"Warum versteckt sich das Geistchen für die Unsichtbarkeit im Atlantik?", frage ich mich selber, während wir über Südamerika hinwegsausen. "Wir sollten gleich den Punkt sehen, wo es liegen müsste", informiert Sami mich. Ich fixieren den Horizont und suche ihn nach einer Insel oder einem Schiff ab. "Da ist nichts." "Bewegt es sich?" Ich blicke auf das Navi. "Es dreht sich um sich selber!" Himmel nochmal was macht das Ding? Jetzt saust es ein paar hundert Meter nach vorne! Auf dem Radar bewegen sich, an der Stelle wo auf dem Navi das Geistlein ist, mehrere schwarze Punkte. "Sami was ist das?" Er grinst. "Kennst du die Meeresströmungen? Die Schildkröten benutzen sie, um schneller voranzukommen. Unser Holzding ist wohl in eine Strömung geraten." "So wie bei findet Nemo?" Sami runzelt die Stirn. Am Nordpol muss es ganz schön viel zu tun geben wenn er nicht mal Nemo kennt. Was solls, hauptsache wir kriegen den Geist. "Wie wollen wir denn überhaupt an den Geist gelangen?", will ich wissen. "Och weisst du, der Schlitten hat da so ein Knopf, der macht ihn Unterwassertauglich", meint Sami abwesend und lenkt den Schlitten über die Strömung. Hammer! Dieser Schlitten ist unglaublich! Ich will auch so einen. Sami gibt mir das Zeichen und ich drücke den blauen Knopf. Es knarrt kurz, dann schiebt sich eine runde Scheibe über uns und zu den Rentieren flitzen so Taucherhelme. Dann geht es stark bergab und wir tauchen ins Wasser ein.
Gemächlich gleitet der Schlitten durch das Wasser und unter uns kann ich die Strömung erkennen. Dort schwimmen auch die Schlidkröten. Die Rentiere schwaddern zu der Strömung hin. "Es ist sehr schwierig bei einer solchen Geschwindigkeit hineinzukommen. Aber wir schaffen das schon", sagt Sami zuversichtlich. "Und hopp!", ruft er und schon sind wir drin. Huii hier gehts aber vorwärts. Zwar nicht so schnell wie mit dem Blitz, aber das hier ist natürlich. Was die Natur so alles fertig bringt, wundere ich mich. Zwischen uns und dem Geistlein sind die Schildkröten. "Wie kommen wir denn jetzt an denen vorbei?" Sami seufzt. "Wir weichen aus. Und wir müssen uns beeilen, da vorne ist ein Strudel. In den sollten wir besser nicht reinkommen." Ich blicke nach vorne und tatsächlich, dort vorne kreiselt die Strömung tiefer in das Meer hinab.
"Wie bekommen wir das Geistlein hier hinein?" Sami manövriert die Rentiere zwischen den Schildkörten hindurch, die uns erstaunt ansehen. "Irgendwo ist eine Öffnung wo du hindurchgreifen kannst." "Aber dann kommt doch Wasser hinein!" "Nein, du schiebst das Glas weg und dann ist dort so eine Art Plastik. Du greifst mit dem Arm so weit es geht hinein und es dehnt sich dann aus. Schnapp dir das Geistlein und halt es gut fest." Nur noch ein paar Kurven und dann sind wir am Strudel. Eilig suche ich die Stelle, die Sami mir beschrieben hat. Ich finde sie auf der linken Seite der Glaskuppel. Ich klappe die runde Scheibe weg und greife in den Plastik. Sofort legt er sich um meine Hand und ich spüre, wie das Wasser gegen meinen Arm drückt. "Bereit?" Ich nicke heftig. "Da kommt es!" Oh hilfe, das kommt ja angeschossen wie der Blitz! Sind wir denn so viel schneller unterwegs? Mit Mühe und Not stemme ich mich gegen den Wasserdruck und erwische das Holzding am äussersten Zacken. "Ich habs!", rufe ich und versuche es so gut wie nur möglich festzuhalten. Sami hebelt am Armaturenbrett herum, zieht an den Zügeln und murmelt etwas vor sich hin. "Sami der Strudel!" Er kommt immer näher und näher! "Festhalten Lilja!", brüllt Sami und das Tosen des Wassers wird immer lauter. Ich klammere mich an dem Bank fest, auf dem ich knie und halte mit aller Kraft das Geistlein fest. Panisch sehe ich zu den Rentieren nach vorne, die etwas planlos in den Strudel hineinlaufen.
