Kapitel 6 - Hood-Safari

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Mein Herz machte wieder einen kleinen Hüpfer, als ich Volkan auf einer der gepolsterten Bänke sitzen sah. Beruhige dich, Mädel.

Serkan war ebenfalls da. Wir begrüßten uns mit einer Umarmung.

  "Hier, dein Shirt." Ich streckte Volkan das in eine Plastiktüte eingewickelte T-Shirt entgegen, das ich wie versprochen gewaschen und zwar nicht gebügelt, aber sorgfältig zusammengelegt hatte.

  "Danke", sagte er und warf einen kurzen Blick in die Tüte. Er hatte schon wieder seine Sonnenbrille auf, obwohl es eher bewölkt war. "Wow, nett gefaltet. Du musst mal zu mir nach Hause kommen und meinen Kleiderschrank sortieren."

Ich lächelte nervös.

  "Ey Volkan, wir haben uns im Auto grade 'Roller'  angehört", funkte Sasan dazwischen.

  "Ach ja? Und?"

Wir verteilten uns alle auf die gemütlichen Sitze um eine riesige Shisha herum.

 "Sie fand es 'ganz nett'", sagte Sasan, woraufhin alle drei Männer lachten.

  "Irgendwann", sagte ich etwas genervt, "müsst ihr mir mal erklären, warum ihr mich alle ständig auslacht."

  "Wir lachen dich schon nicht aus, Kleine", versprach Sasan und tätschelte mir den Kopf. Ich duckte mich weg.

  "Und wieso musst du mich immer 'Kleine' nennen, hm?"

  "Könnte eventuell mit deiner Körpergröße zu tun haben", meldete sich Volkan. "Bist schon ein bisschen zwergenhaft."

  "Witzig. Und wie ist das Wetter bei dir da oben? Sonniger als hier unten, oder warum hast du immer diese Brille auf?"

  "Die Sonnenbrille schützt meine Identität", sagte er, mit einem leicht humorvollen Unterton.

  "Welche Identität denn. Hast du auch vor, Rapper zu werden, wie Sasan?"

Sasan konnte sich daraufhin nicht mehr beherrschen. Er prustete laut los. "Lieber nicht", brachte er lachend hervor, "das will doch nun wirklich keiner hören."

  "Maul, Kleiner", entgegnete Volkan.

* * *

Wir saßen, bis es längst dunkel wurde. Ich schloss Sasan immer mehr ins Herz. Was ich mit Volkan anfangen sollte, war mir immer noch nicht ganz klar. Ich wusste nur, dass mir jedes Mal, wenn er mich anlächelte oder ansah – inzwischen hatte er die Brille doch noch abgenommen – fast das Herz stehen blieb. Ich kicherte sehr viel, was ich von mir gar nicht kannte. Ich schob es auf den dritten Gin Tonic, den ich mir mittlerweile bestellt hatte.

Als gegen 3 Uhr morgens die Bar schloss und es Zeit wurde, zu gehen, landeten Volkan und ich irgendwie wieder zusammen in seinem Zweisitzer-Cabrio.

  "Willst du nach Hause?", fragte er, als wir das Ortseingangsschild von Ludwigshafen passierten.

  "Was ist denn die andere Option?"

  "Weiß nicht. Ich hab Bock, noch bisschen rumzufahren. Es ist so spät jetzt, da können wir die Nacht auch durchmachen."

  "Okay, dann lass irgendwo hinfahren." Ich war ziemlich müde, versuchte nun aber, mich wieder anzutreiben. Hier ein kleines Geständnis: ich bin eigentlich ziemlich spießig und habe noch nie, in meinem ganzen Leben nicht, eine Nacht durchgemacht. Besonders nicht, wenn ich am nächsten Tag wieder zur Schule beziehungsweise Uni musste. Aber jetzt wohnte ich allein, war Studentin, und hatte das Bedürfnis, auch mal was wildes  zu machen. Wild für meine Verhältnisse, zumindest.

Alles, was ich seh', bist duWo Geschichten leben. Entdecke jetzt