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Als die Uhr 0 schlägt ist die Stimmung wieder mehr als ausgelassen. Nathan hat es geschafft sich in den 12 Minuten so abzuschießen, dass er jetzt sturzbesoffen jedem der ihm gratuliert in die Arme fällt und sich kaum noch alleine halten kann.

Melli gratuliert ihn nach mir, doch er stürzt sich nicht in ihre Arme wie erwartet. Er drückt einfach so seine Lippen auf ihre. Ihr erschrockenes Gesicht lässt mich auflachen, aber nach kurzer Zeit erwidert sie den Kuss. 

Gejubel geht durch die Runde und als die beiden sich lösen reißt Nathan beide Arme in die Luft, stimmt in das gejubelt ein und dreht sich dann um und verschwindet mit der Meute im Wohnzimmer.

Fassungslos schauen Melli und ich uns an, dann fangen wir beide an zu lachen. Diese Situation ist einfach absurd, wir sind alle betrunken, Nathan ist eigentlich sauer auf uns und küsst statt uns anzuschreien einfach Melli.

Was ein Abend.

Am nächsten Morgen wache ich mit höllischen Kopfschmerzen auf. Und es wird nicht besser als ich meinen Bruder von unten laut reden höre. 

Ich werfe die warme Decke zurück, um von der angenehmen Temperatur in meinem Zimmer empfangen zu werden. Müde reibe ich mir über Augen und Stirn und schleppe mich anschließend ins Badezimmer. Das kalte Wasser erfrischt mich und macht mich wenigstens ein bisschen munterer. 

Auf dem Weg nach unten muss ich aufpassen wo ich hintrete. Unser Haus ist ein Schaustall. Überall liegen Becher, Flüssigkeiten wurden verschüttet und andere undefinierbare Dinge denen ich mit einem großem Bogen aus dem Weg gehe. 

Als ich unten ankomme kann ich die Stimmen zuordnen. Es sind Nathan und Ryan die sich schon lauthals am unterhalten sind.

"Morgen", murmel ich zur Begrüßung und gehe in die Küche um mir etwas zum Frühstück zu machen. 

"Du brauchst gar nicht weglaufen, um dieses Gespräch wird keiner von euch drumrum kommen", ruft Nathan mir hinter her und folgt mir in die Küche. Er lehnt sich an die Arbeitsplatte und verschränkt die Arme vor der Brust. 

Ryan setzt sich an den Tresen und scheint schon zu viel von Nathans Belehrung zu haben. Sein Blick fängt meinem und ich weiß das alles gut werden wird. 

Irgendwie macht es mich beinah stutzig, dass er immer noch so eine Wirkung auf mich hat. Für mich schien es immer unmöglich nachzuvollziehen wie es sich anfühlt unbeschwert zu sein, Sicherheit und Liebe zu erfahren. Aber Ryan gibt mir all das, und das ist das einzige was zählt. Egal was Nathan davon hält, uns wird nichts mehr davon abhalten können.

"Ich will das ihr euch nicht mehr trefft" -"Was", gebe ich im selben Augenblick zurück als die Bedeutung seiner Worte bei mir ankommt. 

"Wie könnt ihr von mir verlangen, dass ich das akzeptiere. Ich meine, du bist meine kleine Schwester. Du bist erst 17 und du bist mein Bester Freund. Wie soll das ablaufen, kommst du erst mich besuchen und gehst dann rüber zu meiner kleinen Schwester um was weiß ich mit ihr zu machen. Das kommt nicht in Frage"

"Dann darfst du nicht mit Melli zusammensein", antworte ich wie aus der Pistole geschossen. "Ist doch das gleiche oder, soll Melli erst mich besuchen und dann zu dir rüber gehen? Das ist natürlich kein Problem oder wie?"

Nathan guckt mich verdutzt an. Er weiß ganz genau das ich recht habe, aber sein Stolz würde niemals zulassen das laut zuzugeben.

