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"Was sollte die Schieße?", ich bin so aufgebracht wie schon lange nicht mehr. Erst das was zwischen uns vorgefallen ist, dann der ganze Stress zu Hause und jetzt muss ich mir auch noch Gedanken über Ryans Gesundheit und seinen Schulabschluss machen.

"Geht dich nichts an, halt dich am besten einfach daraus", antwortet er zischend. Ungläubig starre ich ihn an. "Das ist jetzt nicht dein Ernst" schnaube ich verächtlich. Wie kann er nur so sein?

"Du wusstest doch von Anfang an wie das bei mir läuft, jetzt mach kein Aufstand. Wir hatten eine schöne Zeit und die ist jetzt nunmal vorbei"

"Halt an", sage ich, aber leider bricht meine Stimme dabei. "Hm", macht Ryan.

"Halt sofort an", sage ich diesmal fester. Ich muss mich vor ihm ja nicht noch mehr blamieren, ganz offensichtlich haben wir unsere Beziehung anders gedeutet, denn für ihn war es etwas, dass er schon mit hundert anderen hatte, für mich etwas, was ich bestimmt mein ganzes Leben nicht nochmal finden werde. Denn er hat mir immer das Gefühl von Sicherheit und Freiheit vermittelt, das genaue Gegenteil empfinde ich jetzt gerade. 

Die Luft in diesem Auto scheint einen so geringen Sauerstoffgehalt zu haben, dass ich bei jedem Atemzug denke ich ersticken. Erst als er den Wagen endlich rechts ran lenkt und ich aussteigen kann, kann ich wieder atmen.

Als er davon fährt wähle ich Mellis Nummer, noch bevor sie abnimmt breche ich in Tränen aus. Wie konnte ich mich so täuschen lassen. Er ist und bleibt ein Player, und es war naiv zu glauben das ausgerechnet ich ihn umgepolt hätte.

"Hallo", meldet sich Mellis Stimme vom anderen Ende der Leitung. Als ich ihr antworten will kommt nur ein schluchzen aus meiner Kehle. 

"Wo bist du? Ich komme sofort zu dir", höre ich sie sagen, doch da ist die Verbindung weg. Mit zitternden Händen schicke ich ihr über WhatsApp meinen Standort. 

Die Minuten die auf sie warte fühlen sich an wie Stunden. Kaum zu glauben was ein andere Mensch mit einem anstellen kann. Und dabei dachte ich, ich hätte den schlimmsten Schmerz den man ertragen kann schon erlitten. Aber damit lag ich falsch, das hier ist schlimmer. Schlimmer als die verletzenden Worte meines Vaters, schlimmer als seine Faust und auch schlimmer als sein Gürtel der Narben auf meinem Rücken hinterlasse hat die nie wieder verschwinden werden. 

Die Wunden die mir mein Vater zugefügt hat, verheilen. Zumindest die meisten, aber das hier. Ich glaube nicht daran das es jemals verheilt, jemals so sein wird wie früher, es werden immer Narben, Lücken in meinem Herzen bleiben.

Als Melli bei mir ankommt und mich fest in ihre Arme schließt kann ich nicht mehr an mich halten. Ich sacke in ihrer Umarmung zusammen, klammer mich verzweifelt an sie und schaffe es keine Sekunde länger die schluchzenden Geräusche aus meiner Kehle zurück zu halten.

In ihrem Zimmer, im Bett eingekuschelt mit einer heißen Schokolade, fühlt es sich noch immer genauso schlimm an. Nur das ich nicht alleine bin, ich kann auf sie zählen, immer.

Und dann reden wir, es ist endlich die Zeit dafür gekommen, denn ich weiß das sie für mich da ist. Ich erzähle ihr erst alles was mit Ryan passiert ist, und als ich damit fertig bin, erzähle ich ihr von meinem Vater, von allem was ich zu Hause aushalten muss. 

Wir weinen zusammen um mein Leid, fühlen uns verbundener denn je und bangen vor der Tatsache nichts unternehmen zu können. Denn genauso ist es, man kann nichts unternehmen. Mit allem was man tut verschlimmert man die Situation, niemand ist in der Lage diesen Teufelskreislaufs zu unterbrechen. Niemand außer mir selbst, wenn ich es endlich kann.

Ryan's P.o.V.: 

Wütend verlasse ich das Polizeirevier. Jedesmal werde ich aufs neue vertröstet 'wir können da leider noch nichts unternehmen, warten Sie noch ein bisschen ab'. Aber verstehen die denn nicht, dass Zeit genau das ist, was ich eben nicht habe. 

Verdammt, dass dauert alles viel zu lange. 

Nicht nur das ich es mit Jenna verbockt habe, nein ich muss auch noch als darauf warten das mein Plan endlich vollzogen wird. 

Am Anfang ging es mir nur darum, den Plan zu vollziehen, aber nachdem ich mehr Zeit mit ihr verbracht habe hat sich die Situation verändert. Es geht jetzt nicht nur um Emy und meine Mum, es geht auch um sie. Wenn nicht sogar noch mehr.

Denn sie ist dort, bei ihm, und leidet. 

Aber er wird dafür bezahlen was er ihr antut, und auch dafür was er meiner Mum angetan hat.

***

765 Wörter

Heute mal ein etwas kürzeres Kapitel, dafür aber sehr aufschluss- und ereignisreich. Hoffe es gefällt euch :*




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