aßen wir nebeneinander her, auch die gelegentlichen Gespräche waren verstummt und nachdem wir unser Nachtessen zu uns genommen hatten, zogen wir uns still und leise in unsere Zelte zurück. Als ich mich in mein Bett begab, wurde mir allmählich bewusst, weshalb unsere Stimmung auf dem Tiefpunkt war. Wir hatten eine der Unseren getötet. Eine Jägerin in einem Bärenkörper.... Ich verbrachte den Rest der Nacht ohne Albträume. 

Die Morgensonne schickte einen ihrer Strahlen durch mein Zelt und ich sprang aus meinem Bett. Ich hatte die gestrigen Erlebnisse verdaut und war bereit für den heutigen Tag. Heute würden wir Orion zum letzten Mal angreifen. Während ich mich auf den Weg zum Speisezelt machte, hörte ich schon das aufgeregte Geplapper meiner Waffenschwestern, welches normalerweise beim Essen entstand, nichts war mehr von der dunklen Stimmung vom Vorabend zu spüren. Ein kleines Lächeln umspielte meine Lippen, als ich sah, dass meine Schwestern den letzten Abend offenbar überstanden hatten. Ich entdeckte Grace, die sich mit einer anderen Jägerin, Michelle, unterhielt. Ich schnappte mir einen Joghurt und einen Apfel und gesellte mich zu den beiden, die sich ausgelassen darüber unterhielten, was sie mit Orion anstellen würden, wenn sie ihm begegnen. "Ich werd ihn so lange mit meinen Pfeilen beschießen, bis sie mir ausgegangen sind", meinte Grace grinsend. "Und dann werde ich ihm meinen Speer und meinen Dolch so tief durchbohren, dass er seine lächerliche Jagd auf uns sein lässt und uns nicht noch einmal betrügt." "Ganz die Tochter von Ares", schmunzelte Michelle und klopfte Grace freundschaftlich auf die Schulter. "Du wirst dieses Abenteuer genießen, nehme ich an." Wir drei lachten, bevor Michelle ihrerseits das Wort ergriff. "Ich glaube, wenn ich Orion entdecke, werde ich meine Pfeile außen vor lassen. Ich werde ihn direkt mit meinem Messer malträtieren und zwar überall, wo er nicht durch seine Rüstung geschützt ist." 

"Sehr gute Ideen", lobte ich und schmunzelte erneut. "Ich persönlich stehe da voll und ganz hinter Euch, aber ihr solltet nicht vergessen, dass Artemis bereits einen Plan ausgearbeitet hat. Einen Plan, der mit ziemlicher Sicherheit dafür sorgt, dass er für all das, was er uns und jedem anderen angetan hat, den Tartarus erreicht. Bei allen Göttern, wir werden unsere gefallenen Schwestern rächen", meinte ich leise und ich erntete zustimmendes Nicken von Grace und Michelle. 

Inzwischen waren wir zu unseren anderen Schwestern zurückgekehrt, die schon erwartungsvoll warteten. Ich spürte, dass sie endlich losziehen wollten. "Rache für unsere getöteten Schwestern", wiederholte ich. "Es wird Spaß machen, Orion mit all unseren Waffen zu pieksen", meinte ich und wir stimmten alle in gemeinsames Gelächter ein, was noch anhielt, als Artemis die Szenerie betrat. 

Nachdem wir fertig waren und Artemis uns erwartungsvoll ansah, erwiderten wir ihren Blick. Auch sie ließ ein kleines Kichern hören und richtete dann das Wort an uns: "Ich schätze, ihr alle seid schon bereit, loszuziehen, richtig?" Wir alle nickten und sie gab das Zeichen zum Aufbrechen. Während die anderen noch dabei waren, ihre restlichen Waffen einzusammeln, suchte ich Artemis an ihrem persönlichen Zelt auf. "Edle Artemis, auf ein Wort", sprach ich sie an. Sie nickte und sah mich ihrerseits fragend an. "Ja, Zoë?" "Was ist.....", begann ich leicht nervös, "was ist, wenn wir wieder in einen Hinterhalt Orions geraten? Ich meine..... meine Schwestern sind Feuer und Flamme, was diese Mission angeht, aber ich wäre ein schlechter Lieutenant, wenn ich sie in eine Schlacht führe, die von vornherein zum Scheitern verurteilt ist." "Zoë", antwortete Artemis freundlich, "glaube mir, ich verstehe deine Bedenken. Sie sind nicht unbegründet. Aber, die Verluste der gefallenen Schwestern sind geschehen, weil ich nicht vor Ort war. Dieses Mal bin ich es und sollte etwas falsch laufen, so werde ich eingreifen. Orions blutiger Kreuzzug muss enden, Zoê - und heute wird er das. Sei unbesorgt." "Ich vertraue Euch, Edle Artemis", sagte ich ehrlich. "Es ist nur..... ich habe viele meiner Schwestern sterben sehen. Schwestern, die mir wichtig gewesen waren. Und ich habe Angst, diese hier in den Tod zu führen." Artemis' Blick war voll Freundlichkeit und Güte, als sie mich in ihre Umarmung zog. "Zoë, Du und deine Schwestern sind nicht länger nur Jägerinnen, ihr seid meine Familie und meine Waffenschwestern, niemals würde ich euch eine solche Mission auftragen, wenn ich nicht dafür sorgen könnte, dass euch nichts geschieht." Sie löste die Umarmung und nickte mir mit einem Lächeln zu. "Und nun halte auch Du dich bereit. Bald schon brechen wir auf." 

The Life of Zoë NightshadeWo Geschichten leben. Entdecke jetzt