7.| 𝒢𝑒𝒽𝑒𝒾𝓂𝓃𝒾𝓈𝓈𝑒

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Wenn ich damals schon gewusst hätte, wie ich ihn langsam dazu bringen könnte, sich zu öffnen, dann hätte ich es viel früher getan..

Ich schaute gebannt auf meine Uhr. Während der Aktion im Aufzug waren bereits zwei Wochen vergangen. Seid diesem Tag bekam ich Herr Di Rossi bloß dann zu Gesicht, wenn er noch Unterlagen unterschreiben musste oder etwas wichtiges zu besprechen hatte. Ich schaute erneut auf die Uhr. Morgen würde das Treffen mit den anderen Unternehmen stattfinden. Es machte mich mehr als bloß nervös, eine weitere Präsentation halten zu müssen und dann noch mit neuen Partnern. Mehrmals fuhr ich mir durch die Haare. Ich sollte mich beruhigen. Gerade als es an meiner Tür klopfte und ich das Zimmer verlassen wollte, hörte ich laute Stimmen aus dem Nebenraum. Was war denn mit dem los? Ich versuchte die Stimmen zu ignorieren, doch konnte es nicht.

„Wie soll man verdammt nochmal bei diesem Lärm arbeiten können?", zischte ich genervt vor mich hin.

Mit zügigen Schritten lief ich zur Tür. Vor ihr konnte man bereits eine Angestellte sehen, die mich irritiert anschaute.

„Ich würde da nicht reingehen"

Natürlich würdest du das nicht, aber ich.
Ich klopfte an der großen Tür. Als ich nichts hörte, betritt ich einfach den Raum. Wenn er schon nicht reagiert. Im Raum befand sich ein weiterer Mann neben Herr Di Rossi. Die beiden hatten mir den Rücken gekehrt, sodass sie mich nicht bemerkten.

„Du kannst nicht ständig um Dinge trauern, die bereits weit in der Vergangenheit liegen", hörte ich die männliche Stimme beruhigend sagen.

Auf keinen Fall wollte ich sie belauschen, aber was sollte ich sonst machen? Ich schreckte auf, als Herr Di Rossi seine Hand gegen seinen Schreibtisch schlug, sodass ein lautes Geräusch ertönte.

„Ich sage es dir noch einmal, es geht dich nichts an! Halte dich da raus! Die letzten Jahre hat es dich auch nicht gekümmert!"

„Man du bist der geborene Eiskönig. Was ist los mit dir! Du bist nicht der Dylan den ich kenne!"

„Hör mir zu, den Dylan den du kennst, der existiert nicht mehr. Menschen ändern sich eben, aber das kann man bereits an dir sehen!"

„Ich versuche dir nur zu helfen!"

„AUS MITLEID, WEIL DU ETWAS MIT MEINER SCHWESTER HATTEST?!", schrie plötzlich mein Chef.

Es wurde still, als sich der Mann, der einem dunkeln Anzug trug, zu mir umdrehte.

„Mira Sainte?"

Ich drehte meinen Kopf zu ihn und musterte den jungen Mann. Er war vielleicht bloß einige Jahre älter als ich. Das war er.

„Amir", sagte ich verwundert und lief auf ihn zu.

„Ihr kennt euch?", mischte sich nun mein Chef ein.

Amir lächelte und lief auf mich zu und zog mich in eine Umarmung. Ich war so überrumpelt, dass ich die Umarmung nicht erwiderte.

„Ich dachte ich würde die hübsche Dame nie wieder sehen", lächelte er charmant.

„Doch finde ihr warmes Herz bei dem Eiskönig wieder", lachte er erneut.

Herr Di Rossi oder eher gesagt Dylan, warf ihm einen genervten Blick zu.

„Nun Frau Sainte, was führt Sie hierher", sprach nun mein Chef.

„Ich wollte nachsehen ob alles in Ordnung ist, Sie klangen nämlich sehr wütend, sodass ich mir Sorgen gemacht habe. Ich dachte es wäre etwas passiert."

