Nach der Schlacht

32 1 0
                                    

Ich erwachte am Morgen mit einer ziemlichen Begeisterung und die Geschehnisse des gestrigen Tages schienen mich zu verfolgen. Ich hatte eine erste richtige Schlacht miterlebt und in dieser leider einige Freundinnen verloren. Und Artemis hatte mich - nachdem wir dies überstanden hatten - zum neuen Lieutenant ihrer Jägerinnen ernannt. Die Sonne schien bereits, als ich aus dem Zelt trat und aufmerksam die Umgebung überprüfte. Einige Zelte waren noch immer zerstört, umgerissene und umgestürzte Bäume säumten den Weg, auch die Leichen meiner Schwestern und die der getöteten Wölfe waren noch nicht weggeräumt worden. Darum würde ich mich als neuer Lieutenant kümmern müssen. Ich stieß einen schweren Seufzer aus und begab mich zum Speisezelt, wo die anderen bereits warteten. 

Als ich das Speisezelt erreichte, spürte ich, dass die Stimmung auf dem Tiefpunkt war. Die sonst so angeregten Gespräche zwischen meinen Schwestern waren verstummt und ich fühlte ein leichtes Unwohlsein, als ich mich dazu gesellte. Schweigsam nahm ich auf dem Platz des Lieutenants neben Artemis Platz und lächelte zögernd. Hunger hatte ich irgendwie keinen.... Wir alle waren noch viel zu angeschlagen von der gestrigen Schlacht. Ich konnte es ihnen nicht verübeln. 

Nachdem wir unser Frühstück in stillem Einvernehmen zu uns genommen hatten, wartete ich auf den geeigneten Moment, ein Gespräch mit Artemis zu beginnen. Sie machte ein Zeichen und deutete mir an, das Wort an meine Schwestern zu richten. Zwar noch nicht, um die Jobs bezüglich der Aufräumarbeiten zu verteilen, aber um mich bei ihnen zu bedanken und ihnen zu gratulieren, so wie es Artemis zuvor schon getan hatte. Ich nickte, atmete tief durch und erhob mich von meinem Stuhl. 

"Meine Schwestern", begann ich, "ich.... ich muss Euch danken. Euch danken und gratulieren. Ihr habt Euch im Kampf gegen Orion und seine schrecklichen Verbündeten wacker geschlagen und dazu beigetragen, dass er sich ergeben muss. Doch -", hier musste ich eine kurze Pause einlegen, als ich merkte, dass sich einige Tränen aus meinen Augen stahlen. Artemis legte mir eine Hand auf die Schulter und nickte aufmunternd. "Doch......", wiederholte ich und schluckte meinen großen Kloß herunter, ".....wir alle wissen, dass unser gestriger Sieg gegen ihn wahrscheinlich nur von kurzer Dauer war. Orion wird zurückkommen. Und er wird uns  bereit vorfinden! Wir werden unsere toten Schwestern rächen, das schwöre ich hier und jetzt. Unsere Schwestern sind nicht kampflos gestorben und so werden wir es all denen erzählen, die sich uns anschließen. Beim nächsten Mal - das schwöre ich bei den Göttern - wird Orion endgültig gegen uns unterlegen." Ich holte erneut Luft und sprach dann weiter: "Doch, bevor wir uns mit neuer Kraft gegen Orion stellen, müssen wir uns mit den Problemen hier auseinandersetzen. Wir müssen unser Lager wieder so herrichten, wie es vor Orions Attacke ausgesehen hat. Dafür werde ich Euch in 4 Gruppen aufteilen. Grace, Dich möchte ich bitten, Dich um die zerstörten Zelte und die abgerissenen Bäume zu kümmern." Grace nickte mir zu und ich fuhr fort: "Nicole, Dich bitte ich, dich nach sonstigen Schäden in und um das Lager herum umzusehen und sie zu beheben." Nicole nickte und dem Mädchen neben ihr, Hanna, teilte ich eine weitere Aufgabe zu. "Hanna, könntest Du dafür sorgen, dass die Leichen unserer toten Schwester und die der Wölfe weggebracht werden? Und Dir, Annika, gebe ich die wichtigste Aufgabe. Ich möchte, dass Du dafür Sorge trägst, dass die Toten - ganz nach Jägerinnen-Sitte - begräbst. Sollte eine der Gruppe mit ihrer Arbeit fertig sein, helft den anderen. Ich werde darüber wachen, dass alles genauso gemacht, wie ich Euch drum gebeten habe." Ich beendete meine Ansprache und die ausgewählten Mädchen suchten nun ihrerseits Unterstützung und machten sich sofort an die Arbeit. 

Ich schlenderte durch das große Lager und konnte die Gruppe rund um Grace entdecken, die gerade auf dem Boden liegende abgeschossene Pfeile einsammelte und verletzte Tiere, die unter den umgefallenen Bäumen eingeklemmt waren, versorgte. Die eingesammelten Pfeilreste legten sie zu einem Bündel zusammen, um daraus Feuerholz zu machen. Ich lächelte, als ich sah, dass sie wirklich sehr emsig bei ihrer Arbeit waren. "Gute Arbeit, Mädels", lobte ich sie, nachdem sie die letzten Zelte wieder repariert hatten, "wirklich sehr gute Arbeit." Ich lächelte meiner Freundin Grace zu und beschloss, nach Nicoles Gruppe zu sehen, die die Umgebung des Lagers wieder auf Vordermann brachte. Auch hier verlief alles reibungslos. 

Auf den Wegen sah ich noch immer die leblosen Körper der Wölfe und der gefallenen Schwestern, doch Hanna und ihre ausgewählte Mädchengruppe machte sich fleißig daran, die Leichname aus dem Weg zu räumen, um sie für die Gruppe rund um Annika bereit zu machen. 

Nachdem alle Gruppen ihre Arbeiten erledigt hatten und alles wieder schön und ordentlich war, wie es vor Orions Angriff ausgesehen hatte, versammelten wir Übriggebliebenen uns um unsere toten Schwestern, um ihnen die letzte Ehre zu erweisen. Es war ein emotionaler und trauriger Abschied. Gemeinsam hatten wir Jahrhunderte verbracht, gegen Monster und andere Ungeheuer gekämpft und schließlich eine heftige Schlacht gegen jemanden ausgefochten, von dem wir dachten, dass er ein Freund von uns war. 

"Wir werden uns nie wieder unterkriegen lassen", murmelte ich. "Nie wieder wird uns jemand verletzen. Gute Reise, meine geliebten Schwestern."   

The Life of Zoë NightshadeWo Geschichten leben. Entdecke jetzt