Funeral

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Der Sonntag begann für uns schon etwas früher, da die Bestattung um 11 Uhr los ging, war nichts großartig mit Ausschlafen.
Ich stand mit einem bedrückten Gefühl in der Dusche und erwischte mich dabei, wie ich mit dem Gedanken spielte, einfach zu Hause zu bleiben.
Eine Stimme in meinem Kopf sagte mir, dass ich es nicht schaffen würde, dass es besser wäre, zu Hause zu bleiben.
Das Wasser prasselte auf mich ein, während ich einfach nur da stand und dem Wasser hinter her sah, wie es im Abfluss verschwand.
Kati wäre enttäuscht, wenn ich nicht komme, schallte ich mir in Gedanken. Sie hätte das Gleiche auch  für mich getan. Ich straffte die Schultern und stellte das Wasser aus.

Es war kurz vor zehn, als Sebastian und ich die Wohnung verließen und uns auf den Weg machten.
Wir machten noch einen kleinen Zwischenstopp beim Bäcker und holten uns ein belegtes Brötchen und ein Heißgetränk To Go, da mein Kühlschrank nicht Mal in Betrieb war. Es hätte sich für das Wochenende nicht gelohnt, Aufschnitt oder ähnliches zu holen.

Als wir an der Kirche mit anliegendem Friedhof ankamen, waren schon einige Leute da. Die meisten von ihnen kannte ich. Vor allem Katis nähere Verwandte und ihre Freunde. Als erstes steuerte ich auf ihre Eltern und jüngere Schwester zu.
"Hey.", ich umarmte die drei nach einander und wechselte kurz einige Worte mit ihnen.
Sebastian hielt sich etwas im Hintergrund, reichte zur Begrüßung die Hand und teilte ihnen sein Beileid mit.
Katis Mutter sah mich etwas verwirrt an. Sie hatte nicht erwartet, dass ich jemanden mit brachte.
"Das ist Sebastian, wir haben uns in New York kennen gelernt."
Sie nahmen es nickend hin, da sich gerade andere Sorgen in den Köpfen von Katis Familie breit machten.
"Timo...", ich ging auf den Freund von Kati zu und umarmte ihn. Sie waren jetzt schon fast vier Jahre zusammen. Wir verstanden uns eigentlich recht gut. Manchmal sogar zu gut.
Für meinen Geschmack hielt er mich ziemlich lange fest, doch unter den Umständen ließ ich es zu. Der arme Kerl musste mindestens genauso fertig sein wie ich.
"Wenn du jemanden Mal zum Reden brauchst...ruf ruhig an.", ich löste mich aus der Umarmung und lächelte ihn mitfühlend an.
"Danke.", er sah mich aus traurigen Augen an und nickte.
Nachdem ich noch kurz bei den Großeltern meiner besten Freundin war, gingen Sebastian und ich zu meinen Eltern, die gerade fertig waren, mit Katis Eltern zu reden. Dadurch dass wir Kinder unzertrennlich waren, waren unsere Eltern auch ziemlich gut befreundet.

Keine zehn Minuten später gingen die ersten in die Kirche und der Rest folgte.
Das letzte Mal war ich zu meiner Konfirmation hier. An jeder der Bankreihen war eine brennende Kerze im Kerzenständer. Vorne, wo der Pastor nachher seine Rede hielt, stand die Urne in einem Meer aus Blumen und dahinter ein großes Portrait von Kati.
Meine Eltern, Sebastian und ich setzten uns in eine der mittleren Reihen.
Schon vorsorglich reichte meine Mutter mir ein Taschentuch, welches ich dankend annahm. Das wird garantiert zum Einsatz kommen.
Wenig später fing der Pastor an und eröffnete somit den Gottesdienst.
Sobald er anfing über ihr Leben und sie als Person zu reden, kämpfte ich wieder mit den Tränen.
Ich knetete meine Hände und starrte an einen Punkt an die Decke, in der Hoffnung, dass es niemand bemerkte. Immer wieder blinzelte ich die Tränen weg, was mir bis jetzt auch noch recht gut gelang.
War allerdings nur die Frage: Wie lange noch.
Ich sah auf meine Hände, als Seb das Kneten unterband indem er seine Finger mit meinen verschränkte und unsere Hände auf sein Bein legte. Dankbar lehnte ich meinen Kopf an seine Schulter und schielte zu ihm hoch. Und wieder einmal war ich froh ihn an meiner Seite zu haben.
Den vielsagenden Blick meiner Mutter beachtete ich gar nicht, mit dem sie mir sagen wollte, dass sie an meiner Aussage gezweifelt hatte. Müttern konnte man einfach nichts vor machen.
Vor allem nicht in Sachen Liebe.
Kurz vor dem Ende der Rede liefen mir dann doch die Tränen über die Wange.
Mit dem Taschentuch wischte ich mir diese weg. Sachte fuhr Sebastian mit seinem Daumen über meinen Handrücken. Auch wenn die Berührung nur klein war, so hatte sie eine größere Wirkung, sodass mich das Kribbeln auf meiner Hand etwas ablenkte.
Der Pastor traf es mit seinen Worten genau auf den Punkt und führte nicht nur mir schmerzlich vor Augen, dass die lebensfrohe junge Frau von nebenan nur noch in unserem Herzen weiter lebte.

