Kapitel 26 - Du Son of a Bitch

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Die Hände gefaltet wie bei einer Herzdruckmassage versuchte ich, die McDonald's-Tüte in den Mülleimer zu stopfen. Ich hatte keine Lust, schon wieder den Müll rauszubringen, aber der Eimer wurde bereits von einem riesigen Blumenstrauß in Beschlag genommen.

Volkan hatte mir diesen vor zwei Tagen geschickt. Ich war mir fast sicher, dass er den Vorschlag von irgendjemand anderem bekommen hatte. Ich konnte mir einfach nicht vorstellen, dass ausgerechnet Volkan auf die Idee kam, als Entschuldigung Blumen  zu schicken. Es war so klischeehaft. Ich hatte sie sofort weggeworfen.

Ich ließ mich auf den Stuhl fallen, den ich in der Küche stehen hatte, und nahm mir mein Handy vom Tisch.

Neue Nachricht von Nesrin

Nesrin: wollen wir beide heute mal wieder einen Spa-und-Cocktail-Abend machen?

Lisa: Sorry, heute nicht. Ich muss noch lernen.

Ich biss mir aus schlechtem Gewissen auf die Unterlippe. Ich war Nesrin in den letzten Tagen aus dem Weg gegangen. Ich wusste, dass ich momentan keine gute Freundin war, aber ich hatte einfach keine Lust, über Volkan zu reden. Und wenn sie nicht über Volkan sprach, dann würde sie mich sicher nach Paul fragen (zwischen uns herrschte seit Samstag Funkstille) und das wiederum würde mich an Volkan erinnern.

Gedankenverloren öffnete ich den Chat mit Volkan und las mir die letzten Nachrichten durch.

Samstag 23:45
Volkan: es tut mir so leid baby bitte komm zurück

Sonntag 10:34
Volkan: Bitte entschuldige die Aktion gestern. Es ist keine Ausrede, aber ich war betrunken, und dich mit diesem Kerl zu sehen, hat mich so wütend gemacht. Kannst du mir verzeihen?

Montag 13:20
Volkan: muss es jetzt echt sein, dass du mich ghostest???

Montag 16:23
Volkan: Hast du die Blumen bekommen?

Mittwoch 23:46
Volkan: weißt du was, dann vergiss es halt.

Donnerstag 09:11
Volkan: sorry. wenn du dich je bereit fühlst, mit mir zu reden, melde dich einfach. bis bald.

Ich ignorierte ihn nicht, um ihn zu bestrafen. Ich wusste nur, dass ich, wenn ich mich einmal zu einer Antwort hinreißen lassen würde, am Ende doch bloß wieder mit ihm im Bett landen und mir Hoffnungen machen würde. Ich fand, ein klarer Schnitt wäre das Beste für uns beide.

Die leise Stimme in meinem Hinterkopf flüsterte mir zu, dass ich gar nicht wissen konnte, ob es schlecht ausgehen würde, da ich ihm ja gar nicht erst die Chance gab, sich zu erklären. Wie immer ignorierte ich sie. Darling, wir wissen beide, dass ich ein Feigling bin, leb' damit.

* * *

Ich saß auf einer Bank vor der Uni und überbrückte eine Freistunde damit, zu lernen. Gerade ließ ich mir mit geschlossenen Augen die Sonne ins Gesicht scheinen, als mir jemand auf die Schulter tippte. Blinzelnd hielt ich mir die Hand vor die Augen, um sie vor der Sonne abzuschirmen. 

  "Paul?"

  "Hey, Lisa", sagte er und setzte sich neben mich. "Schön, dass ich dich hier treffe. Ich wollte mich längst bei dir melden, wusste aber nicht so recht, wie."

Ich wusste nicht, wie ich antworten sollte. Mir war immer noch peinlich, wie wir beim letzten Mal auseinander gegangen waren.

  "Ich hab mich absolut blöd verhalten an dem Abend", fuhr Paul fort. "Ich hätte dich nicht da stehen lassen sollen. Es tut mir leid."

Alles, was ich seh', bist duWo Geschichten leben. Entdecke jetzt