17. Dezember

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"Danke, dass wir sie für das Fest behalten durften", sagt Moana. "Danke, dass ihr sie wieder zurück gebt", bedankt sich Sami. Wir verabschieden uns von den Geschwistern und laufen zurück zum Schlitten. Die Rentiere stehen bereit und ich befestige die Lichterkette gleich am Schlitten. "Oh, das nächste Ziel ist das Landestheater Salzburg", sagt Sami. "Was wollen wir denn in einem Theater?", frage ich verwundert. "Dort hat es wohl die Notenblätter des Elfenchors hin geweht." "Elfenchor?" Sami nickt. "Wenn das Sprechrohr hier wäre, könnte ich dir zeigen, wo der Ton rauskommt. Sie sind dann auch im Schlittenbauch unten und singen während der Reise Weihnachtslieder." Der Weihnachtsmann hat es wirklich schön. Kaffeebecherhalter, Foto, Musik, kein Platzmangel... So sollte man Leben können.

Während Sami den Tacho einstellt, aktiviere ich das Geistlein und wir können uns wieder durch die Bäume bewegen. Ich würde mich nicht wundern wenn ich mit meinem Schlitten beim nächsten Ausflug in einen Baum donnere, nur weil ich das Gefühl habe, ich könne auch durch Bäume schlitteln. "Zieh dir die Jacke wieder an, in Salzburg ist es kalt." "Mh, Europa wieder", grummele ich und vermisse die Wärme jetzt schon. Doch ich tue, was Sami sagt Schliesslich habe ich keine Lust, schon wieder erkältet zu sein. "Nächster Halt: auf der anderen Seite der Erde", ruft Sami und treibt die Rentiere an. "Wie lange fliegen wir?" "Ein paar Minuten. Beeil dich." Schnell schlüpfe ich in meine warme Hose und ziehe den Pullover über das T-Shirt. Die Sandalen fliegen auch in die nächste Ecke und ich stecke meine Füsse in Socken und die warmen Stiefel. Und schon sind wir wieder im Tiefflug und zischen über Spanien und Frankreich hinweg direkt nach Österreich. Sami parkiert die Rentiere in einem Garten vor dem Schloss, welches mit Schloss Mirabell angeschrieben ist. "Fresst die Blumen nicht weg", mahnt Sami unsere tierischen Freunde. Die Rentiere schnauben etwas beleidigt. 

"Das Landestheater ist gleich da vorne." Sami zeigt ans anderen Ende des Gartens. Ausser uns sind nicht viele Menschen hier. Anscheinend ist es ihnen zu kalt oder wir haben einfach eine günstige Zeit erwischt. Ich tippe auf das zweite. So kalt ist nämlich nicht. Hier liegt nicht mal Schnee. Wir brauchen etwa 5 Minuten, um ans andere Ende zu gelangen. "Lass es uns beim Haupteingang versuchen," schlägt Sami vor. "Meinst du, es ist geöffnet?", frage ich ihn. Er zuckt mit den Schultern. "Ein Versuch ist es zumindest Wert." Der Haupteingang liegt auf der anderen Seite des Gebäudes. Drei Doppeltüren führe ins Innere. Auf gut Glück ziehe ich an einer der Türen und tatsächlich gibt sie nach. Schnell schlüpfen wir hindurch. Auf der anderen Seite empängt uns ein grosses Foyer. Mit all dem weissen Marmor und den goldenen Verzierungen strahlt der Saal etwas Edles aus. "Wow!", entährt es mir. Sofort hallt der Ton von allen Wänden wieder. "Komm, wir müssen da lang." Sami zieht mich durch eine weitere Tür in den eigentlichen Theatersaal. Bevor ich mich überhaupt umschauen konnte, hat mich Sami schon hinter die Stuhlreihen gezogen. Was soll den das? Gerade als ich protestieren will, hält mir Sami eine Hand auf den Mund. "Wir sind mitten in eine Probe geplatzt," flüstert er. Oh cool. Vorsichtig linse ich zwischen den Stühlen durch zur Bühne. Tatsächlich stehen da einige Männer und Frauen in lustigen Kostümen. "Pass auf, dass sie dich nicht sehen!" Sami drückt mich wieder nach unten. "Wir müssen irgendwie hinter die Bühne." Sami deutet auf das Symbol, ein Blatt mit Musiknoten, welches das Navi anzeigt, befindet sich in einem der Räume hinter der Bühne. "Vermutlich liegen sie in einer der Garderoben." So ein Mist. "Und wie kommen wir da hin?" Sami zuckt mit den Schultern. "Am besten ginge es, wenn wie über die Bühne könnten aber das geht ja jetzt nicht. "Was wäre, wenn wir den Schlitten holen und dann quasi durch die Bühne statt über die Bühne nach hinten gehen?", überlege ich im Flüsterton. Sami nickt langsam. "Das könnte funktionieren. Allerdings nur, wenn der Publikumsbereich auf der gleichen Höhe ist wie die Garderoben. Versuchen können wir es aber." "Erfreut nicke ich." Dann hohlst du den Schlitten, und ich warte hier, in Ordnung? Es bringt schliesslich nichts wenn wir beide gehen und du kannst den Schlitten besser lenken als ich." "Na gut, aber rühr dich nicht vom Fleck und mach keine Dummheiten während ich weg bin," mahnt Sami mich. Dann verschwindet er durch die gleiche Tür, durch die wir vorhin gekommen sind.