Wir erhoben uns alle, als das letzte Gebet gesprochen wurde und verließen dann nach dem Pastor die Kirche.
Mit der Urne ging er über den Friedhof zu dem vorgesehenen Grab. Katis Familie folgte ihm dicht und etwas weiter hinten Freunde und Arbeitskollegen.
Am Grab angekommen sagte der Pastor noch ein paar Worte, nachdem die Urne in das Grab gelassen wurde. Dann waren wir dran, aus einem Eimer mit einer kleinen Schaufel etwas Sand oder eine Blume auf das Grab zu tun.
Nach Katis engerem Familienkreis war ich an der Reihe. Mit zitternden Händen griff ich nach der Schaufel und nahm etwas Sand aus dem Eimer. Das Bild vor meinen Augen fing wieder an zu verschwimmen. Ich blinzelte ein paar Mal, damit meine Sicht wieder klarer wurde.
Der Sand rieselte auf die Urne hinab, gefolgt von einer orangen Blume, die ich nicht definieren konnte, da ich nicht wirklich was für Blumen übrig hatte.
Wenn ich Mal welche hatte, waren sie ziemlich schnell vertrocknet.
Tief durch atmend drehte ich mich um und machte dem Nächsten platz.
Auch wenn Sebastian sie gar nicht kannte, schüttete er ebenfalls etwas Sand in das Grab.
"Schade, dass ihr euch nicht kennen gelernt habt.", schniefte ich und wischte mir die Tränen weg.
"Euch beide auszuhalten wäre bestimmt unmöglich gewesen.", er lächelte leicht und legte mir einen Arm um die Schultern.
"Du hättest bestimmt den nächsten Flug in die Staaten zurück genommen.", erwiderte ich ebenfalls mit einem leichten Lächeln und legte einen Arm um seinen Rücken.
Ich ließ den Blick über den Friedhof schweifen.
Kati hatte es echt gut erwischt, sie hatte einen Platz, wo noch nicht so viele Gräber waren. Vor ihr lag eine gepflegte Grünfläche, auch wenn ihr eine wilde Sommerwiese wohl eher gefallen hätte.
So chaotisch wie sie manchmal war.
Wo sie jetzt wohl war?
Ob sie auf die alte Stute traf, auf der sie reiten gelernt hatte, die vor einigen Jahren über die Regenbogenbrücke gegangen war? Der Gedanke jedenfalls war schön, all die wieder zu sehen, die vor uns die Erde verlassen hatten.

Es war um Mittag rum, als die Beerdigung zu Ende war und jeder wieder seiner Wege ging.
"Wollt ihr noch zum Mittag rüber kommen? Bevor ihr wieder zurück nach New York fliegt.", fragte uns mein Vater, als wir wieder nach Hause gingen.
"Gerne. So sparen wir uns das teure Sandwich am Flughafen.", stimmte ich zu und auch Seb nickte.
"In einer Stunde holt Papa euch mit dem Gepäck ab. Dann esst ihr mit uns und danach fahren wir euch zum Flughafen.", schlug meine Mutter vor. Dem Vorschlag war nichts einzuwenden.
"Bis gleich.", wir winkten meinen Eltern zu, als sich unsere Wege trennten und gingen zu dem kleinen Reiterhof, um unsere Taschen zu packen.

Wieder mal etwas kürzer, das Kapitel 😅
Ich weiß, ich wiederhole mich aber: Danke für die Aufrufe, Stimmen und Kommentare ❤️
Bis nächste Woche

Man sieht sich immer zweimal im Leben Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt