Was zu tun ist

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Wir verbrachten fast den gesamten Vormittag noch damit, hinter Orion aufzuräumen und nachdem wir die Reparaturarbeiten erledigt und die ausgerissenen Bäume beseitigt hatten, saßen wir am Lagerfeuer, frühstückten  und unterhielten uns. Es war - zumindest an diesem Tag - unser erstes Frühstück. Und während wir aßen, beratschlagten wir, was im Bezug auf Orion und die Verwünschung durch Apollo zu tun wäre. Einige der Mädchen äußerten eindeutig, was sie mit Apollo tun würden, wenn er hier im Lager noch einmal auftauchen würde.... bevor die "Vorschläge" der Mädchen zu wüst wurden, brachte uns Artemis zum Schweigen (Apollo wäre dankbar dafür, möchte ich wetten), sie meinte, dass sie das Thema Orion bei der nächsten Sitzung aller Götter ansprechen würde, weil die Götter ihn mit Sicherheit aufspüren könnten. 

"Lady Artemis", sprach ich unsere Göttin zwischen zwei Bissen an, "vielleicht.... vielleicht solltet ihr nach Orion suchen und ihn bitten, mit dieser Zerstörerei aufzuhören. Möglicherweise hört er auf Euch." "Oh, von Herzen würde ich das tun, meine liebe Zoë", lautete ihre Antwort, "aber was ist, wenn er zurückkommt, während ich nach ihm suche? Ich würde es nicht verantworten können, wenn Euch allen etwas zustieße." Protestrufe unsererseits wurden laut, doch Artemis schüttelte den Kopf. "Keine Sorge, meine Lieben", sagte sie, "ich weiß, ihr könnt auf Euch selbst achten, aber ich wäre trotzdem besorgt." "Aber, Edle Artemis", ergriff Grace das Wort, "irgendetwas muss doch hier zu machen sein. Ich meine, wir können doch nicht....." "Meine lieben Mädchen, mir geht es besonders nah, Euch mitzuteilen, dass es im Bezug auf Orion nur eine Entscheidung gibt. Und - glaubt mir - diese Entscheidung fällt mir wahrlich sehr schwer." Sie machte eine kurze Pause, holte Luft und sagte weiter: "Die Entscheidung ist es, Orion zu verfolgen. Ihn zu verfolgen und zu töten." 

Diese Aussage schockte uns. Wir schauten betreten zu Boden und brachten kein Wort heraus. Wir alle wussten, dass Artemis im Grunde genommen Recht hatte. Es war Apollos Schuld gewesen, dass Orion wahnsinnig geworden war. Dass er auf alles und jeden losging, was sich bewegte. Still pflichteten wir Artemis bei und sie gab das Zeichen zum Aufbruch. 

Ich war nun schon knapp ein Jahrhundert bei den Jägerinnen und dennoch faszinierte es mich immer wieder, wie schnell sie ein Lager abbrechen konnten. Nachdem wir uns alle versammelt hatten, richtete Artemis erneut das Wort an uns. "Orion hat den Weg weiter nordwärts eingeschlagen. Es wird einfach sein, ihm zu folgen, da er eine Spur der Verwüstung hinterlassen hat." 

Unter der Führung Artemis' folgten wir Stunde um Stunde, Kilometer um Kilometer der Spur aus zerstörten Gebäuden, ausgerissenen Bäumen und erschlagenen Leichen. Es war ein grausiger Anblick. Als die Nacht über uns hereinbrach, schlugen wir in einem Wald unser neues Lager auf und Artemis teilte die Nachtwache ein. 

Die erste Nachtwache war ich. Sorgfältig achtete ich auf jede Regung, die sich um unsere Umgebung herum tat, bis auch ich - ein wenig abseits - mich niederließ und einen Blick auf die Sterne warf. Sie leuchteten nicht mehr so schön wie in den Nächten zuvor und während ich so hinaufschaute, überkam mich so etwas wie eine leichte Traurigkeit. Ich dachte an die Erlebnisse zurück, in denen Männer vorgekommen waren. Herkules..... Orion..... ich dachte daran, dass Herkules - um sein Ziel zu erreichen, mich ausgenutzt hatte, was zur Verbannung aus dem Hesperiden-Garten zur Folge hatte..... an Orion, der vor wenigen Tagen unser altes Lager dem Erdboden gleichgemacht hatte und auch daran, dass sein Vergehen auf Apollos Schultern ruhte. Und ich dachte an meine neue Familie...... an die Jägerinnen.... an Artemis, der sie gehorchten. Sie hatten mich herzlich bei sich aufgenommen und meine alten Wunden zusammengeflickt. Für sie lohnte es sich zu sterben, da ich sie alle nun als meine wahre Familie betrachtete. Mit den Gedanken an sie und einen Lächeln auf den Lippen, schlief auch ich nach einer Weile ein. 

Ich schreckte hoch, als ich plötzlich eine sanfte Berührung auf meiner Schulter spürte und sah in das Gesicht unseres Lieutenants. "Du solltest zu Bett", meinte sie freundlich. "Jetzt ist meine Wache." Ich lächelte, nickte und zog mich nun meinerseits in mein Zelt zurück. 

Ich würde Artemis einmal ausführlich dafür danken müssen, dass sie mich in den Kreis ihrer Jägerinnen aufgenommen hatte. Sobald ich es mir in meinem Zelt gemütlich gemacht hatte, überkam mich erneut der Schlaf.     

The Life of Zoë NightshadeWo Geschichten leben. Entdecke jetzt