Kapitel 4 - Durch die Straßen

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Als wir eine Ewigkeit später aus dem Pool stiegen (meine Finger waren schon verschrumpelt und mir klapperten die Zähne)  war es bereits stockdunkel. Die Jungs zogen sich schamlos die nassen Unterhosen aus und schlüpften in ihre trockenen Klamotten. Ich vermied es, zu Volkan zu gucken. Ich glaubte nicht, dass ich es verkraften würde, ihn jetzt nackt zu sehen.

Nesrin mokierte sich lautstark darüber, ein Handtuch zu brauchen, bis Sasan ihr Gentleman-like sein T-Shirt opferte. Ich zog mir hinter einem großen Busch die nasse Unterwäsche aus, verstaute sie in meiner Handtasche und zog mir meine trockenen Sachen an.

  Sasan stand am Rand des Pools und grinste mich schon wieder breit an. Es war gerade niemand in Hörweite, trotzdem fragte er flüsternd: "Hab mich gerade mit Nesrin über dich und Volkan unterhalten. Wir finden, ihr wärt ein hübsches Pärchen."

  "Oh komm, laber nicht, ich hab noch nie auch nur ein Wort mit ihm gewechselt."

  "Aber du findest ihn gut, oder? Sag mal, Nesrin meinte... weißt du echt nicht, naja... wer er ist?"

  "Wer soll er denn sein?", fragte ich irritiert und zerbrach mir den Kopf darüber, ob ich ihn schon mal irgendwo gesehen hatte.

  "Oh, nein nein, er ist nur der Volkan", sagte Sasan sehr schnell. "Ich dachte bloß, ihr wärt euch schon mal, äh, begegnet oder so, vergiss es einfach." Er hatte einen Gesichtsausdruck drauf, den ich nicht ganz deuten konnte, und fuhr fort: "Also? Stehst auf ihn, oder was?"

  "Hörst du mal auf, zu nerven, oder was?" Neckend schubste ich ihn leicht. Er lachte und wollte mich wohl ebenso leicht zurückschubsen – allerdings unterschätzte er seine eigene Kraft. Schrillen kreischend ruderte ich noch mit den Armen, aber vergebens – ich landete mit mit einem Platschen im Pool. Wasser schoss mir in die Nase und für einen kurzen Moment wusste ich nicht, wo oben und unten war, bis mein Kopf die Oberfläche durchbrach.

  "Sasan, du Arschloch!", hustete ich atemlos.

Gelächter hallte durch die ansonsten stille Nacht. Besonders Mustafa konnte sich kaum halten. Sasan reichte mir mit verkniffenem Lachen die Hand und zog mich aus dem Wasser. "Sorry Kleine, das war echt nicht mit Absicht."

  "Ja toll, das macht mich jetzt auch nicht trockener", beschwerte ich mich, musste aber ebenfalls lächeln.

In ausgelassener Stimmung gingen wir in Richtung der Autos. Ich blieb etwas zurück und versuchte, mit wenig Erfolg, meine Klamotten auszuwringen.

  "Willst du das nicht lieber ausziehen?", fragte eine tiefe Stimme vor mir. Etwas erschrocken blickte ich auf. "Ich kann dir mein T-Shirt geben. Nicht, dass du dich noch erkältest oder so", sagte Volkan.

  "Da-danke, das ist nicht nötig... obwohl, naja doch, wäre schon cool eigentlich. Wenn es dir keine Umstände macht, du musst echt nicht, sonst frierst du doch..."

Wortlos zog Volkan sich sein Shirt über den Kopf. Angestrengt versuchte ich, seinen nackten Oberkörper nicht anzuglotzen. "Hier, nimm. Ich frier' schon nicht."

  "Danke. Ähm, drehst du dich mal kurz weg?"

Mit dem Anflug eines Lächelns drehte er sich um und ging langsam weiter den Pfad entlang zur Vorderseite des Hauses. Schnell zog ich mir meine nassen Sachen aus und sein T-Shirt über. Es war an einigen Stellen feucht, aber besser als mein komplett durchtränktes eigenes. Es war mir viel, viel zu groß, ich hätte es als Kleid tragen können. Naja, quasi genau das tat ich ja auch. Ich wurde mir bewusst, dass ich gerade NICHTS  anhatte außer seinem übergroßen Oberteil. Ich sollte mich in der nächsten Zeit besser nicht zu weit vorbeugen.

Als er hörte, dass ich ihm nacheilte, drehte er sich um und musterte mich von oben bis unten.

  "Schick, oder?", fragte ich ihn und nahm eine übertriebene Pose wie ein Fashion-Model ein.

Alles, was ich seh', bist duWo Geschichten leben. Entdecke jetzt