Erwin bließ den Rauch der Zigarette langsam aus und zog seine unnormal großen Augenbrauen zusammen.
"Was meinst du, Levi?", fragte er ruhig, während ich gerade die Unruhe in Person darstellte.
"Naja, er...Ich...Ich will einfach nicht mehr mit ihm zusammen arbeiten!", wiederholte ich mich und verschränkte die Arme dabei. Der Blonde steckte seine Zigarette in den dafür vorgesehenen Aschenbecher, blieb aber auf der kleinen Steintreppe, die in den Hof führte, sitzen. Dann dreht er seinen Oberkörper zu mir. "Und warum nicht, wenn ich fragen darf?" - "Wir...Also wir verstehen uns einfach nicht! Menschlich gesehen. Unsere Charaktere sind viel zu unterschiedlich und...ich glaube nicht, dass ich ihm so etwas beibringen kann!", log ich, brachte es meiner Meinung nach jedoch ziemlich echt rüber.
Plötzlich begann Erwin zu grinsen und musste leise lachen.
"Hey, was ist daran so witzig?", motzte ich und kehrte ihm etwas eingeschnappt den Rücken zu.
"Nichts, nichts. Es ist nur...", brachte er immer noch lachend heraus, "...magst du ihn?"
Schockiert weiteten sich meine Augen und ich wirbelte so schnell es ging herum, um ihn ordentlich anzumeckern: "Nein, man! Wovon sprichst du? Wie könnte ich so ein Balg mögen? Auf keinen Fall mag ich diesen Burschen! Du hast sie nicht mehr alle, Erwin! Mir so etwas zu unterstellen..."
Auf einmal wurde sein Lachen noch lauter und er hielt sich nun sogar schon den Bauch. "Pahaha, du magst ihn ja wirklich, Levi! Wie süß!"
Ich spürte, wie mein Kopf rot wurde. Nicht nur aus Wut, auch, weil ich mich irgendwie enttarnt fühlte. "Jetzt red' keinen Mist! Er ist viiiiel zu nett und aufgedreht! Das ist nichts für mich. Außerdem ist er zu jung", beteuerte ich und hob meine Nase in die Höhe.
"Ach, ich bitte dich. Der Junge ist 18, mein Gott. Dafür würdest du doch keine Strafe mehr bekommen", Erwin wackelte anzüglich mit den Augenbrauen und ich ging daraufhin zwei Treppenstufen runter, um ihm einen leichten Schlag auf die Schulter zu verpassen.
"Das hat doch nichts mit 'ner Strafe zu tun! Ich bin fast doppelt so alt wie er!"
Er zuckte nur mit den Schultern und meinte: "Tja, wo die Liebe hinfällt..."
Gerade wollte ich wieder zu einem erneuten Gemecker ansetzen, da hielt mich Erwin schon mit seinen Worten auf.
"Levi, jetzt hör mir mal zu", er stützte seine Arme auf seinen Knien ab und faltete seine Hände, was er nur tat, wenn es ernst wurde, "Seit Jahren ziehst du dich beim Thema Liebe zurück und verschließt dich sogar komplett! Ich weiß, dass dir in deiner Vergangenheit wirklich schlimme Dinge widerfahren sind bezüglich des Verlustes geliebter Menschen. Das weiß ich doch alles. Aber ich frage dich jetzt: willst du denn dein Leben lang einsam bleiben? Willst du nie wieder jemanden lieben oder von jemandem geliebt werden, nur weil du in der Vergangenheit deine Liebsten verloren hast? Es ist mit Sicherheit nicht einfach, das ist auch vollkommen verständlich. Aber, Levi. Du kannst nicht dein ganzes Leben so weiter leben. Die Einsamkeit wird dich irgendwann auffressen. Und das will und werde ich nicht zulassen! Genauso wenig wie Hanji..." Seine blauen Augen strahlten ein wahnsinnig hohes Maß an Besorgtheit aus und meine anfängliche Wut war wie weggeblasen. Nun stand ich nur noch da, in die Leere starrend. Mir schossen Bilder durch den Kopf. Bilder von meiner Mutter. Meinem Onkel. Meinen besten Freund.
Mein Herz zog sich schmerzhaft zusammen und ich hielt mir eine Hand an die Brust.
"Komm her. Setz dich", sprach Erwin mit sanfter Stimme und zog mich an der Hand zu sich runter auf die kühle Steintreppe. "Ich will niemanden mehr verlieren, Erwin...", flüsterte ich und legte mein Gesicht in meine Hände. Derweil strich der größere von uns beiden mir beruhigend über den Rücken.
"Das weiß ich doch...Aber so ist nun einmal das Leben. Geliebte Menschen sterben irgendwann. Und selbst wir werden auch eines Tages nicht mehr da sein. Aber sollte man die Zeit, die einem noch mit seinen geliebten Menschen bleibt, dann nicht so gut es geht ausnutzen? Was bringt es dir, dein Herz zu verschließen und dich gegen die Liebe zu streuben? Damit machst du dich nur selber unglücklich und kaputt", er seufzte einmal, "Schau mal. Ich kann dir nicht befehlen, was du machen sollst. Ich kann dir nur meine Ratschläge und meine Bitte an die Hand geben: Lass es zu. Lass es einfach zu. Und auch, wenn es jemand ist, der nur halb so alt ist wie du. Das heißt ja nichts. Aber versuch' es doch wenigstens."
Mein Schädel fing an zu brummen. Zu viele Gedanken schwirrten mir gerade durch den Kopf.
Wer sagte denn überhaupt, dass ich wirklich etwas von Eren wollte? Immerhin hatte ich mich ja nur von den Berührungen benebeln lassen. Und das musste ja nicht unbedingt etwas mit ihm als Person zu tun haben...Oder?
Nach einigen Minuten richtete ich mich wieder auf und schenkte Erwin ein sanftes und sehr seltenes Lächeln. "Danke, Erwin, dass du immer für mich da bist." - "Keine Ursache. Dafür bin ich dein bester Freund. Aber was hast du jetzt vor?", wollte er wissen.
Ja. Was hatte ich vor.
Ich wusste halt selbst, dass ich innerhalb dieser Mauern, die ich um mein Herz herum gebaut hatte, gefangen war. Und es war nicht leicht, da wieder raus zu kommen. Dennoch wollte ich es versuchen. Für Erwin. Für Hanji. Ich wusste, dass es ihnen verdammt viel bedeuten würde, wenn ich glücklich wäre. Diesen Gefallen wollte ich ihnen auch unglaublich gerne tun, selbst wenn ich dafür über meine eigenen Grenzen treten musste. Doch mir war ebenfalls bewusst, dass wenn ich erneut die Kontrolle verlieren würde, ich es mir nie verzeihen und mich komplett von Eren abschotten würde.
Wollte ich dieses Risiko also wirklich eingehen? War es mir das wert, nur um Liebe zu geben und zu erfahren?
Mein Blick wanderte wieder zu Erwin, der mich erwartend ansah. Und in diesem Moment traf ich meine Entscheidung:
Ja. Ja, das war es mir wert!
"Vergiss, was ich eben gesagt hab. Ich muss zu meinem Lehrling", sagte ich und begab mich dann wieder in die Praxis, Erwins stolzen Blick in meinem Rücken spürend.*****
Heute mal 'n bisschen kürzer als sonst. Aber hoffentlich hat es euch trotzdem gefallen😊
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The guy I'm working with / Ereri (Ger)
FanficEine Ereri Fanfiction. Eren hat gerade die Schule abgeschlossen und nun nichts mehr zu tun. Doch da sich alle seine Freunde bereits einen Job gesucht hatten, konnte er sich nicht mehr mit ihnen treffen und hing nur noch Zuhause rum. Als sein Vater j...