"Hallo?", meldete ich mich an meinem Handy, als es in der Mittagspause klingelte. Es war eine unbekannte Nummer, aus Deutschland. Skeptisch zog ich die Augenbrauen zusammen. Wer sollte mich aus Deutschland anrufen, deren Nummer ich nicht eingespeichert hatte?
"Hallo Grace, Susanne hier.", ihre Stimme klang total aufgelöst und zittrig.
Sofort breitete sich ein ungutes Gefühl in meinem Bauch aus. Warum rief Susanne, die Mutter meiner besten Freundin Kati, mich an?
"Alles in Ordnung?", fragte ich unsicher, da meine Alarmglocken sofort schrillten. Es war irgendwas Schlimmes passiert.
"Es wäre glaube ich besser, wenn du dich hin setzt.", ich konnte hören, wie sie mit den Tränen kämpfte.
Mir wurde schlecht, doch ich tat was sie mir sagte und setzte mich auf einen Stuhl im Pausenraum.
"Es ist wegen Kati...sie...sie hatte...einen Unfall. Ein Betrunkener hatte ihr die Vorfahrt genommen."
Ich krallte mich mit meiner freien Hand in die Tischplatte, da sich alles um mich herum anfing zu drehen. Schon als sie erzählte, dass es um Kati ging, liefen mir die ersten Tränen über die Wange und verwandelten sich in kürzester Zeit zu Sturzbächen. Ich hatte das Gefühl mich übergeben zu müssen, als Susanne von einem Autounfall erzählte.
"Es tut mir so Leid, Grace.", wir heulten beide um die Wette.Kati und ich kannten uns schon, seit der Grundschule und waren immer unzertrennlich gewesen. Sie war wie eine Schwester für mich und Susanne wie eine zweite Mutter.
"Die Polizei meinte, dass sie nicht gelitten habe.", ab da schaltete sich mein Gehirn ab und ich bekam nichts mehr mit.
Ich hatte das Gefühl, als ob mir der Boden unter den Füßen weg gerissen wurde. Mein Handy landete auf den Tisch und der Anruf wurde beendet. Ich schluchzte laut auf, als mein Sperrbildschirm von meinem Handy aufleuchtete.
Es zeigte Kati und mich fröhlich in die Kamera lächeln. Das Bild war bei unserem letzten gemeinsamen Urlaub entstanden.
Wir waren nach Spanien geflogen, um Gebrauch von unserem erlernten Spanisch zu machen. Erstaunlicherweise konnten wir uns ziemlich gut verständigen. Und es war eine Erfahrung fürs Leben.
Ich stützte den Kopf in die Hände und heulte mir die Augen aus den Kopf.
Immer wenn ich kurz davor war mich zu beruhigen, fing ich wieder von vorne an."Oh Gott, Grace, was ist passiert?", ich schreckte zusammen als ich die besorgte Stimme von Carol, einer Kollegin, hörte.
"Meine beste Freundin hatte einen tödlichen Unfall.", presste ich mit tränenerstickter Stimme hervor.
"Oh nein, das tut mir Leid.", sie setzte sich neben mich und strich mir beruhigend über den Rücken.
"Komm, geh nach Hause und nimm dir ein paar Tage frei. Ich sage Bescheid."
Auf dem Heimweg hatte ich mich einigermaßen wieder unter Kontrolle. Damit die Leute mich nicht wegen meiner roten und aufgequollenen Augen ansprachen, suchte ich mir mit gesenktem Kopf den Weg durch die Massen nach Hause.
Sobald ich zu Hause war verkroch ich mich in mein Zimmer, legte mich in mein Bett und weinte mich in den Schlaf. Jedenfalls versuchte ich es..
Musste denn heute alles schief laufen?
Wobei vom schief laufen war gar nicht mehr die Rede. Das, was mir heute passiert war, war gar nichts im Gegensatz zu dem, was Kati wiederfahren war.
Warum sie? Sie hatte doch noch ihr ganzes Leben vor sich.
Bei dem Gedanken daran, dass ich nie wieder ihr Lachen hören würde und sie niemals wieder um Rat fragen konnte, ließ mich erneut auf schluchzen.
Als sie mich zum Flughafen gebracht hatte, meinte sie zum Abschied, dass wir uns in ein paar Wochen wieder sehen würden. Und dass wir uns nicht so anstellen sollten, da es ja kein Abschied für immer war und dennoch lagen wir uns heulend in den Armen.
Das war die längste Zeit gewesen, die wir getrennt gewesen wären...
Aber sie hatte Unrecht gehabt, das war ein Abschied für immer.Irgendwann, als Ben von der Arbeit kam, schaute er einmal in mein Zimmer, da ich mich noch nicht habe blicken lassen, nicht einmal zum Essen. Aber ich hatte auch keinen Hunger, da mir immer noch total schlecht war.
"Sag mir, wer dich verletzt hat und er wird sich wünschen, dass er es nie getan hat.", mit besorgten Blick setzte er sich zu mir ans Bett und nahm mich in den Arm.