Ziemlich unbequem hier. Ich würde mich gern auf einen der Stühle setzten dann kann man mich aber von der Bühne aus sehen. Aber so ein Theater hat doch meistens auch Logen- und Balkonplätze. Ich lege den Kopf in den Nacken. Na wer sagts denn. So leise es geht und geduckt auf allen Vieren krieche ich zur Tür hinaus. Im Foyer richte ich mich schnell auf. Da die Logen und der Balkon höher sind muss ich irgendwo nach oben kommen. Direkt rechts und links von mir erheben sich zwei Treppen, die über meinem Kopf zusammen laufen. Ich renne nach oben und finde mich vor einer Reihe von Türe wieder. Ich drücke die Klinke der ersten Tür hinunter und strecke den Kopf durch den Spalt. Bingo! Sofort setze ich mich in die zweite Reihe. Nicht ganz nach vorne. Da könnte ich zu leicht entdeckt werden. Die zweite Reihe ist zwar immer noch riskant aber besser als die erste. Ich klappe eine der Sitze nach unten und lasse mich darauf fallen. Hm, diese Stühle sind echt bequem.

Da unten tut sich was. Ein Mann brüllt etwas im Saal herum, worauf alle Schauspieler von der Bühne verschwinden und nur noch eine junge Frau am Rand steht. Von irgendwo beginnt Musik zu spielen und die Frau beginnt zu singen. Wow hat die eine schöne Stimme! Das klingt super! Und man kann sie sogar ohne Mikrofon im ganzen Theater hören. Ein Mann kommt auf die Bühne gelaufen und singt mit. Er legt einen Arm um ihre Taille und sie beginnen zu tanzen. Seit wann singt man denn in einem Ballett? Oder ist es eine Oper mit Ballett? Es kommen noch mehr Leute auf die Bühne. Sie spielen das Volk. Jetzt kapier ich gar nichts mehr. Eine Oper-Ballet-Schauspiel-Aufführung? Was ist denn das für ein Stück? Das Pärchen tanzt weiter, aber ich erkenne nicht, welches Stück es sein könnte. Ach ja, der Mann trägt eine Uniform, eine rotes Oberteil mit schicken goldenen Verzierungen und eine schwarze Hose und einen blauen Hut. Er trägt auch ein Säbel am Gürtel. Die Frau trägt ein weisses Ballettkleid. Die Leute hinter den Beiden sind entweder grau angezogen oder tragen eine ähnliche Uniform wie der tanzende Mann. Plötzlich fangen sie an, gegeneinander zu kämpfen. Die Uniformen gegen die Grauen. Oh oben an der Bühne flimmert an einer Tafel ein Wort auf. Nussknacker. Ah, ja dann ist alles klar! Opa hat mir die Geschichte jedes Jahr zu Weihnachten erzählt. Uh jetzt kommt der Mäusekönig. Aber Himmel! Der hat eine tolle Stimme. Richtig tief grollen die Bässe zu mir hinauf. "Stop!", brüllt der Regisseur. Mann, jetzt wo es doch grade so schön wurde!

Wo bleibt eigentlich Sami? Der hätte doch längst wieder hier sein sollen? Ach ich Dummerchen, ich kann ihn doch gar nicht sehen! Und er kann mich nicht finden, weil ich hier oben bin. Toll, Lilja, wirklich! Ich krieche vorsichtig wieder auf den Gang hinaus und schleiche die Treppen hinab. Ich will gerade die Türe zum Ausgang aufmachen, da höre ich Samis Stimme brüllen: "Warte unten an der Treppe auf mich!" Dann ertönen ein paar überraschte, verwirrte Stimmen. Grinsend hopse ich die Treppen hinab und warte. Dann, vielleicht eine Millisekunde, sehe ich Sami, die Rentiere und den Schlitten vor mir und dann sind sie wieder weg. Ah, ich soll also springen. Also gut, Augen zu und durch! "Sami!" Ich stehe im Schlitten und er hält die Notenblätter in der Hand. "Warum habe ich dich gehört?" "Ich hab ins Mikrophon von Klara gebrüllt. Das hört man sogar wenn man nicht im Bann des Geistleins steckt."

Another Christmas StoryWo Geschichten leben. Entdecke jetzt