Ich drehe mich wieder um und suche nach Sami, den Rentieren und dem Schlitten. Hinter dem Hügel, wo wir den Schlitten stehen liessen, sitzt die komplette Gesellschaft mit langen Gesichtern. Was ist denn mit denen los? "Sami?", rufe ich. Er wischt sich verwirrt übers Gesicht und sieht zu mir hoch. Da springt er wie von der Tarantel gestochen auf und flitzt zu mir hoch. "Das... das ist nicht möglich! Ist das echt?" Er stupst mit seinem Finger in meinen Arm. Verwirrt sieht er mich an. "Sami, was soll das werden?" "Lilja!", ruft er und schlingt seine Arme um mich. Perplex erwiedere ich die Umarmung. Himmel nochmal, was ist denn in den gefahren? Ich sehe, wie die Rentiere auf uns zugetrabt kommen und sie neugierig an mir schnuppern. "Was ist denn nun? Hab ich was verpasst?" "Die Vorkammer? Wie bist du entkommen?" "Was denn entkommen?" Angstrengt denke ich nach. Ich habe das Anchkreuz aufgehoben, dann war Anubis da und hat mich raus gebracht. "Als die Türe hinter uns zuging, ist die Vorkammer eingestürzt." Ach soo!! Anubis hat ja gesagt, dass ich nur dank seinem Kreuz noch am Leben bin. "Das Anchkreuz von Anubis hat mir das Leben gerettet. Es ist ihm runter gefallen und ich dachte, dass es unseres ist." "Anubis? Der Totenbote? Na das erklärt, warum wir dich nicht gefunden haben." "Ihr habt nach mir gesucht?" "Selbstverständlich! Ungefähr vier Stunden sogar!" Vier Stunden?! Das kann nicht sein. Ich war doch nur fünf Minuten weg! Sami sieht meine verwirrte Miene. "Es ist der 24. Dezember und wir haben vier Uhr morgens. Wir müssen so schnell wie möglich nach Svalbard. Der Weihnachtsmann muss schon bald starten, in Neuseeland ist bald Abend und die Rentiere und der Schlitten müssen geputzt und natürlich die Geschenke verladen werden. Also legen wir besser mal einen Zahn zu!" Ohne mich überlegen zu lassen, wie ich diese vielen Stunden verbracht habe, zieht Sami mich zum Schlitten und schubst mich hinein. In aller Eile spannt er die Rentiere an und ich programmiere schon mal den Tacho. Sami springt auf, die Rentiere laufen los und ich aktiviere das Geistlein.
Vorsichtshalber ziehe ich mir schon mal die Jacke an und wenig später landen wir auf einer - wow ich dachte das gibts nur im Film - Landebahn komplett aus Eis. Staunend blicke ich auf die umher eilenden Elfen und da kommt auch schon der Chef persönlich angelaufen. "Sami, mein Junge, wo bist du denn gewesen?", begrüsst er uns. Sami zieht den Kopf ein und druckst etwas herum. "Donnerwetter!", rutscht es mir heraus. Erstaunt sieht der Weihnachtsmann auf. "Na, wen haben wir denn da?" Ein breites Grinsen stiehlt sich auf sein Gesicht. Er sieht genau so aus wie der Typ vom Fernsehen. Weisser Bart, rote Kleidung, freundliche Augen und eine runde Brille. "Öh, hallo?" Scheinheilig grinse ich an. "Wie kommt denn die kleine Lilja aus Sillvik hierher?" "Ehm, Chef, das ist alles meine Schuld", brabbelt Sami. "Ach Sami, tu doch nicht so. Erzähl es ihm einfach. Von A bis Z, ohne ein Detail auszulassen." Wir hüpfen aus dem Schlitten und sofort kommt eine Mannschaft Elfen angelaufen und führen die Rentiere samt Schlitten in eine grosse Halle, die mich an die Lagerhalle in Italien. "Na dann kommt mal ihr zwei", sagt der Weihnachtsmann und führt uns in sein schickes kleines Häuschen. Dort steht Frau Weihnachtsmann am Herd und kocht leckere Suppe. "Uh das riecht aber gut!" Mir läuft das Wasser im Mund zusammen. Überrascht dreht sie sich um. "Sami, Lilja! Wie haben wir uns sorgen um euch gemacht!" Sie schliesst uns beide in die Arme und drückt uns. "Schon gut, ich will jetzt wissen, was passiert ist", drängelt der Weihnachtsmann. Wir setzen uns an den Tisch und Sami beginnt zu erzählen.
Ich habe ihn noch nie so viel am Stück reden hören. Und zwar ohne Punkt und Komma. Er leiert sämtliche Stationen und Teile runter und schildert ausführlich das Abenteuer rundherum. Als er fertig ist, bricht der Weihnachtsmann in schallendes Glächter aus. Seine Frau schüttelt nur amüsiert den Kopf. "Ich habe dir doch gesagt, du sollst allen Elfen mitteilen, dass ein neuer Knopf am Schlitten angebracht wurde." Sami und ich sehen uns verwirrt an. "Was für ein Knopf?" Weil der Weihnachtsmann immer noch nicht sprechen kann, übernimmt das seine Frau für ihn. "Einer, der sämtliche speziellen Teile im Nu anzieht. Ihr hättet also nicht nach jedem einzelnen Teil zu suchen brauchen." Uns fällt die Kinnlade runter. Der Weihnachtsmann lacht noch heftiger als zuvor. Wenn der so weitermacht, platzt er noch. "Das darf doch nicht wahr sein!", knurrt Sami und verwirft die Hände. Plötzlich haut der Weihnachtsmann begeistert auf den Tisch. "Ich muss dieses Video sehen!" "Video?!?", rufen wir gleichzeitig entsetzt. Doch der Mann in rot ist bereits losgestürmt und wir eilen im hinterher. Für einen alten Mann ist er ganz schön gut zu Fuss. Wir stürmen in die Halle, wo der Schlitten gerade auf Hochglanz poliert wird. Die sechs Rentiere sind auch beinahe nicht wieder zu erkennen. Erst jetzt wo das Fell so schön glänzt, bemerke ich, wie schmutzig sie vorher waren. Der Weihnachtsmann marschiert zielstrebig auf den Schlitten zu und fummelt etwas am Armaturenbrett herum. "Na dann schauen wir uns die Show doch mal an." Er legt die kleine Kugel auf den Boden und das Licht in der Halle verschwindet und rund um uns herum erscheint die Lichtung, auf welcher ich Sami getroffen habe. "Verdammte Scheisse, das darf doch wohl jetzt nicht wahr sein! Was ist denn mit diesem bekloppten Schlitten los? Beim dicken Bauch des Weihnachtsmanns, der ist ja total kaputt!", flucht der virtuelle Sami. Der Weihnachtsmann sieht Sami gespielt böse an. "Und die elenden Rentiere sind auch abgehauen! Wie soll ich denn den Schlitten ohne die Mistviecher nach Hause schaffen?" Ich höre ein empörtes Schnauben. "Ach du heiliges Geschenkpapier, der Chef bringt mich um!" Und dann sehe ich mich zwischen den Bäumen hervortreten! "Hey, du? Alles in Ordnung bei dir?"
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Another Christmas Story
FantasyAm Montag 1. Dezember hat es Lilja endlich geschafft! Der Schneemann auf dem Hügel hinter ihrem Haus im kleinen Dorf Sillvar ist endlich fertig. Sie will sich gerade auf ihren Schlitten setzen und nach Hause fahren, als sie von einem markerschüttern...