"Es ist kein Mann Schuld.", nuschelte ich in seinen Pullover. In gewisser Weise eigentlich schon und zwar der, der betrunken Auto gefahren war, aber den wird die Polizei ja wohl hoffentlich zur Rechenschaft ziehen.
"Ganz sicher? Was ist mit dem, bei dem du letztens übernachtet hast?", er wollte scheinbar auf Nummer sicher gehen.
Ich schüttelte jedoch den Kopf. Nein, Sebastian war nicht Schuld. Ich würde ihn jetzt aber auch nicht so einschätzen, als wenn er absichtlich jemanden verletzen würde.
"Nein, er ist auch nicht Schuld. Woher willst du eigentlich wissen, dass ich bei einem Typen war?", ich hab ihm schließlich nicht erzählt, zu wem ich gegangen war.
"Das war nur eine Vermutung. Willst du mir sagen, was der wirkliche Grund ist?", hakte er behutsam nach.
Ich erzählte Ben, was geschehen war, woraufhin mir wieder vereinzelt Tränen über die Wange liefen. Eigentlich müsste ich schon leer geheult sein.
"Das tut mir so Leid, Grace...das Leben kann so ungerecht sein..", er wusste, wie viel Kati mir bedeutete. Ein bisschen kannte er sie auch, da wir oft Silvester zusammen gefeiert hatten.
Wir saßen noch eine Weile so zusammen, bis ich tatsächlich eingeschlafen war.Mitten in der Nacht wachte ich, von Kopfschmerzen geplagt, auf. Meine Augen brannten und fühlten sich total aufgequollen an. Vermutlich sah ich so aus, als ob mich eine Wespe gestochen hatte.
Träge stand ich auf und ging in die Küche, um mir eine Flasche Wasser zu holen und vorsichtshalber noch eine Packung Taschentücher.
Mit einem nassen Waschlappen bewaffnet legte ich mich wieder ins Bett, den Lappen über den Augen, damit die Schwellung wieder zurück ging.Als ich am nächsten Morgen aufwachte, fühlte ich mich wie gerädert. Auf meinem Nachttisch stand ein Tablett mit einem Glas O-Saft und einem belegten Brötchen. Ein trauriges Lächeln schlich sich auf mein Gesicht, bei dem Gedanken, dass Ben so nett war, mir etwas zu essen zu machen.
Sonderlich großen Hunger hatte ich jedoch nicht, sodass ich nur ein paar Bissen aß und das blieb auch so den ganzen Tag über.
Ich verließ nur mein Zimmer, um mir etwas zu trinken zu holen, sonst blieb ich im Bett und starrte die Wand an. Nicht mal die Anrufe auf dem Handy nahm ich entgegen, als meine Eltern anriefen.
Am Nachmittag, als Ben Feierabend hatte, schaute er kurz bei mir vorbei.
"Hey, wie geht's dir?", besorgt sah er mich an.
"Wie soll es mir schon gehen...", erwiderte ich monoton. Eigentlich doch eine dumme Frage, es war gerade Mal einen Tag her, an dem ich von Katis Unfall gehört hatte. Als ob es mir heute schon besser gehen würde..
"Du hast ja kaum was gegessen.", stellte Ben mit einem Blick auf mein angebissenes Brötchen fest.
"Keinen Hunger.", ich vermied es ihn anzusehen und starrte auf den Boden. Ich wollte nicht seinen mitfühlenden Blick sehen. Eigentlich wollte ich einfach nur alleine gelassen werden.
"Du solltest zusehen, dass du noch etwas isst.", mit diesen Worten verließ er wieder mein Zimmer und ich war endlich wieder alleine.
So verlief auch der nächste Tag, bis es am Abend an der Tür klingelte.Da ich dachte, dass es Freunde von Ben oder Anna waren, kümmerte ich mich nicht länger darum.
Doch dann steckte Ben den Kopf durch die Tür rein.
"Da ist Besuch für dich."
"Ich will niemanden sehen. Er soll wieder gehen.", demonstrativ drehte ich mich mit den Rücken zur Tür. Im Nachhinein schlich sich dann aber doch der Gedanke ein, wer dieser Besuch denn sein könnte.
Ob es jemand von der Arbeit war? Wahrscheinlich eher weniger. Als ob sie sich dafür interessieren und extra deswegen zu mir nach Hause kommen. Und Freunde hatte ich hier auch nicht.
"Tut mir Leid, aber sie will niemanden sehen.", hörte ich Ben sagen, da meine Tür nicht ganz zu war und mein Zimmer direkt am Flur lag.
"Darf ich?", es war eine Männerstimme. Ich runzelte die Stirn. War das etwa Sebastian?Und, was meint ihr?
Liebe Grüße und einen schönen Sonntag
DU LIEST GERADE
Man sieht sich immer zweimal im Leben
FanfictionGrace ist für eine Fortbildung in New York und läuft zufällig eines Abends einem recht bekannten Schauspieler über den Weg, ohne es zu registrieren. Wie der Zufall es so will, werden sie sich nicht nur einmal über den Weg laufen.