Und dann gehts los wie auf der Achterbahn! Rundherum, links dann wieder rechts hoch und runter. Wenn ich mich nicht so fest gehalten hätte, wäre ich herumgeschleudert worden wie ein Ball. Sami versucht die Rentiere so gut wie möglich zu lenken, aber sie können nicht auf seine Befehle achten. Plötzlich taucht eine Schildkröte neben mir auf und zieht mir sanft das Geistlein aus den Fingern. "Nein!", rufe ich und klopfe an die Scheibe. Ein paar Freunde der Schildkröte kommen hinzu und gemeinsam drücken sie sich gegen den Schlitten. Bei der nächsten scharfen Linkskurfe schleudert es uns aus der Strömung und ich sehe, wie die Schlidkröte das Geistlein loslässt und es ebenfalls hinausgeschleudert wird. Ich klammere mich immer noch an die Bank. "Sami, das Geistlein. Es sinkt!" Uns ist allen noch ein bisschen schwindelig von der Fahrt, aber Sami lenkt die Rentiere langsam zum Geistlein. Diesmal schnappe ich es mir richtig und wir starten unseren Aufstieg an die Luft. "Oje...", grummelt Sami. "Wir brauchen das Geistlein. Da oben sind die Piraten. Wenn wir neben denen aus dem Wasser schiessen, knallen die uns gleich ab." Piraten! Solceh gibts noch? Ich hab zwar im Radio von Piraten gehört aber die waren bestimmt nicht auf dem Atlantik. "Und wie zum Teufel soll ich das Geistlein hier hineinbringen?", frage ich ihn. Sami denkt nach. "Wir fahren so nah wie möglich an die Wasseroberfläche. Ich deaktiviere den Unterwassermodus und du schnappst das Geistlein und drückst es sofort tief in das Armaturenbrett. Dann drückst du den Blitz und wir sausen in den Himmel hoch." Ich nicke. "Und wie sagst du den Rentieren, sie sollen die Luft anhalten?"
Sami bringt uns in die richtige Position und klopft dann an die Scheibe. Die Rentiere drehen die Köpfe zu uns und Sami bedeutet ihnen, die Luft anzuhalten. Wir alle tun es, Sami deaktiviert den Unterwassermodus wie er es gesagt hat und sofort surren die Scheiben weg. Mit meiner Freien Hand schnappe ich mir das Holzding und schwimme zum Armaturenbrett. Ich presse es hinein, drücke den Blitz und wir sausen direkt auf das Piratenschiff zu. Ohoh das gibt dann wohl ein Zusammenstoss. Ich verstecke mich hinter dem Armaturenbrett und merke, wie wir durch die Wasseroberfläche brechen. Doch es folgt nichts. Kein Holz, welches aufeinanderkracht, kein wildes Piratengebrüll, keine Kanonen - nur Stille. Ich luge vorsichtig zu Sami, der zufrieden an den Zügel steht und auf dem Navi herumtippt. "Wir können auch durch andere Sachen hindurchfliegen", erklärt er mir, bevor ich etwas fragen kann. "Die bemerken das nicht. Höchstense ein kleiner Schauer, der ihnen über den Rücken läuft." Ich schliesse den Mund und blicke nach vorne. Den Rentieren scheint es so gut wie nie zu gehen. "Unsere Kleider trocknen dann in Ägypten schnell. Unser nächstes Ziel ist ein grosser Gewürzebasar." "Wofür brauchen wir den Gewürze? Müssen wir auch noch weihnachtlich riechen?" Sami grinst. "Nein, aber dorthin ist der Schlittenstaub geraten." Ich verdrehe die Augen Schlittenstaub in Gewürzen suchen wird bestimmt genau so anstrengent wie einen weissen Hebel im Schnee.
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Another Christmas Story
FantasyAm Montag 1. Dezember hat es Lilja endlich geschafft! Der Schneemann auf dem Hügel hinter ihrem Haus im kleinen Dorf Sillvar ist endlich fertig. Sie will sich gerade auf ihren Schlitten setzen und nach Hause fahren, als sie von einem markerschüttern...