"Und ihr meint es ernst?", überrascht mich Nathan. Ich nicke und schaue zu Ryan. Sein Blick scheint durch mich hindurch zu gehen, seine Gedanken wo ganz anders zu hängen.

"Ob du es ernst mit meiner Schwester meinst, möchte ich wissen?", fragt Nathan nochmal explizit an Ryan gewannt. Dieser zögert mit seiner Antwort, spricht dann aber trotzdem "Ja"

"Ja. -aber ich denke wir müssen noch über einiges reden"

***

Melli kommt mit zwei Tassen heißer Schokolade zurück in ihr Zimmer. Ich liege auf ihrem Bett und suche an ihrem Laptop nach einem guten Film den wir beide noch nicht kennen.

"So, jetzt erzähl aber mal. Wie ist das Gespräch heute morgen gelaufen?", sie setzt sich neben mich und reicht mir eine der Tassen.

"Eigentlich ganz gut. Nathan scheint es ein wenig eingesehen zu haben", bei der Erwähnung von Nathans Namen wird ihr grinsen noch ein bisschen breiter, was mich daran erinnert, vergangene Nacht noch mal genauer zu thematisieren.

"Aber eigentlich, willst du doch viel lieber über den Kuss sprechen nicht war?", frage ich sie also.

"Hm nein, also es sei denn er hat noch irgendwas dazu gesagt", ich kann genau raushören das sie eigentlich sehr wohl darüber sprechen will, aber hauptsächlich scheint sie erst einmal erfahren zu wollen ob er sie nochmal erwähnt hat.

"Also konkret hat er nichts mehr dazu gesagt, aber er meinte bei unserem Gespräch, dass Ryan und ich uns nicht mehr treffen sollen, woraufhin ich ihm dann gesagt habe, dass das das gleiche ist wie bei euch und das ihr euch nach seinem Prinzip auch nicht mehr treffen dürftet und dann hat er eingelenkt. Also das ist doch schon mal ein guten Zeichen, er will sich offensichtlich noch mit dir treffen und nimmt dafür sogar in Kauf, dass Ryan und ich uns sehen können", berichte ich ihr von dem Gespräch heute morgen.

Ihr Lächeln wird breiter und sie senkt schnell den Kopf um ein Schluck von ihrer heißen Schokolade zu nehmen.

"Und?", frage ich sie also, genau wissend, dass sie weiß was ich meine. "Und was?", stellt sie sich trotzdessen auf unwissend.

"Und wie fandest dus? War es so wie du es dir vorgestellt hast?", stelle ich meine Frage trotzdem nochmal genauer.

"Mhm", murmelt sie nur zustimmend. Irgendwas ist hier faul.

"Sag schon, ich bin immer noch deine Beste Freundin, du weißt alles von mir und es gibt nichts worüber du nicht mit mir reden kannst"

"Naja, ich weiß nicht. Nathan ist dein Bruder und irgendwie ist es schon ein bisschen komisch mit dir darüber zu reden wie dein Bruder küsst"

"Ja das stimmt wohl. Aber was hältst du davon wenn wir ihn ab jetzt bei solchen Themen einfach Hanz nennen, dann assoziiere ich die Kusskünste oder was auch immer in diese Richtung nicht mit meinem eigenen Bruder", schlage ich vor um die Situation irgendwie einfacher zu machen.

"Hanz?", fragt Melli hingegen nur lachend "wie kommst du denn darauf?"

"Naja unter Hanz stelle ich mir weder meinen Bruder vor, noch irgendwen besonders attraktiven" (nicht böse gemeint an alle die Hanz heißen)

"Ok, als Hanz hat sehr gut geküsst", lacht Melli und wird bei jedem Wort röter. Sie ist so süß wenn sie sich schämt.

"Und gehst du jetzt mit Hanz oder ist da noch alles offen?", frage ich sie auch lachend zurück, muss aber feststellen, dass diese Frage noch ungeklärt zu sein scheint.

Ihr Miene wird ein bisschen trauriger, sie zuckt mit dem Schultern und sagt "Er hat sich noch nicht gemeldet"

***

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