Geschwisterkampf

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An diesem Morgen war es der Alarm, der mich aus meiner 5-stündigen Nachtruhe riss. Der Alarm, der durch unser Lager schallte und ein solcher Lärm, als wäre der Hades ausgebrochen. Meine Müdigkeit verflog rasch, als ich einen Blick aus meinem Zelt warf. Einige meiner Waffenschwestern brüllten durcheinander, rannten hin und her, während sie versuchten, dem gigantischen Schatten zu entkommen, der Jägerin um Jägerin fällte und Zelt um Zelt zerstörte. Orion war über uns hereingebrochen und erfüllt seinen Fluch. Mit schreckgeweiteten Augen und fassungslos wurde ich Zeugin, wie er Gefährtinnen wie Claire tötete. Nachdem ich den ersten Schock überwunden hatte, griff ich nach meinem Bogen und meinem Schwert und stürmte - noch immer bekleidet mit meiner Jägerinnen-Uniform - nach draußen. 

Von hier sah das angerichtete Gemetzel noch um einiges schlimmer aus als von meinem sicheren Zelt aus. Auf dem Boden verstreut entdeckte ich einige leblose Körper, Körper von Freundinnen.... Jagdgefährtinnen..... ich entdeckte beispielsweise den Körper von Claire. Claire war noch eine von den jüngeren Jägerinnen gewesen, die - so hatte ich erfahren - noch nicht so lange unter Artemis' Diensten stand. Auch andere mir bekannte tote Mädchen konnte ich ausmachen. Ich durfte mich jetzt nicht der Trauer hingeben, nicht, wenn ich wollte, dass auch ich für meinen Ex-Bruder Orion ein leichtes Ziel werde. Ich schüttelte - so gut ich konnte - die Traurigkeit ab und fasste einen klaren Gedanken. Im Laufen zog ich mein Schwert aus der Scheide und rief mit versucht kräftiger Stimme: "Jägerinnen! Zu mir!" Die sich teilweise noch in ihren Zelten befindlichen (und lebenden) Jägerinnen hörten meinen Ruf, verschafften sich schnell einen Blick über die gesamte Situation und fanden sich bei mir ein. Auch Grace und ihre Truppe, die Orion - den Göttern sei Dank - noch nicht erwischt hatte, traten an meine Seite. Ich warf unserem Lieutenant einen fragenden Blick zu, welchen sie lächelnd erwiderte. "Jägerinnen", rief ich, "sucht nach möglichen Überlebenden. Versammelt sie und bringt sie her. Gemeinsam werden wir unserem Bruder...... nein..... werden wir Orion zeigen, was es bedeutet, sich mit den Jägerinnen der Artemis anzulegen! Für Artemis!", rief ich und hob mein Schwert. 

"Für Artemis!", wiederholten die verbleibenden Jägerinnen meinen Ruf. Wir nahmen die noch jüngeren und im Kampf noch ein wenig unerfahrenen Mädchen in unsere Mitte und behielten unsere Umgebung achtsam und auf jede äußere Regung achtend im Auge. 

"Orion", erhob ich meine Stimme erneut, "wo versteckst Du dich? Komm raus aus Deinem Versteck und stell dich!" Mein Rufen wurde mit einem Pfeilregen beantwortet. Orion musste hier irgendwo sein. "Bleibt dicht zusammen", murmelte ich meinen Kampfgefährtinnen zu, "lasst die Umgebung nicht aus den Augen und -". Plötzlich nahm ich aus den Augenwinkeln eine Bewegung wahr. Es gelang mir noch einen Warnruf auszustoßen, als plötzlich Monster aus den Gebüschen um uns herum sprangen. Aus ihren Mäulern tropfte der Geifer und ihre stechend gelben Augen fixierten uns. "Was sind das für Monster?", fragte ich ein Mädchen namens Amelia, das direkt neben mir stand. "Werwölfe", antwortete sie, "bewegt euch ganz vorsichtig und -". Plötzlich sprang einer dieser..... Werwölfe mit einem lauten Knurren vor und griff an. Amelia hatte Mühe, den Wolf abzuwehren und plötzlich gingen auch die anderen Monster zum Angriff über. Wir konnten dem Angriff der Wölfe nur bedingt standhalten, da wir hauptsächlich in den Fähigkeiten der Bogenschützen ausgebildet worden waren. Außerdem agierte Orion noch immer im Hintergrund, in dem er Pfeil um Pfeil schoss. Die Mädchen, die von den Wölfen erwischt worden, begangen Selbstmord, um nicht als Monster zu enden, andere verloren ihr Leben durch die gut gezielten Pfeife unseres Ex-Bruders. 

Die Schlacht um unser Lager und vor allem um unsere Leben zog sich und je länger es dauerte und je blutiger es wurde, schien es Orion aus seinem Versteck zu gefallen. Gerade hatte ich einen der angreifenden Wölfe niedergestreckt, als er drauf und dran war, sich auf die überraschte Amelia zu stürzen, dann entdeckte ich - in einigen Metern Entfernung und versteckt hinter einem massigen Baum - eine große Gestalt. Eine vage Idee formte sich in meinen Gedanken. Möglicherweise eine dumme Idee, aber ich musste es einfach versuchen. Orions Angriff hatte schon zu vielen meiner Schwestern das Leben gekostet. Dieses Blutvergießen MUSSTE aufhören. "Ich brauche Dich", flüsterte ich Amelia leise zu und sie schaute mich fragend an. "Was hast Du vor?", wollte sie wissen. "Etwas, von dem ich hoffe, dass es dazu führt, dass dieser Kampf ohne weitere Verluste endet", erwiderte ich und fügte leise hinzu: "Den Kampf oder mein Leben." Ich schulterte meinen Bogen und bewegte mich vorsichtig auf die Richtung zu, in der ich Orions riesenhafte Gestalt ausgemacht hatte. 

The Life of Zoë NightshadeWo Geschichten leben. Entdecke jetzt