"Du Sadistin"

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Am nächsten Morgen kam ich leichter als sonst aus dem Bett. Normalerweise musste ich mir meinen Wecker immer eine Viertelstunde vorher stellen, da ich immer etwas Zeit brauchte, um richtig wach zu werden und um mich auf zu raffen, endlich auf zu stehen.
Heute war es jedoch anders. Als ich auf den Wecker sah, war es gerade Mal kurz nach fünf und hätte somit noch 45 Minuten gehabt. Ich wusste selbst nicht so genau, woher diese Motivation kam, aber anstatt noch etwas liegen zu bleiben, um vor mich hin zu dösen, stand ich kurzerhand auf und ging duschen.
Beim Frühstück ertappte ich mich dann, wie ich überlegte, wann Sebastian seinen Termin haben wird. Aus irgendeinem Grund freute ich mich darauf.

Als ich zur gewohnten Zeit die Praxis betrat, ließ ich meinen Blick über die Patientenkarteien wandern und stellte fest, dass Sebastian mein letzter Patient vor der Mittagspause war.
Es waren zwar noch einige Patienten bis dahin, jedoch gingen die Behandlungen ziemlich schnell vorbei und ehe ich mich versah, stand ich schon im Behandlungszimmer, wo Sebastian schon seine Wärmetherapie bekam.
"Na, alles gut?", begrüßte ich ihn und schaltete die Wärmelampe ab. Er nickte auf meine Frage hin. "Bis auf, dass du wahrscheinlich noch an deiner Niederlage zu knappern hast.", fügte ich noch hinzu und grinste herausfordernd, auch wenn er es nicht sehen konnte, da ich mich gerade mit dem Rücken zu ihm drehte, um das Massageöl auf meinen Händen zu verteilen. Seinen empörten Blick konnte ich trotzdem auf mir spüren. Sebastian murmelte etwas gerade so laut, dass ich es hören konnte. Allerdings konnte ich nichts damit anfangen, da es eine Sprache war, die ich nicht verstand beziehungsweise sprach.
"Hablar en un otro idioma es grosero.", erwiderte ich, dass es unhöflich war, in einer anderen Sprache zu sprechen und fing an, das Öl auf seinem Rücken zu verteilen, um mit der Massage zu beginnen.
Sein darauffolgendes Touché ließ mich kurz Grinsen.

"Was hast du da eben eigentlich gesagt?", fragte ich ihn nach kurzer Zeit, da es mich dann doch interessierte.
"Ach...nicht so wichtig.", meinte Sebastian abwinkend. Trotz dem, dass ich sein Gesicht nicht sehen konnte, merkte ich, dass er Grinsen musste.
"Doch, finde ich schon.", doch er schüttelte nur den Kopf. Das ließ ich allerdings nicht auf mir sitzen. Wahrscheinlich wollte er mich damit nur aufziehen und hatte gehofft, dass ich noch weiter nach fragen würde, doch den Gefallen tat ich ihm nicht.
"Gut,", gab ich gleichgültig nach und führte meine Arbeit fort, bis ich an seiner verspannten Schulter ankam. "dann eben nicht." Meine Gesichtszüge bildeten ein sadistisches Grinsen und kurz darauf erhielt ich den erwünschten Effekt. Sebastian zuckte erschrocken zusammen und stieß einen überraschten Laut aus, was in ein Lachen über ging. Als Gegenzug seines Schweigens, hatte ich seine verspannte Schulter mit etwas mehr Druck geknetet. Zufrieden machte ich normal weiter.
"Verrätst du mir denn wenigstens, welche Sprache das war?", ich würde nicht sagen, dass es eine Drohung war, als meine Hände wieder zu einer weniger verspannten Muskelpartie fuhren.
"Du Sadistin.", stieß er wehleidig aus, was mich die Schultern zucken ließ.
"In meinem Fach muss man etwas sadistisch sein.", erwiderte ich gleichgültig klingend und grinste in mich rein. "Also?", hakte ich noch mal nach, da er mir meine Frage noch nicht beantwortet hatte.
"Rumänisch.", kam als schnelle Antwort, vermutlich aus Angst, wieder Schmerzen zu verspüren. Im Nachhinein überkam mich dann doch ein schlechtes Gewissen. Bin ich zu weit gegangen?
"Tut mir Leid...wenn ich meine sadistische Ader weiter aus lebe, werde ich wohl keine Patienten mehr bekommen.", kleinlaut kamen die Worte aus meinem Mund und in dem Moment war ich froh, dass Sebastian mit dem Blick gen Boden lag, auf dem dafür vorgesehenen Gesichtsstück.
"Ach was, alles gut. Ich habe es wohl provoziert.", er lächelte bestimmt wieder breit. Irgendwie hatte er ja Recht, aber trotzdem war es etwas unprofessionell von mir, da ich ihn kaum kannte, auch wenn es sich anders anfühlte, da ich mich mit ihm so gut verstand. Und doch wusste ich eigentlich gar nichts über ihn. Zeit es heraus zu finden: "Du sprichst rumänisch? Hast du rumänische Wurzeln?"
"Ich komme ursprünglich aus Rumänien und bin in meiner Jugend dann in die Staaten gezogen.", interessiert hörte ich zu, während er über Rumänien erzählte und wie es war, in einem anderen Land beziehungsweise auf einem anderen Kontinent zu leben.
"Ich könnte mir nur schwer vorstellen, aus meiner Heimat weg zu ziehen, da ich schon mein ganzes Leben an ein und dem selben Ort lebe. Es ist immerhin ein schwere Entscheidung sein altes Leben, Freunde und Familie zurück zu lassen. Und sich in einem anderen Land etwas neues aufzubauen.", nachdenklich starrte ich an die Wand gegenüber. Die Entscheidung, weg zu ziehen, musste gut überlegt sein und beim längeren nachdenken kam ich dann zu dem Entschluss, dass ich es wohl nicht übers Herz bringen könnte, meine Freunde und Familie zu verlassen.

Schnell waren die zwanzig Minuten Behandlung rum.
"So, fertig. Es kann gut sein, dass du in den nächsten Tagen etwas Muskelkater bekommst.", ich wischte mir das restliche Massageöl mit einem Papiertuch von den Händen und entsorgte es.

Sorry, dass es so kurz ist und die Wartezeit so lang war. Das nächste Kapitel kommt schneller.

Man sieht sich immer zweimal im Leben Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt