Wir haben die Nacht ausserhalb der Stadt verbracht und frühstücken gerade. Es gibt frische Latkes vom Markt, das sind speziell frittierte Kartoffeln. Normalerweise sind sie als Beilage gedacht, aber wir essen sie jetzt halt zur Hauptspeise. Ausserdem haben wir keinen grossen Hunger. "Und wo ist denn jetzt das Nummernschild?" Sami blickt auf das Navi. "Das ist in der Neustadt." Wo könnte sich denn ein Nummernschild verstecken? In einem Museum? Bei einer Familie zuhause? In einem Mülleimer? "Es hat sich in den letzten paar Minuten nich bewegt", stellt Sami fest. "Aus was ist denn das Ding?", frage ich kauend. Diese Latkes sind wirklich lecker. "So eine Metallplatte. Wir haben ein Gerät hergestellt, welches verschiedene Platten bedrucken kann und die erste haben wir für den Chef gemacht." Sami steht auf und räumt das restliche Essen in eine leere Keksdose. "Ich kanns kaum erwarten bis die wieder rumrennen", seufzt er. Etwas irritiert sehe ich ihn. "Ehm, Sami, du siehst eine Keksdose an und freust dich darauf, dass die wieder rumrennt?", wiederhole ich was er gerade gesagt hat. "Ja", antwortet er und scheint mich nicht ganz zu verstehen. "Eine herumrennende Keksdose?", repetiere ich noch einmal. Sami grinst. "Du bist von der Weihnachtsmagie immer noch nicht überzeugt was? Ja, wir werden bald ein Teil finden, welches die Dosen zum Leben erweckt. Dann können sie herumlaufen und verteilen sich auf der ganzen Welt. Alle bekommen Kekse und wenn sie leer sind, kommen sie zu uns zurück. Während des Jahres stehen sie natürlich in Schränken, aber während der Weihnachtszeit tummeln sie sich überall." Ungläubig schüttle ich den Kopf. "Und warum haben wir hier noch so viele Dosen mit Keksen drinne?" "Das sind die, welche nicht angerührt wurden von den Menschen. Pech für die, Glück für uns. Ich kann nicht verstehen, wie man die Plätzchen und Kekse von Frau Weihnachtsmann verschmähen kann. Sie sind sooo lecker", schwärmt Sami.
Wir packen unsere sieben Sachen zusammen und lassen die Rentiere los laufen. Dank dem Geistlein reiten wir einfach durch die Strassen, ohne dass uns jemand bemerkt. Es sind viele Leute unterwegs. Mir kommt der Basar in Ägypten in den Sinn, dort haben die Menschen auch um die Ware gefeilscht, aber dort noch mehr als hier in Jerusalem. "Uh, Sami, guck mal!" Ich habe zwischen ein paar Häusern etwas entdeckt. "Da ist eine goldene Kuppel!" Er blickt schnell hoch und dann wieder auf die Strasse. "Das ist der Felsendom", erklärt er mir knapp. "Und was macht man dort?", bohre ich weiter. "Was man hier macht. Beten, opfern und nochmal beten. Das ist das Gebäude der Muslime." Ah, noch eine der Religionen. Ich werfe einen kurzen Blick auf das Navi. "Irgendwie habe ich nicht das Gefühl, dass wir uns dem Ding nähern", bedenke ich. "Ich weiss, ich verstehe es auch nicht. Es ist mir ein Rätsel, wieso wir uns ihm nicht nähern." "Ich könnte es zu Fuss suchen..." "Kommt nicht in Frage!", unterbricht Sami mich. "Diese Stadt ist zu gross und auch nicht ganz ungefährlich. Du gehst nirgendwo hin, verstanden?" Oh mann, ist ja gut. Wollte ja nur helfen. Ich setze mich schmollend vor das Navi. Nach einiger Zeit beobachten, fällt mir plötzlich was auf. "Kann es sein, dass das Ding uns folgt? Oder von uns stets weggeht? Wie bei solchen Magneten." Sami runzelt die Stirn. "Das könnte sein. Aber warum?" Ich klettere geschwind auf den hinteren Teil des Schlittens und blicke hinab zu dem Ort, wo das Nummernschild eigentlich hängen sollte. "Habt ihr es mit Magneten angemacht?" Sami überlegt kurz und zuckt dann die Schultern. "Ich habe keine Ahnung. Die fünf Kollegen aus der Fortbewegungs-Abteilung haben sich darum gekümmert." Fortbewegungs-Abteilung? Darauf kommen wir später noch zu sprechen, da will ich genauer wissen, was das ist.
Ich lehne mich so weit es geht über den Rand des Schlittens und berühre die Holzanrichtung, welche dort unten festgemacht ist. Auf der Rückseite kleben tatsächlich ein paar Magnetstreifen. "Wie kann man das denn nun machen, dass sich die Magnete nicht abstossen, sondern anziehen?" Sami überlegt. Wir laufen ja jetzt zu dem Schild, heisst, wir stossen es ständig weg. Sie sind also gleich gepolt", schlussfolgert er. Was immer gepolt heisst. Anscheinend merkt er, dass ich keinen blassen Schimmer habe, was er da gerade plappert. "Die Erde hat auch zwei Pole." "Nord- und Südpol", weiss ich natürlich sofort. "Genau, die sind wie zwei Magnete. Aber frag mich jetzt nicht, wie das genau funktioniert. Auf jeden Fall gibt es positive und negative Pole. Positiv und positiv stossen sich ab, genau wie negativ und negativ. Positiv und Negativ dagegen ziehen sich an. Wir müssen jetzt also unsere Magnete hier umpolen." Himmel nochmal, das hört sich ja total kompliziert an. "Ich weiss nicht mal, ob das die richtigen Ausdrücke sind. Ich hatte in Physik einen Fensterplatz", grummelt Sami. "DU bist zur Schule gegangen?", frage ich erstaunt. Da kommen ja Geheimnisse hervor, man glaubt es kaum! "Ja natürlich! Glaubst du, ich werde allwissend erschaffen? Na hör mal Fräulein, wir müssen schliesslich wissen, was die Kinder aus aller Welt beschäftigt." Ah, so rum hab ich das gar nicht gedacht. Hihi, ich kann mir Sami gerade mit einer Schultüte beim ersten Schultag vorstellen. Wie süss!
"Und wie bringen wir das jetzt hin?" So eine Umpolung hört sich ganz schön kompliziert an. Sami kramt in der Kiste herum und befördert ein anderes Magnet hervor. "Aus irgend einem Grund haben sich die Magnete am Schild von allein geändert, das heisst, die Magnete sind nicht all zu stark. Es sollte reichen, wenn wir mit dem anziehenden Magnet über diese Streifen hier fahren." Na, wenn das mal klappt. Sami reicht mir das Magnet und ich halte es vor die Streifen. Sofort wird es angezogen und klebt fest. Na toll. Ich klettere auf die Kufen hinab und Sami hält die Rentiere an. "Genau, und jetzt einfach darüberfahren", weist Sami mich an. Mit aller Kraft rubble ich mit dem Magneten über die Streifen. "Das Schild bewegt sich auf uns zu!", ruft Sami plötzlich. Ich fahre noch schneller darüber und ich sehe, wie die Menschen verwirrt auseinander treten. Das Schild kommt auf uns zugeruckelt und sobald es in Reichweite ist, schnappe ich es mir. Es fliegt mir aber gleich aus den Händen und hängt sofort am Holz fest. "Sami, ich schlage vor, wir schlagen da noch ein paar Nägel rein, sonst verlieren wir das Ding wieder." Er ist alles anere als begeistert. "Du willst Löcher in das Schild boren?! Du kannst doch nicht einfach das Weihnachtsgeschenk des Chefs zerstören!" Was für ein Aufstand. Ich schüttle schmunzelnd den Kopf. "Da sind ja schon Löcher drinn um das Schild an zumachen," versuche ich ihn zu beruhigen. "Oh ... Na dann", meint er etwas überrascht und reicht mir Hammer und Nägel. Während ich das Schild mit den Nägel am Holz fixiere, beginnt Sami auf einmal zu Jubeln. "Was ist denn?", frage ich. "Wir haben bald keine Platzprobleme mehr. Das nächste ich das Truhensymbol! Dann ist der Eingang zum Schlittenbauch offen!"
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Another Christmas Story
FantasyAm Montag 1. Dezember hat es Lilja endlich geschafft! Der Schneemann auf dem Hügel hinter ihrem Haus im kleinen Dorf Sillvar ist endlich fertig. Sie will sich gerade auf ihren Schlitten setzen und nach Hause fahren, als sie von einem markerschüttern...