Uah in Ägypten ist es wirklich heiss! Die Rentiere ziehen uns seit einer gefühlten Ewigkeit durch diesen Basar. Das Geistlein ist wirklich praktisch, aber hier hat man unmöglich den Überblick. Mein Magen knurrt. "Sami, haben wir noch was zu essen aus Indien da? Ich hab schrecklich Hunger." Er schüttelt den Kopf und mustert die nächsten Stände. "Wir haben noch Kekse, wenn du möchtest." "Kekse? Wo wo wo?" "Hier", sagt er und wirft mir eine ganz Dose zu. Ich öffne sie und herrlicher Weihnachtskekseduft weht mir entgegen. "Jumm jumm", freue ich mich und esse schnell ein paar auf. "Sag mal", nuschle ich mit vollem Mund, "wie sieht der Staubsack denn aus?" Konzentriert greift Sami sich einen Keks und beisst knuspernd ab. "Rote Seide, grüner Bändel, goldener Stern aufgenäht. Von Frau Weihnachtsmann selbst genäht." Ich zupfe das Amulett hervor und blicke die Frau an. Sie sieht sehr sympathisch aus und sie erinnert mich an eine sehr liebevolle Grossmutter. "Sag mal Sami, hat der Weihnachtsmann denn Kinder?" Er lacht. "Nein, nicht direkt. Aber er nennt uns immer seine Kinder. Er hat uns schliesslich auch erschaffen." "Bist du einfach fertig aus einer Maschine gesprungen?", frage ich staunend. "Nein, der Weihnachtsmann hat uns geformt aus einem speziellen Material. Jedes Jahr macht er ein paar Neue und die lernen von den Erfahrenen."
Ah, so geht das. Ich stehe mit meiner Keksdose auf und mache mich daran vom Schlitten zu hüpfen. "Lilja was machst du da?" "Ich mache mich auf die Suche nach dem Schlittenstaub. Ich langweile mich hier." Sami schüttelt den Kopf. "Es wird bald dunkel!" "Wir sehen uns morgen früh. Ich suche jetzt diesen Staub." Dann hüpfe ich hinab und will mich umdrehen, um Sami zu winken. Doch da ist kein Sami. Da ist auch kein Schlitten und die Rentiere sind auch weg. Na so was aber auch. Dafür sehen mich ein paar Menschen komisch an. Falls sie mich wirklich anschauen, bei den Schleiern der Frauen weiss man das ja nie so genau. Vielleicht habe ich auch einfach nicht die passenden Kleider an und durch einen ägyptischen Basar zu laufen. Auf jeden Fall laufe ich gemütlich mit meiner Keksdose durch den Markt und überall duftet es nach leckeren Gewürzen. Ich muss feststellen, dass ich nur einen Bruchteil davon kenne. Was würde meine Tante hierzu sagen? Neu Gewürz macht alte Speisen frisch - das sagt sie jedes Mal, wenn sie von einer Reise nach Hause kommt und mein Vater über den komischen Geruch des Essens meckert.
Die Menschen hier sind sehr freundlich. Sie gehen nicht gestresst, sie reden viel miteinander und gestikulieren wild umher. Einer hätte mir beinahe die Keksdose aus der Hand geschlagen. Ich habe gedacht, wenn es dunkel wird schliesst der Markt aber anscheinend habe ich mich getäuscht. Bis in die späten Abendstunden feilschen die Frauen und Männer um die Gewürze und ich kann den verfluchten Staubsack einfach nicht finden. Ich will gar nicht wissen wie gross der Markt hier ist. Ich stolpere mal diese Strasse entlang, dann die nächste. Soll ich jetzt links oder rechts? Der Zufall solls entscheiden. Ich drehe mich um mich selber und bleibe nach ein paar Runden wankend stehen. Ist das jetzt rechts oder links? Egal ich laufe los und stolpere in eine weitere Gasse.
Oh, hier sieht es nach Touristenmarkt aus. Hier sprechen viele Leute Englisch und die Frauen sind nicht in Tücher gehüllt. Aber auch hier wird gehandelt und Ware angeboten. Da entdecke ich den roten Samtsack inklusive Stern. Zu früh gefreut, denn ich erschrecke, als plötzlich jemand zu singen beginnt. "Na meine Kleine? Noch nie einen Muezin singen hören?", fragt mich ein blonder Mann. Ich schüttle den Kopf. "Wo sind den deine Eltern?" Ich zeige in die Richtung des Samtsackes und laufe los. Ich stelle mich neben ein Pärchen am Stand. Das rote Säckchen liegt direkt vor meiner Nase. Leider habe ich kein Geld um es zu kaufen. Ob ich schnell genug weglaufen könnte, wenn ich es mir einfach schnappe? Das ist zwar sonst nicht so meine Art aber besondere Umstände erfordern besondere Massnahmen. Unauffällug blicke ich mich um. Die vielen Leute könnten zwar ein Hindernis sein allerdings kann man sich grossatig zwischen ihnen verstecken. Ich schaue nochmal zum Standbesitzer, doch der dreht mir gerade den Rücken zu und ist mit zwei Touristinnen beschäftigt. Die anderen Leute achten ebenfalls nicht auf mich. Es währe die perfekte Gelegenheit. Flink greife ich nach dem kleinen Sack und lasse ihn in meiner Hosentasche verschwinden. Dann drehe ich mich langsam um und bewege mich möglichst unauffällig doch mit ein bisschen Tempo vom Stand weg. Plötzlich höre ich einen Schrei. Der Standbesitzer muss den Diebstahl bemerkt haben. Ich habe keine Ahnung, was er schreit aber er steuert wutentbrannt auf mich zu. Au weiha schnell weg hier! Ich nehme die Beine in die Hand und renne so schnell ich kann quer durch den Basar und weiter ins Gassengewirr der Stadt. Hinter mir kann ich die schnellen Schritte des Händlers hören. Sie kommen näher! Panisch lege ich noch einen Zahn zu. Plötzliche werde ich nach rechts gerissen und finde mich kurz darauf in einer kleinen Niesche wieder. Ein Junge, etwas älter als ich, presst mir eine Hand auf den Mund und mit der anderen drückt er mich an die kalte Steinwand. Auf der Stasse höre ich, wie mein Verfolger an unserem Versteck vorbei stürmt.
