L I S A
Die Gelegenheit kam schneller, als gedacht. Nesrin hatte mich zum Mädelsabend mit ihren alten Schulfreundinnen in eine Bar eingeladen. Die Absage kam etwas ungelegen – ich hatte mich bereits mit Make Up zugespachtelt und mir ein recht gewagtes Outfit mit viel zu hohen Schuhen zusammengelegt (warum die Gelegenheit nicht nutzen, um mal zu gucken, ob es in Mannheim auch noch andere Männer außer Volkan gab?). Aber eine ihrer Freundinnen war gerade von ihrem Freund verlassen worden, und hatte somit keine Lust mehr auf Ausgehen. Saufen gegen Kummer war ihr wohl kein Begriff.
Nesrin schrieb stattdessen Sasan, was in unserem neuen gemeinsamen Freundeskreis heute so ging, und so waren wir nun in der S-Bahn unterwegs zu einem Mannheimer Nachtclub.
Vor dem Club trafen wir Sasan und Alex, den ich noch von unserer kleinen Pool-Party kannte. Ich stöhnte auf, als ich die lange Schlange vor dem Eingang sah, und wollte mich gerade einreihen.
"Nein, hier lang, wir haben VIP-Eingang. Haben eine Lounge!" Sasan führte uns zu einem Nebeneingang ohne Schlange.
"VIP? Kostet das nicht bisschen was?"
"Jo, aber wenn man es sich leisten kann", lachte Sasan. Ich dachte kurz über die protzigen Autos und Gucci-Sandalen nach und fragte mich, woher wohl das ganze Geld kam und ob ich möglicherweise die ganze Zeit mit Drogen-Dealern abhing.
Wie es schon Gewohnheit war, war Volkan bereits da. Ebenfalls wie gewohnt regte sich bei seinem Anblick ein Schwarm Schmetterlinge in meiner Magengegend. Diesmal konnte ich es nicht auf den Alkohol schieben.
Die VIP-Lounge bestand aus roten, ledernen Sitzbänken, ein paar Sesseln und kleinen Tischchen, auf denen bereits einige Flaschen Jack Daniel's und Vodka standen. Außerdem ein paar Schälchen mit Nüssen und anderem Knabberzeugs. Ich entschied, ein paar Minuten höflich zu warten, bevor ich mich darauf stürzen würde.
Nesrin fädelte es geschickt ein, dass ich neben Volkan, und sie neben Sasan saß.
* * *
"Wozu geht ihr eigentlich in einen Club, wenn ihr am Ende nur rumsitzt?", fragte ich Volkan nach einer Weile. Aus mir völlig unerklärlichen Gründen hatte er sogar hier drinnen seine Sonnenbrille auf.
"Hast du Bock, tanzen zu gehen?"
"Ja klar, dazu bin ich doch hier!"
Lächelnd sprang er von der Couch auf und hielt mir seine Hand hin, um mir hochzuhelfen. Ich nahm sie und schob es diesmal tatsächlich auf den Alkohol, dass ich beim Aufstehen etwas schwankte. Seine Hand war sehr warm und gefühlt so groß wie ein Teller.
"Kommt, Leute, Madame will tanzen", forderte er den Rest unserer Gruppe auf. Gemeinsam betraten wir die Tanzfläche – den tatsächlichen Teil des Clubs. VIP-Bereiche waren mir schon immer suspekt gewesen. Wenn ich mit Freunden sitzen und etwas trinken will, gehe ich in eine Bar, da kann man sich wenigstens unterhalten, ohne gegen 200 Dezibel Bässe anzukämpfen.
Beim Tanzen bin ich in meinem Element. Seit ich 6 Jahre alt gewesen war, hatte ich abwechselnd Standardtanz und Hip Hop-Tanzen als Hobby gemacht. Hier in Ludwigshafen hatte ich mir noch nichts neues gesucht – hatte schon genug mit Uni und Nebenjob zutun.
Die Musik war gut. Ich bewegte meine Füße im Takt und ließ die Hüften kreisen. Mir war egal, ob ich dabei nuttig aussah. Im Club darf man das. Im Laufe der Zeit versuchten ein paar Typen, mich oder Nesrin anzutanzen, aber wir ließen alle abblitzen. Ich war ziemlich zufrieden damit, Volkan beim tanzen zuzusehen. Er hatte einen sehr eigenen Tanzstil, der mir gut gefiel.
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Alles, was ich seh', bist du
Fanfiction"Wollen beide frei, aber nie alleine sein" (Fan-Fiction zu Apache 207)