Keine Ruhe

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"An was kannst du dich denn noch erinnern?"
"Ich bin in New York wegen einer Fortbildung und in der Zeit wohne ich bei meinem Cousin.", ich sah nachdenklich aus dem Fenster.
"Dann fehlt dir so einiges.", Sebastian lächelte traurig.
"Woher kennen wir uns?", ich griff nach der Fernbedienung, um mein Kopfteil anzustellen.
"Wir haben uns mehr oder weniger in einem Club kennen gelernt und am nächsten Tag lag ich auf deiner Behandlungsbank."
Ich musterte ihn und versuchte mich an irgendwas von dem, was er sagte, zu erinnern.
"Und dann?"
"Wir sind uns mehrmals über den Weg gelaufen, ich habe eine Wette verloren und musste dich auf einen Kaffee einladen. Du hast nicht gewusst, dass ich Schauspieler bin. Wir haben die Captain America Trilogie angesehen, waren in Los Angeles auf einer Benefitsveranstaltung und im König der Löwen Musical.", er sah mich die ganze Zeit mit einem glücklichen Lächeln an.
Ich hörte ihm zu und konnte mich nicht von seinen Augen los reißen.

"In welcher Beziehung stehen wir zueinander. Demnach, was du so erzählst, sind wir ziemlich vertraut miteinander?", ich nestelte an dem Saum meiner Bettdecke herum.
"Keiner von uns hat es je wirklich ausgesprochen, aber es hat den Eindruck gemacht, dass wir in einer Beziehung sind.", Sebastian biss sich nachdenklich auf die Unterlippe.
"Oh nein und ich kann mich daran nicht erinnern. Es tut mir so leid.", ich fühlte mich richtig schlecht. Verzweifelt versuchte ich die Tränen weg zu blinzeln, die mit jedem Mal mehr wurden.
"Hey, ist okay. Der Arzt sagte mir schon, dass du eine retrograde Amnesie hast und somit einiges aus deinem Gedächtnis verloren gegangen ist. Aber du wirst dich mit hoher Wahrscheinlichkeit wieder erinnern können.", er legte seine Hand auf meine und lächelte mich aufmunternd an.

Ich sah auf unsere Hände. Wie er behutsam mit dem Daumen über meinen Handrücken strich. Ich versuchte mich krampfhaft an irgendwas zu erinnern, allerdings war da nichts Greifbares.
"Was ist passiert, dass wir jetzt hier sitzen?", hastig wischte ich mir mit meiner freien Hand die Tränen weg.
"Auf dem Nachhauseweg hast du eine Frau um Hilfe rufen hören. Du bist ohne zu zögern hin gegangen und hast ihr geholfen und den drei Typen ordentlich den Allerwertesten versohlt. Ich konnte dich nicht abhalten, du bist einfach los marschiert. Du warst so mutig und auch ein bisschen dumm.", Sebastian musste schlucken und spannte die Kiefer an.

Ich handelte aus einer Intuition heraus, als ich ihn am Arm in mein Bett zog und in den Arm nahm. Es fühlte sich richtig an und irgendwie auch ein bisschen vertraut.
"Ich war so perplex, als einer der Typen dich plötzlich mit einem Messer attackierte. Du hast gut reagiert, aber als dann der Andere dich von hinten in die Mangel nahm.. Du bist umgeknickt und kurz darauf bewusstlos geworden. In dem Moment war die Polizeisirene zu hören und der Typ hat dich einfach zu Boden fallen lassen und ist weg gerannt. Du bist mit dem Kopf aufgeschlagen und warst nicht ansprechbar. Ich dachte, ich verliere dich."
Er ging etwas auf Abstand und sah mich an. Ich konnte sehen, wie sehr in das mit nahm. Vorsichtig legte ich meine Hand an seine Wange.
"Ich weiß nicht, was mich da geritten hat. Tut mir leid.", murmelte ich leise und legte meine Stirn an seine. In seiner Nähe fühlte ich mich mehr als wohl, das stand schon mal fest.
"Muss es nicht. Ich weiß nicht, ob ich das Selbe getan hätte. Aber was ich weiß ist, dass du  die Frau vor etwas schrecklichen bewahrt hast.", ein Anflug von Stolz war in seinem Blick zu sehen. Er gab mir einen Kuss auf die Stirn und setzte sich wieder auf den Stuhl.

