"Sind die Leute nicht erschrocken?" Sami grinst schelmisch. "Doch natürlich, aber sie werden es überleben", gesteht er. Ich boxe ihm spielerisch in die Schulter. "Du hast dir einen Keks verdient", sage ich, hole eine Keksdose hervor und halte sie ihm hin. Er nimmt sich einen Zimtstern und stopft ihn ganz in seinen Mund. "Wo getsch hin?", fragt er mit vollem Mund. Ich schaue auf das Navi."Hm, das ist Südamerika. Und nein, nicht im Urwald. Ich glaube, da stehen Berge." Die Rentiere laufen los und wir stellen wie üblich Tacho und Geistlein ein. "Dann lass uns Bergsteigen gehen", sagt Sami und ich drücke den Blitz.
"Sieh mal, da unten ist eine Schafherde", rufe ich, als wir über den Bergen langsamer werden. "Das sind keine Schafe", lacht Sami und wir landen auf der grossen Wiese. Ich deaktiviere das Geistlein und hüpfe aus dem Schlitten. "Sind das falsch gezüchtete Schafe? Warum haben die denn so lange Hälse?" Bevor Sami etwas sagen kann, kommt es mir in den Sinn. "Aah das ist eine Kreuzung von Schaf und Giraffe!" Sami lacht los und eines der Tiere kommt auf uns zu stolziert. "Das, liebe Lilja, ist ein Alpaka." Ein Alpaka? Sind das die, die spucken?" Vorsichtshalber trete ich einen Schritt zurück. "Nein, da verwechselst du was. Lamas spucken, Alpakas nicht." "Oooh. Darf ich es streicheln?" Sami sieht das Alpaka fragend an. Dieses schnaubt leise und nickt mit dem Kopf. "Ja, es hat nichts dagegen." Langsam strecke ich die Hand aus. Das braune Fell ist super weich. "Oh, wie flauschig!" Ich schlinge die Arme um den Hals des Tieres. Ein leises schnaubt ist zu hören. Etwas verunsichert löse ich mich wieder. "Mach ruhig weiter. Es gefällt ihr" beruhigt mich Sami. Sofort kuschle ich mich wieder an das weiche Fell. "Sami, was ist den eigentlich das nächste Teil?", frage ich ihn und fahre mit der Hand über das weiche Fell. Das Alpaka legt den Kopf an meinen Rücken und schnaubt zufrieden. "Der Verstärker für den Elfenchor. Er sieht aus wie das Horn von einer Kuh." Ich sehe mich um. "Alles, was ich hier sehe, sind ein paar andere Alpakas." "Anell hat den Hirten mit einem solchen Gegenstand gesehen. Jetzt müssen wir nur noch ihn finden." Verwirrt sehe ich mich um. "Wer ist den Anell?" Das Alpaka stupst mich an. "Ach du!" "Der Hirt heisst Alvaro und ist auf der anderen Weide." Ich sehe mich nochmals um. "Wo ist denn die andere Weide?", frage ich. "Ein paar Laufstunden von hier entfernt." Oh nein! Nicht so lange laufen. Ich mag wandern nicht! "Wann kommt er denn zurück?" Sami sieht zu Anell. "Morgen früh", seufzt Sami. "Toll, dann können wir mit den Alpakas spielen!" Anell springt zu ihren Kameraden und interessiert schauen sie zu uns. Sami rennt zum Schlitten zurück und lässt die Rentiere frei, die sofort loslaufen. Neugierig beschnuppern sich die Tiere, dann laufen, hüpfen und springen alle durcheinander. "Sie spielen eine Art Fangen", erklärt Sami mir. "Verstehen Menschen diese Art Fangen auch?" Sami grinst. "Verstehen schon, aber machen nicht. Du hast schliesslich nicht vier Hufe oder?" Och schade. Etwas enttäuscht gehe ich zum Schlitten zurück, um mir eine Keksdose zu holen. Himmel noch mal! Hier drin sieht es aus wie auf einem Schlachtfeld. Die Kiste quillt beinahe über, unter den Bänken quetschen sich Kleider und Decken aneinander und Platz hat es nur noch vorne. Wann finden wir dieses coole Teil, welches so viel Platz macht? Ist ja schlimmer als in meinem Zimmer! Ich räume die Kiste aus und lege alle Teile, die wir gefunden haben, sorgfältig wieder hinein. "Notenblätter, Fotorahmen, Schlittenstaub, der Erste-Hilfe-Kasten, die Not-Wachsausrüstung, die Fliegerbrille. Alles noch da." Ich kontrolliere auch noch schnell, ob das Amulett noch immer um meinen Hals hängt. Auch noch da. Dann staple ich ein paar leere Keksdosen, das Seil, die Taschenlampe und den Kessel oben drauf und die Kiste ist schon voll. Zum Glück ist die nur ein Eingang und nicht der Ort, wo sämtliche Geschenke hineinpassen müssen.Dann ziehe ich alles unter den Bänken hervor und falte die Decken schön zusammen. Meine Sommerkleider stopfe ich in eine Ecke. Ich checke auch das Armaturenbrett. "Kaffeebecherhalter, Rückspiegel, Tacho, Fernlicht, Radar und Lichterkette. Auch alles noch da." Ich schnappe mir zwei Keksdosen und laufe zu Sami zurück. "Der Schlitten ist wieder etwas aufgeräumt." "Danke", sagt Sami und isst einen Keks.