Die Gesichtszüge meines sonst so harten Chefs wurden etwas sanfter.

„Es ist alles in Ordnung, wie Sie sehen. Sie können wieder gehen"

Gerade als ich gehen wollte, zog mich Amir zurück.

„So spricht du mit einer hübschen Dame", fragte er gespielt geschockt und hob dabei arrogant seine Augenbrauen.

„Oh, entschuldigen Sie mich vielmals. Würdige Dame, würden Sie mir verzeihen und mir die Ehre erteilen, wenn ich sie auf einen schwarzen Kaffee einladen würde?", zog mich dieses Mal mein Chef auf.

„Leider habe ich schon etwas vor", antwortete ich monoton, sodass er sich die Hand an sein Herz hielt und von Amir ein lautes „Ohhh" ertönte.

„Zwei kalte Seelen, zwei verlasse und kaputte Herzen", sagte Amir, worauf Herr Di Rossi und ich unsere Augen geschockt weit aufrissen.

„Wer hat deine Seele bekommen und sie zerstört", setzte er seine Stimme fort.

Ich versuchte die Tränen zu unterdrücken, die jeden Moment hätten kommen können.

„Lass sie in Ruhe, Amir. Siehst du nicht, dass Frau Sainte nicht reden möchte?"

Ich fühlte einen aufkommenden Schmerz. Alles was man mir die letzten Jahre nahm, fühlte ich in diesem Moment.

„Entschuldige mich, ich bin ein Idiot gewesen. Ich wollte dich nicht zum weinen bringen", ertönte seine Stimme nun neben mir.

Erst jetzt bemerkte ist etwas warmes und nasses meine Wange entlang fließen. Die letzten Monate konnte ich mich gut beherrschen, nicht zu weinen und bloß auf die Gegenwart fokussiert zu sein, doch heute war ich gebrochen. Ich schüttelte leicht den Kopf. Das ist nicht Mira Sainte. Ich blinzelte die Tränen weg und strich sie mir aus dem Gesicht. Nun lag es an mir, denn ich musste stark bleiben.

„Ist in Ordnung, mir ist bloß etwas in Erinnerung gekommen. Amir, du trägst keine Schuld", ertönte meine Stimme, so selbstbewusst wie möglich. Trotzdem konnte man mir das zerbrechliche und verletze entnehmen. Ich hasste es, dass ich immer schwach wurde, wenn ich es am wenigsten nötig hatte. Hatte ich mir nicht selbst versprochen, nicht aufzugeben ? Mira Sainte war immer stark gewesen, egal was sie erlebt hatte, doch nun fühlte ich mich auf eine Art schwach, als hätte man mir meine Schwäche angesehen, als könnte man mir meine Gedanken bloß von den Lippen ablesen.

„Lassen Sie uns gehen. Ich müsste Sie sowieso noch über einige Dinge informieren, die morgen betreffen", kam nun Dylan Di Rossi zu Wort.

Zögernd nickte ich bloß. Es war Zeit für die Mittagspause, doch vielleicht würde es mich ablenken, auch wenn ich keine Motivation hatte und wusste, dass Herr Di Rossi bloß der Diskussion von Amir entfliehen wollte.

Gerade als Amir etwas sagen wollte, hob Herr Di Rossi seine Hand, um ihm zum schweigen zu bringen. Seine Blicke machten einem Angst und seine Stimme klang stets wie ein Befehl.

„Wir sprechen und noch", sagte dieser bloß, als er mir die Unterlagen, die er mitgenommen hatte, in die Arme drückte.

„Was ein Gentlemen", sprach ich meine Gedanken leise aus, während er sich zur Tür bewegte.

Wenn ich zu diesem Zeitpunkt gewusst hätte, was es mit den ganzen Geheimnissen und dem mysteriösen auf sich hatte, dann hätte ich sicherlich anders gehandelt..

𝖉𝖆𝖓𝖌𝖊𝖗𝖔𝖚𝖘 𝖊𝖞𝖊𝖘Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt