Kapitel 15 - Was für'n Prinz auf 'nem weißen Pferd?

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L I S A

Am nächsten Morgen hatte ich fünf Benachrichtigungen über neue Instagram-Kommentare und zehn WhatsApp-Nachrichten. Alle hatten ungefähr denselben Inhalt: "WTF wieso folgt dir Apache 207 und liked dein Bild??????"

Ich wollte es nicht zugeben, aber ich fühlte mich ein bisschen cool dabei.

Allerdings auch ein bisschen schäbig. Zwar konnte ich jetzt damit angeben, Apache zu kennen, war aber gleichzeitig auch bloß das Betthäschen eines Gangster-Rappers. Wobei man Volkan als solchen nicht bezeichnen konnte. Trotzdem.

Die vergangene Woche hatte ich damit verbracht, alle seine Songs in Dauerschleife zu hören. Wenn ich ihn nie getroffen hätte und irgendwann auf seine Musik gestoßen wäre, wäre ich definitiv auch ein Fan geworden. Ich liebte seine Lieder, obwohl mir die Textpassagen, in denen es darum ging, wie er andere Frauen vögelte, regelmäßig einen kleinen Stich versetzten.

Vielleicht habe ich ja Glück und er bringt irgendwann mal eine Lied-Zeile über mich raus, dachte ich bitter. Das wäre doch etwas, was ich meinen Enkeln erzählen kann.

brrrrrm brrrrrm, summte mein Handy.

Neue Nachricht von apache_207

apache_207: sorry wegen der nachricht von gestern. ich war echt zu.

Ich lächelte mein Handy an. Ach was.

elmarika: Kein Ding, Süßer ;) passiert den Besten

Ich hoffte, dass er das 'Süßer'  nicht falsch aufnahm, ich wollte bloß auf seine gestrige Nachricht anspielen. Vielleicht hätte ich es lassen sollen, dachte ich mir zu spät.

* * *


V O L K A N

Julian sah genauso scheiße aus, wie ich mich fühlte. Er nippte träge an seinem Kaffee.

  "Nächsten Monat werden wir schon mal mit den ersten Proben anfangen", sagte er in seiner langsamen, irgendwie immer bekifft klingenden Art. Ich nickte nur.

  Er schaute mich von der Seite an. "Sag mal, Goldjunge, was is'n los? Du bist so unfokusiert in letzter Zeit."

  Ich winkte ab. "Sorry, hab 'nen schlechten Tag."

  "Seit zwei Wochen?" Er grinste. "Geht's um 'ne Perle?"

  "Ja", gab ich schulterzuckend zu. Ich hatte schon irgendwie Lust, mal darüber zu reden. Obwohl es mit dem eigenen Labelchef vielleicht etwas seltsam war.

  "Hast dich verliebt oder was?" Er warf sich eine Aspirin-Tablette in den Kaffee.

  "Quatsch. Ist halt so eine Kleine, sieht ganz gut aus. Weiß nicht ganz, was sie will."

  "Bläst sie gut?"

Ich hätte mir einen besseren Gesprächspartner suchen können.

  "Keine Ahnung, Mann."

  "Also noch nicht gebumst?"

  "Doch, einmal, aber so ist das nicht..."

Julian nickte verstehend. "Hast du ihr schon gesagt, dass du in sie verknallt bist?"

  "Alter, Bausa, wir sind nicht in der siebten Klasse." Außerdem, wer redet hier von verknallt? "Wir haben schon drüber geredet, dass wir keine Beziehung wollen und so. Ich wegen der Arbeit und sie will auch nicht."

  Julian langte über den schmalen Küchentisch und legte mir väterlich seine Hand auf die Schulter. Perplex starrte ich sie an. "Volkan, wenn man jemanden liebt, kann man jede Hürde nehmen."

  "Was für Liebe, Junge, ich kenne die Frau kaum."

  "Dafür scheint sie aber ganz schön Eindruck bei dir hinterlassen zu haben."

Ich bereute, mich auf das Gespräch überhaupt eingelassen zu haben. "Egal, ich hab's bei ihr sowieso schon verkackt. Die will eh nichts mehr von mir."

  "Dann musst du sie erobern", stellte er fest. Ich fragte mich, seit wann der Kerl so unerträglich altklug geworden war. "Sei ihr Prinz auf 'nem weißen Pferd und rette deine Prinzessin." Er lachte schallend über meinen entgeisterten Gesichtsausdruck. Ich zuckte von dem lauten Geräusch zusammen.

  "Penner", murmelte ich und massierte mir die Schläfen.

Aber vielleicht hatte er gar nicht so unrecht... mir fiel etwas ein, das Lisa mir vor einer Weile erzählt hatte. Ich nahm mir vor, auf dem Weg von Berlin nach Ludwigshafen einen kleinen Umweg zu fahren, um etwas auszuchecken.

Alles, was ich seh', bist duWo Geschichten leben. Entdecke jetzt