Dank dem Tacho kommen wir ohne Probleme in Indien an. In Gandai soll sich das Wachs befinden. Wir landen mit quietschenden Kufen und knarrenden Balken. „Das Ding fällt ja bald auseinander", bedenkt Sami. „Ich mache mich mit einem der Rentiere auf die Suche nach dem Wachs, du beginnst schon mal mit den Reparaturen." Sami nickt und holt einen Werkzeugkasten aus dem Schlitten und ich werfe meine Jacke in den Schlitten. „Wer will mitkommen und essen holen?" Eines der Rentiere, ich glaube, es ist Comet, kommt zu mir. „Bis später", rufe ich den anderen zu und wir laufen mit dem Navi zum Dorf. „Bist du Comet, oder?" Er schnaubt. Das heisst in seiner Sprache anscheinend ja. Hoffentlich fallen wir nicht zu sehr auf. Im Dorf, ist allerdings gerade Markttag und es sind so viele Leute unterwegs, dass man nicht sieht, dass Comet keine Kuh ist. Die Menschen halten aber würdig Abstand zu ihm. „Warum die Inder Kühe anbeten, ist mir immer noch ein Rätsel." Wir folgen dem Navi und ich finde das Wachs unter einem Marktstand. Comet stellt sich vor mich hin damit ich unbemerkt darunter kriechen kann. Ich schnappe mir das Ding und stopfe es in einen Plastiksack, der hier liegt. „Ich habs", flüstere ich und wir gehen weg. „Und jetzt brauchen wir was zu essen." Comet stupst mich mit seiner Nase an. Ich soll zum nächsten Stand laufen und mir die Ware ansehen. Also gut, aber wie soll ich bezahlen? Der Besitzer des Standes grüsst mich und sieht verwundert hinter mich. Anscheinend kennt er den Unterschied zwischen einem Rentier und einer Kuh nicht, denn er wirft sich vor Comet auf die Knie. Kopfschüttelnd beobachte ich ihn. So etwas aber auch... Der Mann steht auf und zeigt Comet die Auswahl. Er stupst mich an und ich hebe meine Hand. Er dirigiert mich mit sanften Stupsern zu dem, was er möchte. Ich frage mich, ob der Mann uns das einfach mitgibt. Anscheinend schon, denn er verbeugt sich, als Comet nichts mehr möchte. Oha... „Heiliges Ding du", sage ich und lache. Der Mann ruft den Menschen etwas zu, deutet auf uns und die Leute stürmen zu ihm an den Stand. Ach, so geht das! Die heilige Kuh hat bei dir gratis eingekauft und du hast jetzt natürlich das beste Essen. Unser Plastiksack ist erst halb voll und Comet trabt auf den nächsten Essensstand zu. Hier wiederholt sich das ganze Schauspiel noch einmal. Und genau wie der letzte Verkäufer ruft auch dieser nach den Menschen, sobald wir uns umgedreht haben. Comet scheint seinen Spass dabei zu haben und zieht mich zu einem Handwerksstand. Er will neue Bretter mitnehmen? Ist der Schlitten wirklich in einem so schlechten Zustand? Der Handwerker packt auf Comets Wunsch vier Bretter auf seinen Rücken und gibt mir einen Topf roter Farbe mit. Ich hintersinne mich beinahe, aber als wir den Markt verlassen wollen, stecken uns ein paar Standbesitzer Esswaren, Stoffe und Schmuck zu. Ok, irgendetwas läuft hier gewaltig schief!
Überladen kommen wir beim Schlitten an. Als Sami und die anderen Rentiere uns entdecken, fangen sie an zu lachen. Oder wie man das nennen soll bei Rentieren, wenn sie den Kopf schütteln und amüsiert schnauben. Sami nimmt mir die Tüten mit Essen ab. "Sami, wie kann das sein, dass die Dorfbewohner Comet für eine Kuh gehalten haben?" Während ich ihm beim Abladen der Bretter helfe. "Eine Kuh? Wie kommst du den darauf?", fragt er verwundert. "Einer der Händler ist vor Comet auf die Knie gefallen und dann haben sie uns alles Essen umsonst gegeben. Naja und den ganzen anderen Kram." Sami schmunzelt. "Ich glaube kaum, dass die Leute Comet für eine Kuh gehalten haben. Es stimmt zwar, dass die Kuh im Hinduismus ein heiliges Tier ist, aber ich vermute, es gibt auch noch andere Tiere, die sie verehren. Das kommt zum Teil auch etwas uf die Region an. Verschiedene Regionen haben verschiedene regionale Götter. Comet sah für den Mann vielleicht einem Tier ähnlich, welches dort in der Gegend verehrt wird. Anders kann ich mir das nicht erklären." "Achso," ich nicke. "Was machen wir jetzt eigentlich mit all dem Zeugs?" Mit dem Kopf weise ich auf den Berg aus Schmuck, Stoff und anderem Krimskrams. "Am besten, du versuchst so viel wie möglich dort in die Truhe zu bekommen." Ich nicke und fange an, alles auf den Schlitten zu verladen. Comet eilt mir sofort zu Hilfe. Während er hin und her läuft und mir Stoffbahnen, Halsketten, Armreifen und noch mehr Stoff bringt, versuche ich alles in die Kiste zustopfen.