Es klopfte an der Tür und der Arzt kam mit seinem Team herein.
Er erklärte mir die Einschränkungen, die ich erstmal haben werde.
Schnelle Luftnot und demnach für das erste keine große Anstrengung.
Hinzu kam, dass ich meinen Fuß bis zu vier Wochen nicht belasten durfte und dann langsam mit Teilbelastung anfangen durfte.
Später würde noch jemand von der Physio kommen und mich genauer aufklären.
Ich musste Schmunzeln, da der Doc nicht zu wissen schien, dass ich selber Physiotherapeutin war.
Dr. Miller zeigte mir die Röntgenbilder von meinem Fuß und MRT von meinem Kopf.
Wenig später war er auch schon wieder verschwunden.

Ruhe gab es allerdings noch lange nicht. Eine Schwester kam herein, nahm mir Blut ab und kurz danach kam noch eine Dame, die mich fragte, welches Essen ich haben wollen würde. Mittag und Abendbrot sowie Frühstück für morgen.
Ich hatte ganz vergessen, dass ich jetzt etwas länger hier fest saß.
Nach dem Mittagessen ruhte ich mich etwas aus. Die Schmerzmittel hauten voll rein und durch die ganze Aufregung wurde ich auch etwas müde.
Sebastian war gegangen.
Schweren Herzens, aber ich hatte ihn weg geschickt, damit er sich auch etwas ausruhen konnte. Und außerdem brauchte ich einen Moment für mich.
Ich verdrehte genervt die Augen, als es erneut an der Tür klopfte.
Eine mir unbekannte Frau mittleren Alters trat etwas unsicher in das Zimmer. Sie hatte einen Strauß Blumen dabei.

Ich runzelte die Stirn, da ich sie nicht kannte.
"Grace, richtig?", sie kam langsam auf mein Bett zu.
Ich nickte auf ihre Frage.
"Ich bin Jocelyn, hallo."
Ich sah sie fragend an.
"Tut mir leid, wenn ich Sie nicht wieder erkenne, aber ich kann mich an nichts erinnern."
"Wir kennen uns nicht und das mit ihrem Gedächtnisverlust tut mir leid, da ich irgendwie der Grund bin, warum Sie einen erlitten haben.", sie fummelte am Papier vom Blumenstrauß herum und sah mich nervös an.
Ich runzelte nachdenklich die Stirn.
"Sie haben versucht mich vor der Gruppe jugendlicher zu retten. Ich bin Ihnen mehr als dankbar. Ich hatte Angst, am nächsten Morgen irgendwo im Park aufzuwachen. Aber ich habe auch ein sehr schlechtes Gewissen, da Sie mehr abbekommen haben, als ich. Hätten Sie nicht eingegriffen, wären Sie nicht hier.", ihr stiegen die Tränen in die Augen, während sie erzählte.
"Ist schon okay. Ich bin froh, dass ich helfen konnte. Wenn ich Ihnen nicht geholfen hätte, hätte es niemand getan. Es war riskant, aber es hat mich scheinbar nicht abgehalten.", ich lächelte sie leicht an.
"Ich habe Ihnen Blumen mitgebracht. Als Dankeschön.", sie reichte mir die Blumen. Es war ein bunt gemixter Strauß, der nach Sommer roch.
"Vielen Dank.", ich legte ihn auf dem Nachttisch ab.

"Dann werde ich Sie auch nicht länger stören. Wie gesagt: Vielen Dank, dass war sehr mutig und es hätte vermutlich nicht jeder gemacht. Und ich wünsche Ihnen gute Besserung."
Ich nickte ihr mit einem Lächeln zu, welches sie erwiderte. Dann verließ sie mein Zimmer und ich konnte endlich schlafen.

Hey Leute, tut mir leid, dass ihr so lange warten musstet. Letzte Woche war ich im Urlaub und diese Woche hatte ich meine erste Arbeitswoche, da bin ich abends zu nichts mehr gekommen 😅🙈 ich hoffe es wird wieder besser.
Danke für die weiteren Aufrufe und Stimmen 🤩

Man sieht sich immer zweimal im Leben Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt