Panik schnürte mir langsam die Kehle ab, als ich überlegte, was ich jetzt tun sollte. Ich wartete noch fünf Minuten – bei jedem kleinen Geräusch zusammenzuckend – ob Paul nicht doch noch zurückkommen würde. Ich schien seinen Stolz wirklich sehr gekränkt zu haben, denn er kam nicht wieder.
Schließlich zog ich mein Handy aus der Tasche und wählte Sasans Nummer, um ihn anzuflehen, mich hier abzuholen. Ich ließ es bestimmt 30 Mal klingeln, aber er nahm nicht ab. Fieberhaft überlegte ich, wen ich noch kannte, der ein Auto hatte. Serkan, aber ich hatte seine Nummer nicht. Nesrins Bruder. Ich versuchte, Nesrin anzurufen, aber sie ging ebenfalls nicht ran. Kein Wunder, wahrscheinlich schliefen sie alle schon.
Ich biss mir auf die Unterlippe. Die Stimme in meinem Hinterkopf gab sich seufzend geschlagen. Es war die logischste Wahl. Ich betete, dass er nicht gerade betrunken war, und wählte den Kontakt aus. Er nahm nach ein paar Sekunden ab.
"Ja?" Er klang verschlafen.
"Volkan? Kannst du mir bitte einen riesigen Gefallen tun?"
* * *
Ich sprang am Straßenrand auf und ab und winkte, als ich aus der Ferne zwei Scheinwerfer auf mich zukommen sah. Etwas zu spät dachte ich, dass es auch ein Fremder sein könnte, dem ich hier gerade zuwinkte, und war umso erleichterter, als ich Volkans Auto erkannte. Er wendete auf der Straße und kam dann mit heruntergekurbeltem Fenster neben mich gefahren. "Ich weiß, du hast gesagt, ich soll nicht fragen, aber... was zur Hölle machst du hier?"
"Lange Geschichte", wehrte ich ab und lief zur Beifahrerseite. Er fuhr los und ich war froh, als er mich nicht weiter drängte, ihm die Geschichte zu erzählen.
"Wie laufen eigentlich die Vorbereitungen für die Tour?", fragte ich nach einer Weile, um die Stille zu übertönen.
"Gut", antwortete er. "Ist stressiger, als man sich das vielleicht vorstellt, aber lohnt sich. Wie läuft's in der Uni? Bald neues Semester, oder?"
"Ja. Läuft gut, bisher bin ich noch nirgends durchgefallen."
Den Rest der Strecke verfielen wir wieder in Schweigen. Als wir meine Straße erreichten, ließ er den Wagen langsam ausrollen. Er sah mich an, und wie üblich schmolz ich unter seinen dunklen Augen dahin. Ich biss mir auf die Unterlippe. Tu es nicht, Lisa...
"Willst du noch mit hochkommen?", fragte ich ihn schnell, bevor meine rational denkende Seite mich bremsen konnte.
Er legte den Kopf schief und sah mich traurig an. "Willst du das wirklich?"
"Ja", sagte ich trotzig. Die Stimme in meinem Hinterkopf beschimpfte mich. Ich stellte sie wie üblich auf Stumm.
Er seufzte und schaute kurz weg. Als er den Kopf wieder zu mir drehte, sah er aus, als würde er ablehnen und sich verabschieden wollen. Ich gab ihm keine Chance dazu und stürzte mich auf ihn.
Das Gefühl seiner Lippen auf meinen ließ mich den ganzen Schmerz der letzten Wochen fast vergessen. Für einen Moment ging er nicht auf den Kuss ein, sondern hob abwehrend die Hände, wollte mich von sich wegdrücken. Ich schlang meine Arme fester um ihn. Mit einem leisen Stöhnen gab er schließlich nach und öffnete seine Lippen, um meinen Kuss zu erwidern.
Als ich langsam begann, mir meine Hose auszuziehen, schob er mich doch noch von sich weg.
"Lisa, Baby, ich glaube nicht, dass du das tun solltest."
"Warum?", fragte ich ihn atemlos. "Willst du mich lieber ausziehen?"
Er seufzte. "Weil du es morgen bereuen wirst. Ich weiß nicht, was dir heute Abend passiert ist, aber ich glaube, du willst das hier jetzt nur als Ablenkung."
"Ist doch egal", sagte ich ausweichend. "Dann lenk mich doch ab."
"Nein."
Ich zuckte zurück, als hätte er mich geschlagen.
"Liz, nimm es nicht persönlich, aber ich will das jetzt nicht, nicht so."
Heiße Schamesröte stieg in meinem Gesicht auf. Ich knöpfte mir eilig meine Hose zu und tastete mit zitternden Fingern nach dem Türgriff. "Schon okay", sagte ich und wollte unbedingt zeigen, dass die Abfuhr mir nichts ausmachte.
Tat sie aber.
Ich verbarg mein Gesicht hinter meinen Haaren, damit er nicht sehen konnte, dass meine Augen feucht wurden. "Danke für's Fahren. Mal wieder."
"Lisa..."
"Nein nein, ist schon gut! Kein Problem."
Hastig stieg ich aus dem Wagen und versuchte, mir nicht zu offensichtlich die Tränen von den Wangen zu wischen.
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Alles, was ich seh', bist du
Fanfiction"Wollen beide frei, aber nie alleine sein" (Fan-Fiction zu Apache 207)