Nach einiger Zeit habn wir es geschafft. Comet gesellt sich weider zu den anderen Rentieren und ich sehe Sami zu, wie er ein paar Nägel wieder einschlägt. „Kann ich dir was helfen?", frage ich dann und hüpfe auf den Boden. „Ja, kriech unter den Schlitten und schaue, ob sich dort was gelöst hat." Kein Problem, für das bin ich ja klein genug. Vielleicht ist Sami zu wenig gelenkig, um da hinzukommen. Ich krabble los und drehe mich in der Mitte auf den Rücken. Mit den Händen taste ich die Balken ab. „Sami, hier ist eines entzwei. Zum Glück hat Comet auf die Bretter bestanden." „Brich es hinaus. Wir drehen den Schlitten nachher, um die Kufen zu wachsen." Ich schlage hinein und das Brett bricht knackend auseinander. Die anderen sind in Ordnung und ich krabble wieder hervor. Sami schlägt die letzten Nägel ein. „Wir stemmen uns jetzt gemeinsam gegen den Schlitten." Wir drücken uns gegen den Schlitten, Blitzen hebt mit seinem Geweih die Kufen an und mit einem Rums kippt der Schlitten. Die Kufen sehen am Schlimmsten aus. Sie sind voll Rost und kleine Steine stecken im Eisen. Dann ist das Loch im Boden und es sieht ganz schmutzig aus.
„Cupid und Dasher, ihr zwei holt Wasser bei dem Bach da hinten. Donner und Blitzen, ihr helft mir beim befestigen der Bretter und Dancer und Comet, ihr helft Lilja beim wachsen der Kufen." Sofort machen sich alle an die Arbeit. Dancer und Comet nehmen einen Lappen in ihr Maul und wischen die Kufen sauber. Ich habe die Tiere unterschätzt. Sie sind wirklich sehr klug. Sie putzen für mich die Kufen und ich kann an den geputzten Stellen wachsen. Ich öffne den Topf. Darin liegt ein Pinsel in einem zweiten Deckel. Ich nehme den Pinsel hinaus und hebe den zweiten Deckel. Dort ist die glibberige Masse. Ich tauche den Pinsel hinein und bestreiche die Kufen. Sobald die Masse das Metall berühren, funkeln kleine Sternchen und sie fressen die Rostflecken weg.
Wir pinseln, hämmern und putzen und als wir fertig sind, kommen Cupid und Dasher mit dem Wasser zurück. Beide tragen zwei Kessel voll Wasser. Ich mache ein Feuer an und setzte einen Kessel zum Kochen auf. Einer ist für die Rentiere zum Trinken und die anderen beiden brauchen wir fürs Putzen. Das machen nur Sami und ich. Die Rentiere ruhen sich aus, fressen etwas und geniessen die warme Sonne. Wir putzen den gesamten Schlitten und streichen ihn dann wieder rot. Wir brauchen den ganzen Kessel Farbe und der Schlitten leuchtet wieder wunderschön. „So sieht er doch wieder super aus", freut sich Sami. „Wir müssen etwas sanfter mit ihm umgehen, sonst ist er vor Weihnachten wieder so kaputt." „Wir werden keine Bruchlandungen mehr machen. Hoffentlich." Wir setzen uns ans Feuer und kochen das Gemüse, welches Comet und ich am Markt bekommen haben. Die Nahrungsmittel, die wir nicht brauchen, legt Sami in die Kiste. Wir verspeisen den leckeren Eintopf und räumen anschliessend alles wieder auf. Bis wir die Werkzeuge eingesammelt und versorgt haben, geht es schon wieder auf den Abend zu. „Welches Teil ist als nächstes dran?", frage ich gähnend. „Das Fernlicht. Damit können wir auch im Stockdunkeln etwas erkennen." Wir legen uns um die Glut des Feuers und kuscheln uns in die Decken. „Aber das Suchen wir morgen. Gute Nacht."
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Another Christmas Story
FantasyAm Montag 1. Dezember hat es Lilja endlich geschafft! Der Schneemann auf dem Hügel hinter ihrem Haus im kleinen Dorf Sillvar ist endlich fertig. Sie will sich gerade auf ihren Schlitten setzen und nach Hause fahren, als sie von einem markerschüttern...