Noch einige Minuten warten wir regungslos ab. Dann lässt der Junge die Hände sinken. Erleichtert atme ich auf. Das war vielleicht knapp. "Danke," sage ich auf Englisch. Eine Weile starrt er mich einfach nur an. Versteht er vielleicht keine Englisch? Das wäre ziemlich doof. Doch zum Glück nickt er. "Keine Ursache." Seine Stimme klingt sehr ernst und erwachsen. Ich frage mich was das füre in Junge ist. "Komm mit, meinen Eltern gehört ein Hotel in der Nähe von hier. Du kannst bei uns übernachten wenn du möchtest", bietet er mir an. "Das wäre sehr nett, danke!" Sami wird mich dann schon finden, ich habe ja den Samtsack.
Der Junge heisst Farid und er wohnt nicht weit vom Basar weg. Seine Eltern, denen ein sehr schönes Hotel gehört, empfangen uns freundlich in der Eingangshalle. "Hallo Farid, wen hast du da mitgebracht?", fragt seine Mutter. Ihr Englisch ist akzentfrei und sie hat blonde Haare, ich vermute, sie ist Engländerin. Farids Vater trägt einen Turban auf dem Kopf und hat lange, weisse Kleider an. Farids Mama kommt zu mir. "Wie heisst du denn?", fragt sie mich. "Lilja. Ich habe meinen Freund Sami verloren. Er wird morgen Früh herkommen." "Wir haben ein Bett für dich frei. Aynur, ich habe noch ein Gespräch mit einem Kunden. Kümmerst du dich um die Kinder?" Aynur, wie die Mama anscheinend heisst, nickt und fasst mich an der Hand. "Du siehst aber nicht gerade ägyptisch aus", stelle ich fest. Aynur lächelt. "Eigentlich heisse ich Anja und komme aus Dänemark." "Warum sprichst du dann nicht dänisch mit Farid?" "Weil er das nicht braucht. Englisch ist viel wichtiger. Er kann sich perfekt mit unseren Gästen unterhalten." Farid lächelt und folgt uns durch einen Gang. Er öffnet eine Türe und lässt uns eintreten. Ein hübsch orientalisch eingerichtetes Zimmer ist vor mir. "Wenn du etwas brauchst, ich bin an der Rezeption." Aynur verlässt uns und ich setzte mich auf das Bett. Ich plaudere noch ein bisschen mit Farid, dann geht auch er. Müde lasse ich mich in die weiche Matratze sinken und halte den Samtsack fest. Sofort bin ich eingeschlafen.
Ich erwache, weil mich jemand an der Schulter rüttelt. "Ein kleiner Mann steht an der Reception und fragt nach dir." Farid hört nicht auf mich zu schütteln. "Oh, Sami ist schon da?" Er nickt schnell. Ich krieche unter der dünnen Decke hervor und folge Farid zur Reception. Sami geht ungeduldig auf und ab. "Sami!", rufe ich und laufe zu ihm. "Ein Glück, du hast den Samtsack. Nun lass uns schnell gehen! Die Polizei sucht nach dir." Oh nein, nicht schon wieder. Die gehen mir auf die Nerven. Aynur und Farid winken mir zum Abschied. Sami packt mich an der Hand und wir laufen nach draussen. "Wo sind denn die Rentiere?" "Direkt vor deiner Nase. Halt meine Hand fest, dann hüpfen wir auf drei in den Schlitten." Haha, das glaubt er doch selbst nicht. Wenn wir durch Schiffe hindurchfliegen können, wie sollte denn dann so was klappen? "Eins, zwei, drei!", zählt Sami, dann springen wir ab.
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Another Christmas Story
FantasyAm Montag 1. Dezember hat es Lilja endlich geschafft! Der Schneemann auf dem Hügel hinter ihrem Haus im kleinen Dorf Sillvar ist endlich fertig. Sie will sich gerade auf ihren Schlitten setzen und nach Hause fahren, als sie von einem markerschüttern...