Wir schauen den Alpakas und den Rentieren zu. Plötzlich kommt ein Kleineres angelaufen und die anderen hören auf herumzutollen. Sami sieht das Kleien besorgt an. "Was ist denn?" Es ist schon unglaublich doof nicht mit den Tieren sprechen zu können. "Sein kleiner Bruder ist in einen Felsspalt heruntergefallen. Wir müssen ihm helfen", beschliesst Sami. "Donner, du holst das Seil, Cupid, die Arztbox, Dancer, die Taschenlampe." Sofort traben die drei los und sind in null Komma nichts wieder zurück. Ich setze mich auf Comet, Sami auf Blitzen und sofort laufen sie los. Hui, reiten ist toll, aber ich kann mir einen bessern Anlass dazu vorstellen. Das kleine Alpaka läuft voraus und die gesamte Herde folgt ihm. Es hält vor einem grossen Spalt im Boden. "Ist es da unten?" Sami nickt. "Du bist leichter als ich. Wir seilen dich ab", bestimmt Sami. Bergsteigen. Juhu... (man höre den ironischen Enthusiasmus), doch ich meckere nicht und lasse mir das Seil umbinden. Das letzte Mal, als ich so unterwegs war, hatte ich nachher einen Schnupfen. Dancer hält mir die Taschenlampe hin. Langsam werde ich in den tiefen, dunklen Spalt hinabgelassen und zünde mit der Taschenlampe an alle Wände. Doch die Dunkelheit verschluckt das Licht einfach. "Hallo?", rufe ich und mein Echo ertönt. Nein, das wollte ich nicht hören. Doch, da war was. Ein klägliches leises rufen von: "Oh, da bist du ja!", freue ich mich, als ich das kleine braune Fellknäuel sehe. Es liegt auf einem Vorsprung und ich frage mich, wie zum Teufel es da raufgekommen ist. "Weiter nach links!", brülle ich hoch. Sofort ruckelt das Seil und ich bin nahe genug, um es in meine Arme zu nehmen. Vorsichtig hebe ich es hoch. "Habs!" Und schon geht es Bergauf.
Kurz darauf wird das kleine Alpaka gehegt und gepflegt, von allen Seiten begutachtet, aber es hat nur ein paar Kratzer. Zum Glück, das hätte schlimm ausgehen können.
In der Nacht wird es kalt und wir wickeln das Tierchen in eine der Decken. Sami und ich schlafen ebenfalls in Decken gemummelt zwischen den Rentieren und den Alpakas.
"Hola a todo el mundo!" Wir werden von einer Stimme aus dem Schlaf gerissen. Ein Mann und eine Frau stehen mitten in der Herde und mustern uns amüsiert. Dann erblickt die Frau das kleine Alpaka und eilt zu ihm, um nach ihm zu schauen. "Die verstehen uns nicht, was?", frage ich Sami verschlafen. Er schüttelt den Kopf. Ich entdecke das Horn in der Seitentasche des Hirten. "Oh, Sami guck mal!", sage ich und zeige auf das Ding. "Ja, das ist es." Der Hirt sieht uns an, dann das kleine Alpaka. Er lächelt und gibt es mir. "Danke!"
Wir verabschieden uns von Anell, Alvaro und seiner Frau und steigen wieder in den Schlitten. Sie winken uns, bis wir sie nicht mehr sehen. "Bist du müde?", fragt Sami. "Ein bisschen", gebe ich zu. "Trifft sich gut, das nächste ist der Schlafsand."

DU LIEST GERADE
Another Christmas Story
FantasyAm Montag 1. Dezember hat es Lilja endlich geschafft! Der Schneemann auf dem Hügel hinter ihrem Haus im kleinen Dorf Sillvar ist endlich fertig. Sie will sich gerade auf ihren Schlitten setzen und nach Hause fahren, als sie von einem markerschüttern...